Das modulare Reibsystem von Horn verfügt über sehr schmale, patentierte Schneiden zur Bohrungsfeinstbearbeitung von Stählen, Gusswerkstoffen, NE-Metallen und Kunststoffen.

Das modulare Reibsystem von Horn verfügt über sehr schmale, patentierte Schneiden zur Bohrungsfeinstbearbeitung von Stählen, Gusswerkstoffen, NE-Metallen und Kunststoffen. (Bild: werkzeug&formenbau)

Große Spritzgießwerkzeuge verlangen in der Regel eine hohe Zahl an Kühlbohrungen, die wirtschaftlich und präzise ausgeführt werden müssen. Beim Werkzeugbauunternehmen Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG Modellbau & Formenbau in Dietfurt im Altmühltal entstehen pro Jahr rund 200 Werkzeuge, in erster Linie für Kunden aus der Automotive-Industrie.

Siebenwurst Halle

Bei Siebenwurst entstehen Werkzeuge für eine breite Vielfalt an Teilen für Automobilhersteller weltweit.
Bild: werkzeug&formenbau

Die Produktion der Werkzeugkomponenten ist bei Siebenwurst zu einem hohen Grad standardisiert und automatisiert. Der Weg zum industriellen Werkzeugbau

wird konsequent beschritten. Mit dem hohen Automatisierungsgrad und der Produktion nach industriellen Maßstäben auch bei Losgröße Eins ist den Werkzeugbauern unter anderem das Kunststück gelungen, auch „Einfach-Werkzeuge“ zu weltweit marktfähigen Kosten am Standort Deutschland zu fertigen.

Das sagt die Redaktion
Guter Service ist ein Muss
Gute Präzisionswerkzeuge im Programm zu haben – das reicht angesichts des Zeit- und Kostendrucks, unter dem heute Werkzeug- und Formenbauer, aber auch Teilefertiger stehen, allein nicht mehr aus. Die Anwender sind darauf angewiesen, aus den Bearbeitungen jeweils das Optimum herauszuholen. Für langwierige Versuche in Eigenregie ist jedoch kaum Zeit. Hier sind die Präzisioinswerkzeughersteller gefordert, mit ihren Werkzeugen auch das entsprechende Know-how bereitzustellen und eben nicht nur nach „Schema 08/15“ zu verfahren. Ob es daran liegt, dass Paul Horn trotz seiner Größe immer noch ein familiengeführtes Unternehmen ist? In der Branche hört man durchwegs, dass die Zusammenarbeit mit den Tübingern sehr angenehm und auch zielführend ist. Partnerschaftlich eben – so wie man es sich wünscht, wenn man gemeinsam das Bestmögliche erreichen will.
Richard Pergler

Alles andere als einfache Werkzeuge sind indes die großen Spritzgießformen etwa für Interieur- und Exterieurteile. Nicht nur aufgrund ihrer Dimensionen sind solche Werkzeuge sehr

Siebenwurst Spritzgiessform

Auch diese Spritzgießform verfügt über zahlreiche
Bohrungen – mit dem Horn-System werden sie gegenüber früher in einem Bruchteil der Zeit fertigbearbeitet.
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anspruchsvoll. Für wirtschaftliche Zykluszeiten und einen sicheren Prozess durchziehen zahlreiche Kühlbohrungen den Werkzeugkorpus. In der Regel sind die komplexen Schieber und Losteile temperiert – dichte Anschlüsse und eine exakte Ausführung in der Bohrung sind ein Muss. Hierbei ist höchste Präzision gefordert – die Passung der Bohrungen ist auf H7 toleriert.

