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(Bild: WZL)

Der erste Teil adressiert die Planung und Steuerung im Werkzeugbau

Die systematische Auseinandersetzung mit der Planung und Steuerung ist ein zentraler Erfolgsfaktor hinsichtlich der Zielgrößen Zuverlässigkeit, Transparenz und Kostenoptimierung. Werkzeugbaubetriebe sind häufig trotz zahlreicher Systemlösungen mit Planungsaufgaben überfordert. Dies resultiert in erhöhten Durchlaufzeiten, niedriger Liefertermintreue sowie einer unzureichenden Produktivität und Kosteneffizienz. In einem gemeinsamen Projekt mit dem internen Werkzeugbaubetrieb von Pöppelmann hat das WZL planungsspezifische Anforderungen für den Werkzeugbau abgeleitet und auf dieser Basis eine branchenspezifische Planungssystematik angewendet. Für den Werkzeugbau als Unikatfertiger bedeutet jeder neue Kundenauftrag ein neu zu entwickelndes Produkt. Dabei sind kaum Wiederholeffekte zu realisieren. Zur effizienten Planung und Steuerung hat das WZL ein auf die Anforderungen des Werkzeugbaus zugeschnittenes Dreiphasenmodell entwickelt.

Grobplanung

Zunächst werden am Anfang eines Projekts Kapazitäten für Werkzeuge auf Monatsbasis reserviert. Dies erfolgt basierend auf Vergangenheitswerten, indem die Arbeitsstunden entlang der Prozesskette sowie die notwendigen Technologiestunden kalkuliert werden. Eine von der WBA und dem WZL veröffentlichte Studie zur Planung im Werkzeugbau zeigt, dass Erfolgsfaktoren in der Grobplanung ein angesetzter Planungshorizont von mehr als drei Monaten sowie eine Planung sind, die auch bei der Kapazitätsvorschau nicht auf unbegrenzten Kapazitäten basiert. Die Erstellung eines Meilensteinplans ist der abschließende Schritt in der Grobplanung. Mit Hilfe von definierten Meilensteinen für die jeweiligen Prozessschritte wird eine interne Kunden-Lieferanten-Beziehung im Auftragsabwicklungsprozess zwischen den Abteilungen geschaffen, die die interne Termineinhaltungsdisziplin sowie die Einhaltung der Liefertermine gegenüber dem Kunden sicherstellt.

Feinplanung

Nach der Grobplanung erfolgt die Feinplanung des Werkzeugprojekts, die häufig auf Wochenbasis durchgeführt wird. Demnach werden im Anschluss an die Konstruktion detaillierte Arbeitspläne für die einzelnen Bauteile eines Werkzeugs in der Arbeitsvorbereitung erstellt. Die Arbeitspläne beinhalten das zu fertigende Volumen, die Prozessschritte, Planzeiten sowie interne Termine und ordnen die einzelnen Umfänge unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Kapazitäten den Fertigungsbereichen zu. Erfolgreiche Werkzeugbaubetriebe beschäftigen den Großteil der Mitarbeiter aus der Planungsabteilung in der Feinplanung. Weitere Erfolgsfaktoren in der Feinplanung sind ein zeitlicher Planungshorizont von mehr als einer Woche sowie ein zeitlicher Detaillierungsgrad auf Stundenbasis.

Trends µ-genau

Geplanter Erfolg

Werkzeugbauer sind Einzelstückfertiger – jeder neue Auftrag beudeutet die Neuentwicklung eines Werkzeugs. Anders als in der Serienfertigung lassen sich hier nur sehr schwer Wiederholeffekte erzielen. Die systematische Auseinandersetzung mit der Planung und Steuerung ist gerade auch für Werkzeugbauer ein zentraler Erfolgsfaktor hinsichtlich der Zielgrößen Zuverlässigkeit, Transparenz und Kostenoptimierung. Hier sind in nicht wenigen Werkzeugbaubetriebe Defizite – Planungsaufgaben werden nur unzureichend bewältigt. Höhere Durchlaufzeiten, niedrige Liefertermintreue sowie unzureichende Produktivität und Kosteneffizienz sind oft die Folge. In einem gemeinsamen Projekt mit dem internen Werkzeugbaubetrieb von Pöppelmann hat das WZL planungsspezifische Anforderungen für den Werkzeugbau abgeleitet und auf dieser Basis eine branchenspezifische Planungssystematik angewendet.

