Bedienerfreundlichkeit wird groß geschrieben: Mit dem drahtlosen Handteil wird das Einrichten im Arbeitsraum der Maschine deutlich erleichtert.

Bedienerfreundlichkeit wird groß geschrieben: Mit dem drahtlosen Handteil wird das Einrichten im Arbeitsraum der Maschine deutlich erleichtert. (Bild: werkzeug&formenbau)

Trimill Kopf

Die automatisch wechselbaren Köpfe machen die Trimill zum Allrounder für Schruppen und Schlichten.
Bild: werkzeug&formenbau

Vor zwei Jahren präsentierten die Verantwortlichen bei Allgaier Automotive in Uhingen ihre neue Trimill VM 13535 – eine HSC-Portalfräsmaschine, auf der auch größere Außenhautwerkzeuge wirschaftlich und präzise zerspant werden sollen. Die Suche nach einem Bearbeitungszentrum für diese Größenklasse gingen die Verantwortlichen seinerzeit sehr methodisch an: "Wir haben uns die in Frage kommenden unterschiedlichen Maschinenkonzepte der verschiedenen Hersteller sehr genau angesehen und die Maschinenmodelle, die uns für unser Bearbeitungsspektrum passend erschienen, ausgiebig getestet", erklärt Michael Zettel, Leiter Mechanische Bearbeitung Werkzeugbau bei Allgaier Automotive. "Mit den Bearbeitungszentren, die in die engere Wahl kamen, haben wir Testwerkstücke unter identischen Bedingungen – gleiche Werkstoffe, gleiche Geometrien, identische Fräswerkzeuge und Parameter wie Zustellungen, Vorschübe oder Drehzahlen – bearbeitet. Kriterien waren für uns neben der hohen Genauigkeit unter anderem auch die Oberflächenqualität beim Fräsen, die hohe Steifigkeit der Maschine, aber auch ein akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis."

Das sagt die Redaktion
Ehrgeizige Maschinenbauer
Bestellt wurde die Maschine mit einem ganz normalen Kettenwechsler. Die sind zwar weit verbreitet, haben aber so ihre Tücken – sie können durchaus ein Faktor sein, der die Verfügbarket der Maschine reduziert. Deshalb favorisierten die Verantwortlichen bei Trimill eine andere Lösung: In der Trimill VM 13535 ist ein ausgewachsener Kuka-Roboter für das Einwechseln der bis zu 148 Werkzeuge zuständig. Das funktioniert schnell und reibungslos – und vor allem sehr sicher. Inzwischen sind auch die Verantwortlichen bei Allgaier überzeugt – es macht schließlich wenig Sinn, bei so einer Investition an der falschen Stelle zu sparen: Ein nicht optimaler Werkzeugwechsler kann die Maschinenverfügbarkeit drastisch reduzieren. Hier wollten die Maschinenbauer das Optimum – und setzten sich beim Anwender durch. Zum Glück. Und bei einer Investition in eine weitere Großmaschine wird der Roboterwechsler im Lastenheft stehen.
Richard Pergler

Maschinenkonzept erlaubt hauptzeitparalleles Rüsten

Als Siegerin aus diesem Benchmark ging die Trimill VM 13535 hervor, eine 5-Achs-Portalfräsmaschine mit einer teilbaren Aufspannfläche von 13,5 x 3,5 m und einer Z-Achse mit 1500 mm Verfahrweg. Damit lassen sich Bauteile bis 13 m Länge bearbeiten. "Wir haben uns entschieden, die Aufspannfläche mit dem Bahnhof für die Bearbeitungsköpfe zu teilen – hier wie auch bei vielen

Trimill Bediener

Die Bediener der Trimill VM 13535 sind hervorragend ausgebildet und erstellen auch die Programme für diese Maschine selbst.
Bild: werkzeug&formenbau

anderen Details konnten wir als Anwender die Maschine mitgestalten", berichtet Zettel. "Wir wollten eine hohe Auslastung der Maschine ermöglichen – der Knackpunkt sind neben der entsprechenden Maschinenverfügbarkeit die Rüstzeiten."

Deshalb ist es von Vorteil, dass die beiden Bearbeitungstische von beiden Seiten aus in vollem Umfang zugänglich sind. Sie lassen sich problemlos per Kran bestücken. Für unterschiedliche Anforderungen in der Bearbeitung können bei Allgaier bis zu vier Bearbeitungsköpfe automatisch eingewechselt werden – bei Bedarf sind auch mehr möglich. Damit ist die Maschine für ein sehr breites Bearbeitungsspektrum gerüstet.

