Im Fokusa auf der 13. Rapid.Tech: die Industrialisierung von Additive Manufacturing.

Im Fokusa auf der 13. Rapid.Tech: die Industrialisierung von Additive Manufacturing. (Bild: Messe Erfurt)

Das Kongressprogramm mit Vorträgen von 88 Referenten aus neun Ländern nutzten insgesamt knapp 900 Teilnehmer um sich über neueste Entwicklungen, Trends und Anwendungen zu informieren und auszutauschen. Dieser enorme Zuwachs von 25 Prozent verdeutlicht, dass Additive Manufacturing als Fertigungsverfahren für Serien- und Ersatzteile in immer mehr Bereichen der Industrie eine zunehmend größere Rolle spielt.

Durch Vorteile wie Gestaltungsfreiheit, schnelle und einfache Produktindividualisierung, das Potenzial für Leichtbau und Funktionsintegration hat sich Additive Manufacturing beziehungsweise der industrielle 3D-Druck bereits in verschiedenen Branchen, beispielsweise der Medizin- und Dentaltechnik sowie Luft- und Raumfahrt mehr oder weniger als Fertigungsverfahren für Serienteile etabliert. Aber auch in anderen Industriebereichen wächst das Interesse, diese noch junge Technologie verstärkt über das Prototyping hinaus einzusetzen. Dafür bot die diesjährige Rapid.Tech vom 14. bis 16. Juni den insgesamt rund 4.500 Fachbesuchern und Kongressteilnehmern aus 19 Ländern eine ideale Informations- und Beschaffungsplattform. Im Fachmessebereich präsentierten 176 Unternehmen aus 17 Ländern, darunter zahlreiche Markt- und Technologieführer, neueste Entwicklungen bei Maschinen, Verfahren, Materialien und Dienstleistungen. Sie konnten aufgrund der hohen fachlichen und Entscheidungs-Kompetenz der Besucher während der drei Messetage viele qualitativ hochwertige Gespräche führen und Geschäftskontakte anbahnen.

Keynotes zur Serienfertigung und Industrialisierung von Additive Manufacturing

Die drei Keynote-Vorträge des ebenfalls von zwei auf drei Tage verlängerten Rapid.Tech-Kongresses thematisierten verschiedene Aspekte der Serienfertigung und Industrialisierung von Additive Manufacturing. Am ersten Tag erläuterte Helmut Zeyn, Business Development Additive Manufacturing bei der Siemens Industry Software GmbH, unter dem Titel „Trends in der Teilefertigung – Industrialisierung der Additiven Fertigung“ die Gründe, die für eine additive Herstellung von Serienteilen sprechen. Im Anschluss beleuchtete der IT-Experte die Herausforderungen, die dabei sowohl von informationstechnologischer Seite als auch von Maschinenherstellern zu meistern sind. Dazu zählen Software-Lösungen, die von der Teileentwicklung inklusive Topologieoptimierung und Bionik über die Vorbereitung des Bauprozesses, dessen Ausführung und Überwachung bis zur Teilenachbearbeitung sowie finalen Qualitätskontrolle und Dokumentation einen durchgängigen Datenfluss ermöglichen. Dabei ist gleichzeitig die Integration in PLM- und MES-Systeme erforderlich. Am Beispiel innovativer Entwicklungen, mit denen bei der Integration von AM-Prozessen in eine bestehende Fertigung die Anforderungen einer modernen Serienproduktion hinsichtlich Prozesssicherheit, Prozessüberwachung, Nachverfolgbarkeit und Datenaustausch effizient erfüllt werden können, zeigte er auf, welche technischen und wirtschaftlichen Vorteile sich dadurch erzielen lassen. Als weiteren wesentlichen Punkt für die Industrialisierung von Additive Manufacturing nannte Helmut Zeyn die Automatisierung. Da Teile schnell und günstig in guter Qualität hergestellt werden können, sieht er den industriellen 3D-Druck mittelfristig als Teil eines Gesamtprozesses.