Steuerung

Abschließend werden in der Steuerung die einzelnen Aufträge auf die jeweiligen Maschinen eingeplant und priorisiert. Ein im Werkzeugbau häufig eingesetztes Steuerungsprinzip ist die Steuerung durch Meister. Diese Steuerung führt allerdings zu permanenten Feuerwehraufgaben und wechselnden Prioritäten. Ein erfolgreiches Steuerungsprinzip ist die FIFO-Steuerung (First-In-First-Out), beispielsweise eingesetzt im Werkzeugbau von Phoenix Contact. Dabei werden die Aufträge der Eingangsreihenfolge nach bearbeitet. Der interne Werkzeugbau von ZF setzt hingegen die Taktung als Steuerungsprinzip erfolgreich ein und realisiert damit verkürzte Durchlaufzeiten sowie einen höheren Durchsatz. Der Erfolgsfaktor in diesem Zusammenhang ist, dass Werkzeugbaubetriebe für sich ein auf ihr Produkt- und Auftragsspektrum angepasstes Steuerungsprinzip definieren und an diesem festhalten. Dies gilt ebenfalls bei eintreffenden Eilaufträgen oder terminlichen Verzögerungen, die häufig eine Abweichung vom Steuerungsprinzip zur Folge haben. Diese sollten gesondert oder durch externe Partner bearbeitet werden, um den Gesamtprozess weiterhin beherrschen zu können.

Mit der Festlegung der Systematik der Planung und Steuerung einher geht häufig die Frage nach dem passenden PPS-System. Hierzu empfiehlt das WZL die Implementierung eines PPS-Systems auf der Grundlage eines aus der Planungssystematik hervorgehenden unternehmensspezifischen Anforderungskatalogs. Neben der Festlegung der Planungssystematik sowie der Implementierung eines passenden PPS-Systems ist die Schulung der Mitarbeiter für den Umgang mit dem PPS-System unabdingbar. Hierzu haben erfolgreiche Werkzeugbaubetriebe in den letzten drei Jahren durchschnittlich 7750 Euro in die auf die Planung bezogene Weiterbildung der Mitarbeiter investiert.

WZL Graphik

Zur effizienten Planung und Steuerung hat das WZL ein auf die Anforderungen des Werkzeugbaus zugeschnittenes 3-Phasenmodell entwickelt.

Der interne Werkzeugbaubetrieb von Pöppelmann hat in einem gemeinsamen Projekt mit dem WZL zunächst eine unternehmensspezifische Planungssystematik entwickelt und auf Grundlage dieser eine anforderungsgerechte Systemlösung selbst entwickelt. Das Vorgehen wird im Folgenden dargestellt.

Definition der Planung und Steuerung

Das WZL hat bereits zahlreiche Werkzeugbaubetriebe bei der Implementierung einer erfolgreichen Planung und Steuerung begleitet, so auch den internen Werkzeugbau der Pöppelmann GmbH & Co. KG. Die rund 130 Mitarbeiter fertigen am Standort Lohne Spritzgieß- und Tiefziehwerkzeuge zur Herstellung von Produkten aus den Bereichen Gartenbau, Verpackung, Medizin und Automobil. Als Grundlage für die Planung wurden in interaktiven Workshops mit Mitarbeitern vom WZL und Pöppelmann sämtliche Prozessfolgen der Bauteilgruppen im Werkzeugbau aufgenommen und entsprechend analysiert. Auf Basis dieser Ergebnisse konnten dann aus den identifizierten Prozessfolgen vier Hauptprozessfolgen für die Vorbearbeitung sowie drei Hauptprozessfolgen für die Endbearbeitung definiert werden.