"Auch hier hat Trimill mit uns zusammen die optimale Konfiguration zusammengestellt", erläutert Zettel. Automatisch einwechselbar aus dem KopfbahDnhof sind derzeit vier Bearbeitungsköpfe verfügbar: jeweils mit Elektrospindeln ein gerader Kopf, ein Winkelkopf 90°, ein Schlicht-Gabelkopf mit Aufnahme HSK63 und Drehzahlen bis 24 000 min-1 sowie ein leistungsfähgiger Getriebe-

Trimill Doppelwerkzeug

Zwei Kotflügel aus einem Werkzeug: Auch bei diesem Doppelwerkzeug für einen Premiumhersteller ist höchste
Präzision gefordert.
Bild: werkzeug&formenbau

Schrupp-Gabelkopf.
"Hier war uns allerdings der damals für dieses Anwendungsfeld im Trimill-Programm vorhandene Kopf zu mächtig – wir haben oft sehr enge, tiefe Stellen auszuräumen, in denen wir damit nicht optimal hätten arbeiten können", erläutert Zettel. "Die Experten bei Trimill haben für uns deshalb eine Alternative gesucht – und auch gefunden: Der neue Gabelkopf baut deutlich schlanker, hat eine HSK-100-Schnittstelle und arbeitet mit bis zu 4000 min-1 bei 1000 Nm." Dass Trimill auf die Wünsche seiner Anwender hört und die Erkenntnisse aus den Anwendungen sehr schnell in die Weiterentwicklung des Maschinenprogramms einfließen, schlägt sich beispielsweise auch darin nieder, dass dieser Kopf inzwischen regulär im

Michael Zettel, Allgaier

"Eine Genauigkeit von fünf Hundertstelmillimetern über eine Länge von 5 m ist für uns ein gängiger Wert, den wir auch prozesssicher erreichen. Einige unserer Kunden unter den Automobilherstellern konnten nicht glauben, dass das realisierbar ist. Nun, wir haben sie vom Gegenteil überzeugt."
Michael Zettel, Leiter Mechanische Bearbeitung im Werkzeugbau bei Allgaier Automotive
Bild: werkzeug&formenbau

Trimill-Programm verfügbar ist. Übrigens: Auch beim Design wurden die Anwender aus Uhingen gefragt – das Ergebnis ist ein sehr stylisches, dabei aber auch funktionales Maschinenkleid, das anderen Konzepten teilweise um Jahrzehnte voraus ist.

Ein Industrieroboter übernimmt den Werkzeugwechsel

Der Werkzeugwechsler ist kein schlichter Kettenwechsler – auf Empfehlung des Maschinenherstellers wurde ein Wechsler von Demmeler mit Kuka-Roboter installiert. "Das würde ich heute bei einer solchen Maschine immer wieder machen", betont Zettel. "Wer auf Verfügbarkeit angewiesen ist, hat mit dem Roboterwechsler eine optimale Lösung." Als Steuerung arbeitet eine Heidenhain iTNC 530 HSCI an der Portalfräsmaschine. "Die Nachfolgegeneration stand bei Heidenhain damals gerade in den Startlöchern, und wir wollten vermeiden, dass es bei unserer neuen Maschine zu Kinderkrankheiten kommt", erklärt Zettel die Entscheidung. "Heute würden wir die Maschine selbstverständlich mit der aktuellen Heidenhain-Steuerung TNC 640 beschaffen."

Trends µ-genau
Genauigkeit macht Fehler sichtbar
Zum Schruppen ist die VM 13535 hervorragend geeignet – die hohe Steifigkeit und die massive Ausführung der Maschine erlaubt es, entsprechend progressive Parameter zu wählen. Beim Schlichten geht die Maschine indes nicht so dynamisch vor wie ihre filigraner gebauten Wettbewerber – die gewaltigen bewegten Massen und die Physik setzen hier Grenzen. Dafür aber arbeitet die Maschine sehr exakt. So exakt, dass sie auch die Fehler im CAD/CAM-System gnadenlos sichtbar macht – beispielsweise als unerwünschte Oberflächenstrukturen. Für Allgaier Automotive war es von großem Vorteil, dass sich die Verantwortlichen nicht damit abfanden und mit einem ganzheitlichen Blick auf die Prozesskette die Suche nach den Fehlerquellen offen und umfassend angingen. Es stellte sich heraus, dass es unerlässlich ist, ein leistungsfähiges CAM-System auf dem aktuellen Stand einzusetzen, das eine sehr saubere Programmierung ermöglicht und die festgelegten Strategien auch entsprechend abarbeiten kann. Jetzt sind die Oberflächen optimal – ohne Nacharbeit.