Standzeit der Werkzeuge war nicht zufriedenstellend

Xaver Ferstl

„Alle Bearbeitungsparameter sind im Toolmanagement angepasst auf Maschine und Werkstoff und in der Siebenwurst Tool Datenbank hinterlegt, die standortübergreifend genutzt wird.“
Xaver Ferstl,
Toolmanagement
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„In der Vergangenheit haben  wir die Bohrungen mit relativ viel Aufmaß gebohrt und dann mit einem Schaftfräser befräst – so haben wir uns an die exakte Passung regelrecht herangetastet“, erklärt Xaver Ferstl, Toolmanager bei Siebenwurst. „Dieses Vorgehen erforderte meist mehrere Korrekturschritte, wir mussten bei dieser Bearbeitung öfter nachsetzen. Zudem war die Standzeit

des Fräswerkzeugs alles andere als zufriedenstellend.“

Die Erstellung der H7-Sacklochbohrung stellte die Reibschneide vor eine zusätzliche Herausforderung, da zwei Stiftquerbohrungen einen unterbrochenen Schnitt erzeugten. Dieser Umstand führt auch bei der Reibschneide zu einer unterschiedlichen Spandicke, wobei das Ergebnis der H7-Passung nicht beeinträchtigt wurde. Der Lieferant des bisher für die Erstellung der Passung eingesetzten Fräsers hatte keine Lösung. Deshalb machten sich die zwei eigens

fürs Toolmanagement eingesetzten Verantwortlichen auf die Suche nach einem neuen Werkzeugpartner. Fündig wurde man beim Hartmetallspezialisten Paul Horn aus Tübingen, der bereits mit anderen Bearbeitungen bei Siebenwurst präsent ist. „Hier stießen wir mit unserem Anliegen auf offene Ohren“, betont Ferstl. „Die Anwendungstechniker haben sich unsere Vorgehensweisen genau angeschaut und explizit für unseren Bedarf eine Bearbeitungsstrategie ausgearbeitet.“

Siebenwurst Passung

Die H7-Passung muss aufgrund der vorher eingebrachten Verstiftungsbohrungen im unterbrochenen Schnitt erstellt werden.
Bild: werkzeug&formenbau

Trends µ-genau
Hochleistungsreibsystem DR
Das DR-Reibsystem verfügt über sehr schmale Schneiden zur Bohrungsfeinstbearbeitung von Stählen, Gusswerkstoffen, NE-Metallen und Kunststoffen. Sie sind mit Schneidkreisdurchmessern von 11,9 bis 100,6 mm in beschichteter und unbeschichteter HM-Ausführung sowie als Cermets lieferbar. Für alle Durchmesser stehen Schneiden mit gerader und linksschräg verzahnter Schneidengeometrie für Durchgangs- und Sacklochbohrungen zur Verfügung. Je nach zu bearbeitendem Werkstoff können bei geradverzahnten Ausführungen drei, bei den linksschräg-Varianten zwei Anschnittgeometrien gewählt werden.

Aufgerissene Oberfläche bedingt unterbrochenen Schnitt

Siebenwurst Praegespannsystem

Die Werkstücke werden mit einem
Prägespannsystem auf der Maschine formschlüssig sicher gehalten.
Bild: werkzeug&formenbau

Deutlich wird die neue Vorgehensweise etwa an einem Sackloch in einem Losteil, das auf einer Hermle C30UP bearbeitet wird. Die Bohrung wird mit einem Aufmaß von 2 Zehntelmillimetern im Durchmesser gebohrt. Wie bisher werden die Verstiftungsbohrungen eingebracht – es bleibt also bei der aufgerissenen Oberfläche in der Wandung der Bohrung und damit beim unterbrochenen Schnitt. Das weitere Vorgehen ist jedoch grundlegend anders: Mit  dem Reibsystem „DR“ zur Bohrungsfeinstbearbeitung von Stählen, Gusswerkstoffen, NE-Metallen und Kunststoffe von Horn

wird die H7-Passung jetzt in einem einzigen axialen Vorgang erstellt.

