Bild fotolia: contrastwerkstatt

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Die Branche Werkzeugbau fertigt kundenindividuelle Unikate mit einer hohen Prozessvarianz. Sie ist eine der Know-how-intensiven Branchen innerhalb der produzierenden Industrie. Ein zunehmend enges Wettbewerbsumfeld hat die Anforderungen an Werkzeugbaubetriebe und ihre Mitarbeiter in vergangenen Jahren weiter gehoben. Kostenvorteile osteuropäischer und asiatischer Werkzeugbaubetriebe können deutsche Betriebe auch weiterhin nur durch eine Differenzierung über die Höherwertigkeit ihrer Leistungen begegnen. Dies erfordert ein im internationalen Wettbewerb einzigartiges Kompetenzprofil. Die systematische Entwicklung und kontinuierliche Qualifikation ihrer Mitarbeiter wird damit zum Schlüssel für zukünftigen Erfolg in der Branche Werkzeugbau.

Dem Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern steht im Werkzeugbau ein Fachkräftemangel gegenüber. Der demographische Wandel, der in kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen

Handlungsfelder

Um zukunftsfähig zu sein, sind die Werkzeugbaubetriebe gefordert, drei zentrale Handlungsfelder zu bearbeiten.

wird, verstärkt das Problem fehlender Fachkräfte in technischen Berufen erheblich. Ein Handlungsbedarf besteht insbesondere in der Branche Werkzeugbau, in der ein kontinuierlich steigendes Durchschnittsalter der Mitarbeiter einer stetig sinkenden Ausbildungsquote gegenübersteht.

Zusätzlich verändern sich die von den Mitarbeitern geforderten Fähigkeiten kontinuierlich und mit steigender Geschwindigkeit. Dies ist bedingt von immer kürzeren Technologiezyklen, der zunehmenden Digitalisierung des produzierenden Umfelds sowie dem stetigen Druck zur Innovation. Darüber hinaus wandelt sich das Interessenprofil insbesondere junger Bewerber. Die Generation aus den Geburtsjahrgängen ab 1980 tritt seit einigen Jahren in den Arbeitsmarkt ein und hebt sich durch ihre Eigenschaften mehr von den vorigen Generationen ab, als vergangene Generationen dies taten. Als Generation Y zusammengefasst, rücken Ansprüche und Wünsche junger Mitarbeiter in den Mittelpunkt, auf die sich die Industrie einstellen muss.

Systematische Mitarbeiterentwicklung

Weiterbildung

Für die Weiterbildung von Mitarbeitern sind für Werkzeugbaubetriebe unterschiedliche Angebote vorhanden.

Der beschriebenen Entwicklung muss der Werkzeugbau durch systematische Mitarbeiterentwicklung begegnen. Dazu sind Werkzeugbaubetriebe gefordert, drei zentrale Handlungsfelder zu bearbeiten. Durch die Weiterbildung der Mitarbeiter gewährleisten Werkzeugbaubetriebe, dass aktuelles Branchen- und Technologiewissen im Unternehmen vorhanden ist sowie interner Nachwuchs für neue Aufgaben vorbereitet wird. Ein methodisches Wissensmanagement ermöglicht es Werkzeugbaubetrieben, ihr implizit vorhandenes Prozesswissen zu operationalisieren und damit Innovation und Effizienz zu befähigen. Durch kontinuierliche Mitarbeitermotivation können Werkzeugbaubetriebe darüber hinaus auf Wünsche und Ansprüche ihrer Mitarbeiter eingehen und damit Zufriedenheit sowie Leistungsbereitschaft im Unternehmen steigern.

Die Weiterbildung der Mitarbeiter ist Grundvoraussetzung für eine hohe Leistungsfähigkeit eines Werkzeugbaubetriebs und einen attraktiven Arbeitsplatz für qualifizierte Mitarbeiter. Während vor einigen Jahren noch eine einmalige, berufsvorgelagerte Ausbildung für die langfristige Ausübung einer Tätigkeit im Werkzeugbau ausreichte, ist heute ein kontinuierlicher Kompetenzaufbau der Mitarbeiter erforderlich. Der technologische Fortschritt in der Werkzeugentwicklung oder der mechanischen Fertigung erfordert eine technologische Weiterbildung der Mitarbeiter.