Keynote-Sprecher des zweiten Tages war Wolfgang Kochan, General Manager D-A-CH-Region bei der Stratasys GmbH mit dem Vortrag: „Industrie 4.0 und Additive Manufacturing – ein Blick in die Zukunft“. Er führte aus, dass der industrielle 3D-Druck bei der Umsetzung von Industrie 4.0 eine wesentliche Rolle spielt und nannte mit einer veränderten wirtschaftlichen Produktion, Designfreiheit, Funktionsintegration, Produktpersonalisierung, Nachhaltigkeit sowie neuen Lieferketten und Businessmodellen sechs Bereiche, die dabei entscheidend sind. Geht es um die Umsetzung, ist der Markt generell bereit für Additive Manufacturing, da die Chancen und Möglichkeiten gesehen werden. Die technologischen Lösungen ermöglichen inzwischen ebenfalls den Einsatz des industriellen 3D-Drucks in der Serienfertigung. Rund 50 Prozent aller in additiven Verfahren hergestellten Bauteile sind laut Wohlers-Report heute schon Serienteile. Als kritische Faktoren für eine erfolgreiche Nutzung identifizierte Wolfang Kochan auf technologischer Seite die Auswahl der geeigneten Technologie und deren Integration in bestehende Prozesse. Unter strategischen Aspekten geht es darum, das Unternehmens- und Betriebsmodell entsprechend anzupassen. Produktionstechnische Faktoren bestehen in der Adaption des Produktdesigns, der Nutzung des kompletten Potenzials, das Additive Manufacturing bietet sowie der Berücksichtigung der Materialien. Prozesstechnisch sind Anwendungen zu identifizieren und die Auswirkungen auf den Prozess zu analysieren. Und nicht zuletzt sind Mitarbeiter aus- und weiterzubilden. Die Implementierung von Additive Manufacturing bezieht sich daher nicht nur auf die simple Substitution von Anlagen oder Applikationen, sondern auf eine vollständige Umgestaltung des Betriebes. Daraus ergeben sich nach Erfahrungen von Wolfgang Kochan eine Vielzahl von Vorteilen sowohl unter Kosten- als auch Zeitaspekten.

Steffen Landua, Leiter Technologieentwicklung Werkzeugbau und Presswerk der Volkswagen AG, informierte im Keynote-Vortrag des dritten Tages über die Potenziale und Herausforderungen des metallischen 3D-Drucks für die Automobilindustrie. Anhand der Faktoren Prozessstabilität, Automatisierung, Gestaltungsfreiheit, Produktivität, Flexibilität und Qualitätssicherung verglich er zunächst den Stand der Technik beim 3D-Druck mit dem in der Automobilproduktion und kam zu dem Fazit, dass aufgrund technologischer und wirtschaftlicher Hemmnisse die Anforderungen der automobilen Serienproduktion derzeit nicht erfüllt werden können. In verschiedenen Bereichen der Automobilproduktion wird der 3D-Druck beziehungsweise Additive Manufacturing jedoch bereits erfolgreich genutzt. Dazu zählt neben dem Prototyping die Herstellung von Werkzeugen, Aufnahmen und Montagehilfsmitteln. Dabei fallen teilweise höhere Anfertigungskosten an, die jedoch durch die Gestaltungsfreiheit, beispielsweise realisierbare Kühlstruktur oder ergonomischeres Design, und die daraus resultierenden kürzeren Taktzeiten und höhere Ausbringung kompensiert werden. Darüber hinaus werden in additiven Verfahren Fahrzeugteile für Kleinstserien produziert – in erster Linie aufgrund der möglichen Funktionsintegration, Individualisierung und Gewichtsreduzierung. Um einen breiten Einsatz des metallischen 3D-Drucks in der Automobilindustrie wirtschaftlich darzustellen, sind weitere Entwicklungen entlang der Prozesskette „Additive Fertigung“ erforderlich. In der Vorbereitung betrifft dies das Pulverhandling, die Anlagenbestückung, die Datensicherheit und ein durchgängiges Datenmanagement. Im Kernprozess sind Optimierungen bei Produktivität, Bauraumgröße, Oberflächenqualität und Prozessrobustheit erforderlich. Die Entwicklungsfelder beim Bauteilhandling erstrecken sich vom Auspacken und dem Entfernen der Stückstrukturen über die Wärmebehandlung und Oberflächenbearbeitung bis zur Bauteilbereitstellung.

Kongress mit vier neuen Fachforen und Rekordbeteiligung

Der Keynote-Vortrag des letzten Tages stellte eine perfekte Überleitung zum Fachforum „Automobilindustrie“ dar. Es wurde ebenso wie die Foren „Elektronik“, „Additive Lohnfertigung“ und „3D Metal Printing“ 2016 erstmals durchgeführt. Die neuen Kongressbereiche stießen auf großes Teilnehmerinteresse. Die Anwendertagung sowie die etablierten Fachforen „Wissenschaft“, „Konstruktion“, „Medizintechnik“, „Werkzeuge“, „Luftfahrt“ und „Zahntechnik“ waren wie gewohnt gut besuchte Plattformen, auf denen sich Experten und Einsteiger in Additive Manufacturing über neue Entwicklungen, Produkte und Anwendungen informierten, Erfahrungen austauschten und über Trends diskutierten. Mit knapp 900 Teilnehmern verzeichnete der Rapid.Tech-Kongress in diesem Jahr eine Rekordbeteilung.

Die nächste Rapid.Tech wird vom 20. bis 22. Juni 2017 stattfinden.

 www.rapidtech.de

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