Das Reibsystem besteht aus einem Stahlreibschaft MDR 029.St20.145.A.S für Sacklochbohrungen mit innerer Kühlmittelzufuhr direkt zur Schneide

Siebenwurst Team

Die Hermle C30UP ist mit einem Palettensystem ausgerüstet. Sie bringt die notwendige Performance ans Werkstück.
Bild: werkzeug&formenbau

und der Schneidplatte DR.029.02361.H7.A1.HL3H. Das modulare Werkzeugsystem wird per Hydrodehnspannfutter mit einer Rundlaufgenauigkeit von 5 bis 6 µm auf der Hermle gerüstet. Das Werkstück ist aus einem 1.2738 HH gefertigt. „Wir nutzen das Werkzeug jedoch für unterschiedlichste Materialqualitäten bis 55 HRC“, erläutert Ferstl. „Und die Ergebnisse können sich sehen lassen.“

Profil
Siebenwurst Modellbau und Formenbau
Die Siebenwurst-Unternehmen hatten 1897 ihren Ursprung in der Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG. Mit mehr als 700 Mitarbeitern erwirtschaften die Unternehmen heute einen Gesamtumsatz von rund 80 Mio. Euro an den Standorten Dietfurt im Altmühltal, Zwickau, Dillenburg, München und Nürnberg sowie in Polen, China (Shanghai, Shenyang), Mexiko und den USA. Über die letzten Jahre haben sich die Siebenwurst-Unternehmen zu einem internationalen Hightech-Anbieter für komplizierteste Werkzeuge in unterschiedlichsten Verfahren, vor allem auch im Leichtbau, entwickelt. Siebenwurst beliefert seine Kunden nicht nur mit Modellen und Werkzeugen, sondern begleitet den kompletten Produkt­entstehungsprozess von der Produktentwicklung über die Prototypen bis zur Serie.

Die für die Schneide benötigen Schnittparameter werden über das hauseigene und standortübergreifend verwendete Toolmanagementsystem

Siebenwurst Passung 2

In knapp 2 s wird die H7-Passung in einem einzigen axialen Bearbeitungsschritt eingebracht.
Bild: werkzeug&formenbau

Siebenwurst Tool DB entsprechend der Materialgruppen eingespeist. „So können wir sicher sein, dass die Bearbeitungen unter optimalen Schnittbedingungen laufen.Nach knapp 2 Sekunden ist die H7-Passung zuverlässig erstellt.  Und das bei einer weit höheren Oberflächengüte sowie mit deutlich höheren Standzeiten als beim Frässystem“, betont Ferstl. „Sämtliche Bearbeitungsparameter sind übrigens angepasst auf die jeweils

verwendete Maschine und den Werkstoff bei uns im hauseigenen Toolmanagementsystem Siebenwurst Tool DB hinterlegt. So können wir sicher sein, dass die Bearbeitungen unter optimalen Schnittbedingungen laufen.“ Gerade bei Großformen mit zahlreichen Bohrungen bringt das Reibsystem von Horn deutliche Zeitvorteile und höhere Prozesssicherheit – manuelle Nacharbeit oder Korrekturen an Programmparametern gibt es nicht mehr.

Inzwischen werden auch Nuten für den Dicht- und Segering mit einer Horn-Sonderfräsplatte gefräst, die Horn aus einem auf Lager liegenden Rohling bei Bedarf binnen kürzester Zeit exakt auf die Bedürfnisse der Werkzeugmacher hin zuschleift: „Das Einbringen der Nut war früher mit viel Handarbeit und all ihren

Siebenwurst Toolmanagement

Sämtliche Bearbeitungsparameter sind als Best-Practice-Werte angepasst auf die Maschine und den Werkstoff im hauseigenen Toolmanagementsystem hinterlegt.
Bild: werkzeug&formenbau

Unwägbarkeiten verbunden – die damaligen Werkzeuge hatten zudem einen sehr hohen Verschleiß“, erinnert sich Ferstl. „Heute ist das ein exakt definierter, prozesssicherer CNC-Fräszyklus auf der Maschine. Und wir haben eine Standzeit der Horn-Fräsplatte, die beim bis zum Hundertfachen der früheren Werkzeuge liegt.“

Richard Pergler

Kontakt:

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