Trends µ-genau

Weiterbildung ist Pflicht

Für die Weiterbildung von Mitarbeitern sind für Werkzeugbaubetriebe unterschiedliche Angebote vorhanden. Schulungen und Seminare bieten die Möglichkeit, in kurzen, fokussierten Veranstaltungen das Wissen von Mitarbeitern zu vertiefen. Mit Lernspielen können Mitarbeiter durch die Erfahrung an praktischen Beispielen neues Wissen erlangen und dies direkt anwenden. Ein speziell auf die Branche Werkzeugbau ausgerichtetes Weiterbildungsangebot bietet die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie. Dabei wird die gesamte Prozesskette von Werkzeugbaubetrieben abgedeckt und praxisorientiertes Wissen zu technologischen und organisatorischen Inhalten für Mitarbeiter aus allen Bereichen eines Werkzeugbaubetriebs vermittelt. Die höchste Qualifizierung wird mit dem Abschluss eines Weiterbildungsprogramms zum Master Werkzeugbau erreicht.

 

Kurze Durchlaufzeiten und hohe Auslastung können nur erreicht werden, wenn die aktuellen organisatorischen Konzepte in Bezug auf die Produktionsplanung und -steuerung beherrscht werden. Dies wird durch organisatorische Weiterbildung erreicht. Die Weiterbildung ist damit ein direkter Befähiger für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit von Werkzeugbaubetrieben. Für den Werkzeugbau kann ein positiver Zusammenhang zwischen Weiterbildungstagen für Mitarbeiter und der Leistungsfähigkeit eines Werkzeugbaubetriebs nachgewiesen werden. Gleichzeitig wird durch die Weiterbildung die Attraktivität eines Arbeitsplatzes für qualifizierte Mitarbeiter erhöht.

Mit dem Handlungsfeld Wissensmanagement sind Werkzeugbaubetriebe gefordert, das im Betrieb vorhandene Wissen zu speichern, allen relevanten Mitarbeitern zugänglich zu machen sowie neues Wissen gezielt zu generieren. Als

Wissensmanagment

Werkzeugbaubetriebe müssen das im Betrieb vorhandene Wissen speichern, es allen relevanten Mitarbeitern zugänglich machen und neues Wissen gezielt generieren.

Hersteller von Unikaten und Kleinstserien müssen Werkzeugbaubetriebe ihre Prozesse flexibel gestalten können. Für die effiziente Bearbeitung von unterschiedlichen Aufträgen ist dabei häufig spezifisches Wissen in Bezug auf ein Werkzeug oder einen Prozessschritt erforderlich. Die große Herausforderung ist hier, Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Dazu müssen die Mitarbeiter im Werkzeugbau in der Lage sein, auf Erfahrungswissen aus der Vergangenheit zurückgreifen zu können.

Unterschiedliche Methoden für Wissensmanagement

Durchschnittsalter

In der Werkzeugbaubranche steht ein kontinuierlich steigendes Durchschnittsalter der Mitarbeiter einer stetig sinkenden Ausbildungsquote gegenüber.

Für Wissensmanagement stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Der Austausch und die Weitergabe von Wissen ist durch gezieltes Mentoring von erfahrenen Mitarbeitern für junge Mitarbeiter möglich. Zusätzlich können digitale Wissensmanagementsysteme wie Datenbanken genutzt werden, die standardisiert beschriebene Informationen für spezifische Prozessschritte oder Werkzeugarten zur Verfügung stellen. Die standardisierte Beschreibung erlaubt die zielgerichtete Verwendbarkeit dieses Wissens in der Zukunft. Der Austausch von vorhandenem Wissen oder die Generierung von neuem Wissen kann auch in strukturierten Besprechungen oder durch Teamarbeit realisiert werden. Erfolgreiche Werkzeugbaubetriebe zeichnet ein lebendiges Wissensmanagement aus, welches als Teil der Werkzeugerstellung verstanden wird. Wissensmanagementsysteme verbessern damit die Qualität der Werkzeugerstellung im Alltag. Die Wiederholung von Fehlern wird vermieden, die Kompetenz der Mitarbeiter gesteigert und die Leistungsfähigkeit eines Werkzeugbaubetriebs damit erhöht.

Weiterhin kann eine Kooperation mit Kunden oder Lieferanten für einen gezielten Austausch genutzt und in das Wissensmanagement eines Werkzeugbaubetriebs integriert werden. Lösungen für Probleme können im Verbund gemeinsam erarbeitet werden, wobei die Beteiligten durch neue Impulse und die Schonung eigener Ressourcen profitieren können. Für eine konsequente Ausrichtung an Kundenbedürfnissen und der daraus resultierenden Serviceorientierung im Werkzeugbau ist es von hoher Bedeutung, dass sowohl die der Werkzeugerstellung vorgelagerte Produktentwicklung als auch die nachgelagerte Serienproduktion zur Wissensgenerierung genutzt werden.