Grobplanung

Im Anschluss an die Definition von Standardprozessfolgen für die Vor- und Endbearbeitung erfolgte der Aufbau einer Grobplanung. Es existieren vier bindende Meilensteine sowie selbst konzipierte Grobplanungstafeln entlang der Auftragsabwicklung in der Konstruktion, Vor- und Endbearbeitung sowie Montage. Die Meilensteinterminierung wird in einem Projekt-Kick-off mit Mitarbeitern aus Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, mechanischer Bearbeitung und Montage durchgeführt. Nach der Erreichung von Meilensteinen werden diese auf Anforderung des Auftragsmanagements in einer Meilensteinbesprechung diskutiert. Dabei wird die Einhaltung des Meilensteinplans mit einem Abgleich der Soll- und Ist-Termine sichergestellt.

Profil

Excellence in Production

Der jährlich vom Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT veranstaltete Wettbewerb ist ein wichtiger Gradmesser, den besten Werkzeugbau im EIP Logodeutschsprachigen Raum zu ermitteln. Der Wettbewerb hat sich in der Branche des Werkzeug- und Formenbaus fest etabliert. Im Jahr 2015 suchen das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT bereits zum zwölften Mal den „Werkzeugbau des Jahres“. Die Ehrung des Gesamtsiegers sowie der Kategoriesieger und der Finalisten findet am Vorabend des 15. Internationalen Kolloquiums „Werkzeugbau mit Zukunft“ am 11. November im Krönungssaal des Aachener Rathauses statt.

Feinplanung

Anschließend wurde eine anforderungsgerechte Feinplanung entwickelt. Die Feinplanung der mechanischen Fertigung und Montage erfolgt aufbauend auf den terminierten Meilensteinen aus der Grobplanung und basiert auf einer selbst programmierten Access-Datenbank. Dabei wird die Feinterminierung der Aufträge durch Auswählen der Bauteilart in der Access-Datenbank durchgeführt, die basierend auf den im System hinterlegten Standardprozessfolgen automatisch die Fertigungsprozessfolge generiert und die Kapazitäten einplant. Bei der Einplanung der Kapazitäten berücksichtigt die Access-Datenbank sowohl die vorhandenen als auch die benötigten Kapazitäten, so dass realistisch erreichbare Arbeitspläne mit Plan-Terminen auf Tagesbasis für jeden Fertigungsschritt erzeugt werden.

Steuerung

Die Steuerung der Aufträge auf dem Shopfloor wird von den Teamleitern vorgenommen. Diese weisen die Aufträge unter Berücksichtigung der Zielgrößen interne Termintreue und Rüstzeitoptimierung auf Basis der Feinplanung den Maschinen zu und priorisieren sie entsprechend. Dabei werden Eilaufträge zur Erkennung mit roten Begleitmappen gekennzeichnet Dadurch bildet die Steuerung die notwendige Flexibilität und Transparenz auf dem Shopfloor zur Erreichung der maximalen Effizienz ab.

Abschließend wurde für den definierten Planungsprozess im internen Werkzeugbau von Pöppelmann ein Regelwerk für die Mitarbeiter aufgestellt. Dabei bildet das Regelwerk die in den vorherigen Schritten definierten Planungsinhalte sowie die Schnittstellen und regelmäßig stattfindenden Besprechungstermine zur Einhaltung der Planungssystematik ab. Darüber hinaus umfasst das Regelwerk den kompetenz- und kapazitätsgetriebenen Fremdvergabeprozess durch die Arbeitsvorbereitung, so dass die Fremdvergabe für jeden Auftrag systematisch und nachvollziehbar ist.

Im Ergebnis hat das systematische Vorgehen zur Implementierung einer anforderungsgerechten Planung und Steuerung im internen Werkzeugbau von Pöppelmann zur Erreichung der Zielgrößen Zuverlässigkeit, Transparenz und Kostenoptimierung in der Auftragsabwicklung geführt.

Kontakt:  Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen, www.wzl.rwth-aachen.de

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