In den Linearachsen sind Zahnstangen verbaut, in der X- und Z-Achse sorgen je vier gegeneinander vorgespannte Antriebe für exakte Positionierung. In X, Y, Z bietet die Maschine maximal 40 m/min Eilgang. Der Arbeitsraum ist komplett geschlossen – auch von oben. Die Halle bei Allgaier ist nicht klimatisiert. "Das

Trimill Werkzeugwechsler

Für den Wechsel der bis zu 148 Werkzeuge im Magazin ist ein ausgewachsener Kuka-Industrieroboter zuständig – eine Lösung, die eine hohe Verfügbarkeit der Maschine sicherstellt.
Bild: werkzeug&formenbau

ist auch nicht notwendig", erklärt Zettel. "Wir halten die Maschine mit drei voneinander getrennten Klimakreisläufen thermisch stabil." Das funktioniert hervorragend. Und es ist auch notwendig, da die Ansprüche an die Genauigkeit mit dem Projekt gewachsen sind – über die 13 m der X-Achse erwarten die Verantwortlichen bei Allgaier Toleranzen im Hundertstelmillimeterbereich. "Eine Genauigkeit von fünf Hundertstelmillimetern über eine Länge von 5 m ist für uns ein gängiger Wert, den wir prozesssicher erreichen – die Maschine kann sogar noch genauer arbeiten", betont Zettel. "Einige unserer Kunden unter den Automobilherstellern konnten nicht glauben, dass das realisierbar ist. Nun, wir haben sie vom Gegenteil überzeugt."

Zur hohen Genauigkeit trägt das massive Maschinenfundament bei, das in U-Ausführung gegossen wurde. "Die massive Bauweise macht die Trimill

Allgaier Kotfluegel

Vom Kotflügel über Dächer bis hin zum großen Seitenteil – das Spektrum der Teile, für die Allgaier Automotive Werkzuege baut, ist weit gespannt.
Bild: werkzeug&formenbau

geradezu ideal für das Schruppen", erklärt der Leiter der Mechanischen Bearbeitung. "Beim Schlichten müssen wir als Kompromiss mit einer leicht eingeschränkten Dynamik leben – die Maschine ist zwar, gemessen an ihrer Größe, durchaus agil, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es da etwa 25 t an bewegter Masse gibt. Und da setzt schlicht die Physik Grenzen."

Profil
Allgaier Automotive
Die Allgaier-Group mit Hauptsitz in Uhingen ist Partner der Automobilbranche und entwickelt auch standardisierte und indi­viduelle Lösungen für die verfahrenstech­nische Industrie. Der Geschäftsbereich ­Allgaier Automotive versteht sich als Systemlieferant für die internationale Auto­mobilindustrie. Schwerpunkte sind der Werkzeugbau, die Herstellung von Pres­s­teilen sowie die Systementwicklung und Produktion von Kraftstoffbehältern und ­anderen einbaufertigen Komponenten im Karosseriebereich. Allgaier beschäftigt weltweit annähernd 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die eingeschränkte Dynamik wird indes bei weitem aufgewogen von der erzielbaren Präzision. "Wir können damit wirklich hervorragende Oberflächen erzielen", meint Zettel. "Das hat allerdings dazu geführt, dass wir uns ein anderes CAM-System suchen mussten." Denn aufgrund ihrer hohen Genauigkeit bildet die Maschine auch die Unzulänglichkeiten des CAM-Systems eins zu eins ab. "Und so fanden unsere Maschinenbediener, die auch die Programme für die Maschine selbst schreiben, plötzlich Strukturen auf den Oberflächen ihrer Teile, die da nicht hingehörten", erinnert sich Zettel. "Inzwischen haben wir mit Delcam ein leistungsfähiges CAM-System im Einsatz. Und wir haben zusammen mit dem Maschinen-, dem Steuerungs- und dem Softwarehersteller die Bearbeitungsstrategien optimiert. Mit großem Erfolg: Die erzielbaren Oberflächen sind jetzt absolut makellos. Damit ist die Trimill für uns ein echter Wettbewerbsvorteil geworden."

Trimill Ruesten

Dank der Teilung der Arbeitsfläche in zwei Bereiche lässt sich die Trimill hauptzeitparallel rüsten. Dabei können die Werkstücke problemlos per Kran platziert werden.
Bild: werkzeug&formenbau

Ambitionierte Ziele deutlich übertroffen

Die Maschine ist seit ihrer Aufstellung im produktiven Einsatz, ohne große Anlaufphase, von Anfang an. Sie läuft vierschichtig, rund um die Uhr. "Die Schallmauer für die Auslastung einer Maschine in dieser Größenordnung lag bei uns irgendwo um die 5700 h pro Jahr", erklärt Zettel. "Deshalb war unser Ziel für die neue Maschine höchst ambitioniert – wir hatten uns 7000 h

Trimill Steuerung

Bewährte Steuerung: Die Heidenhain iTMC 530 HSCI sorgt für einfache Bedienbarkeit.
Bild: werkzeug&formenbau

bereits für das erste Jahr vorgenommen." Und auch erreicht und übertroffen. "Das geht nur, weil die Verfügbarkeit der Maschine extrem hoch ist, das Konzept mit den getrennten Tischhälften die Rüstzeiten minimiert und der Trimill-Service wirklich hervorragend arbeitet", ist sich Zettel sicher. "In Kombination mit unseren hervorragend ausgebildeten Bedienern haben wir so eine Bearbeitungsmöglichkeit, die uns im weltweiten Wettbewerb deutlich nach vorn bringt."

Sie möchten gerne weiterlesen?