Profil

Unternehmensentwicklung im WZL

In dieser dreiteiligen Serie präsentiert der Lehrstuhl für Produktionssystematik am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) in Aachen organisatorische Trends der Branche Werkzeugbau. Die Abteilung Unternehmensentwicklung am WZL beschäftigt sich in angewandter Forschung und in zahlreichen Industrieprojekten mit den organisatorischen und technologischen Entwicklungen der Branche. Mit diesem Artikel, dem bereits erschienenen Artikel „Vernetzte Wertschöpfung im Werkzeugbau“ sowie dem in der nächsten Ausgabe erscheinenden Artikel „Digitalisierung im Werkzeugbau“ werden Differenzierungsmerkmale für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit im Werkzeugbau aufgezeigt.

 

Das dritte Handlungsfeld Mitarbeitermotivation hat besondere Relevanz für die Führungskräfte von Werkzeugbaubetrieben. Durch Mitarbeitermotivation wird die Zufriedenheit und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter gesteigert. Dieses Potenzial kann jedoch nur gehoben werden, wenn die unterschiedlichen Mitarbeiter jeweils zielgerichtet motiviert werden. Die Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft wird gesteigert, wenn ein Mitarbeiter seine Komfortzone verlässt und sich in der Lernzone befindet. Dies gelingt, wenn mit einem Mitarbeiter erreichbare Ziele definiert werden, die eine Weiterentwicklung des Mitarbeiters erfordern. Diese Ziele müssen dabei immer so festgelegt werden, dass ein Mitarbeiter mit

Mitarbeitermotivation

Das Kunststück erfolgreicher Mitarbeitermotivation ist, Ziele so zu setzen, dass der Mitarbeiter seine Komfortzone in Richtung Lernzone verlässt, ohne jedoch in die Angstzone zu geraten.

den an ihn gestellten Erwartungen nicht überfordert ist und damit nicht die Angstzone erreicht, in der die Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters sinkt.

Die richtige Motivation ist eine Generationenfrage

Für die Motivation und das Erreichen der Lernzone müssen die Eigenschaften eines Mitarbeiters berücksichtigt werden. Jüngere Mitarbeiter der Generation Y erfordern eine andere Motivation als erfahrenere Mitarbeiter der Generation X oder der Baby Boomers. Die Baby Boomers werden durch Respekt, Loyalität und eine starke Arbeitsmoral charakterisiert. Die folgende Generation X ist unabhängiger von ihrem Arbeitsplatz eingestellt und versucht Arbeits- und Familienleben miteinander zu vereinbaren. Die Generation Y ist hingegen grundsätzlich kritischer. Ihre Mitglieder suchen stärker den Austausch und hinterfragen Aufgabenstellungen. Außerdem ist sie die Generation des Internets und neuer Medien wie Smartphones, Tablets, Social Networks.

Generationen

Die unterschiedlichen Generationen müssen unterschiedlich angesprochen werden. Aus allen Altersbereichen lassen sich gute Fachkräfte gewinnen.

Während sich die Eigenschaften der Generationen mit der Zeit verändert haben, stellen Mitarbeiter aus allen Generationen qualifizierte und leistungsfähige Fachkräfte dar. Alle drei Generationen sind heute Teil eines Werkzeugbaubetriebs. Erfolgreiche Werkzeugbaubetriebe müssen Mitarbeitermotivation so nutzen, dass alle Mitarbeiter ihre Lernzone erreichen und ihre Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit des Werkzeugbaus steigern.

Mit den drei beschriebenen Handlungsfeldern ist die systematische Mitarbeiterentwicklung im Werkzeugbau möglich. Alle Handlungsfelder sind dabei von hoher Relevanz und unterstützen einander. Beispielsweise können durch digitale Lernspiele Mitarbeiter unabhängig von ihrem Aufenthaltsort weitergebildet und gleichzeitig Wissen zwischen Mitarbeitern weitergegeben werden. Digitale Lernspiele haben außerdem eine motivierende Wirkung auf die Mitarbeiter. Die systematische Mitarbeiterentwicklung ist in erfolgreichen Werkzeugbaubetrieben Teil des Alltags und stellt so langfristig die Attraktivität von Arbeitsplätzen für qualifizierte Mitarbeiter und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit von Werkzeugbaubetrieben sicher.

Kontakt: Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen, www.wzl.rwth-aachen.de

 

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