Aus Mitarbeitern werden Mit-Unternehmer
KG, Dietfurt

Dass wettbewerbsfähige Werkzeug- und Formenbauer ihre Kernprozesse beherrschen müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Immer mehr setzt sich ein ganzheitlicher Blick auf die Abläufe durch, der schlanke, transparente Prozesse und einen durchgängigen Informationsfluss in den Fokus rückt. Ein wichtiger Faktor sind dabei die Menschen, die das Unternehmen tragen:

Immer mehr Unternehmen bauen ihren Erfolg auch auf unternehmerisch denkenden Mitarbeitern auf, die gut informiert sind und eigenverantwortlich ihre Entscheidungen treffen können – zum Wohl des gesamten Unternehmens. Auch die beiden heute vorgestellten Unternehmen aus der Kategorie „Externer Werkzeugbau über 100 Mitarbeiter” – als Sieger die z-werkzeugbau-gmbh im österreichischen Dornbirn und als Finalist die Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG in Dietfurt – sehen in verantwortlich denkenden und handelnden Mitarbeitern und in entsprechenden Unternehmensstrukturen einen ihrer Erfolgsfaktoren.Vier stabile Standbeine
Der z-werkzeugbau ist per Management-Buy-out aus dem einstigen internen Werkzeugbau der Zumtobel Gruppe entstanden. Zwar stammt auch heute noch ein Teil der Aufträge von der ehemaligen Konzernmutter, die Werkzeugbauer waren aber bereits zu Zumtobel-Zeiten auch für externe Kunden tätig.

„Unser Unternehmen gliedert sich in vier Bereiche: den Formenbau, die Mikrosysteme, das Rapid Prototyping und die Automatisierung”, erklärt Hermann Eberle, zusammen mit Johannes Steurer Geschäftsführer des Unternehmens. „Unser Anspruch ist, in den Gebieten, in denen wir tätig sind, zu den Besten zu zählen – das erfordert konsequenterweise eine starke Fokussierung innerhalb dieser Bereiche.”

So hat man sich im Bereich Automatisierung auf automobile Dichtungssysteme konzentriert und gehört hier zu den weltweiten Marktführern. Die Mikrobearbeitung steht ganz im Zeichen von „Lab-on-the-Chip” – auch hier hat das Unternehmen etwa mit Mikro-Spritzgießwerkzeugen inzwischen eine Spitzenstellung. Im Prototyping heißt die Nische High-Tech. Und im Formenbau haben sich die Unternehmer auf hochwertige Verpackungsprodukte spezialisiert.

High-End statt Masse
51-01„Wir sehen uns als High-End-Anbieter – nicht billig, sondern exklusiv zu sein ist unser Ziel”, erklärt Steurer. Dabei soll nicht ein bloßes Werkzeug verkauft werden – das Werkzeugkonzept steht im Mittelpunk, die ganzheitliche, professionelle Problemlösung von der ersten Idee bis zur Realisierung und Inbetriebnahme. „Werkzeugbau ist immer auch Vertrauenssache”, erläutert Steurer. „Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir jeden unserer Kunden persönlich kennen. Unsere Partner müssen sicher sein können, dass über unsere Einbindung in ihre Projekte kein ungeplanter Know-how-Transfer läuft. Das können wir garantieren. Kundenorientierung und vertrauensvolle Zusammenarbeit sind für uns nicht nur Schlagworte – wir stehen auch als Geschäftsleitung für Verbindlichkeit.”

Vertrauensvolle Zusammenarbeit – das prägt auch die Unternehmenskultur nach innen. „Wir sind ein sehr junges Unternehmen mit sehr flachen Hierarchien”, betont Eberle. „Wir kennen jeden Mitarbeiter persönlich, haben viele von ihnen selbst ausgebildet. Wir haben in den vier Jahren unseres eigenständigen Bestehens eine gesunde gegenseitige Vertrauensbasis und große Offenheit im Umgang miteinander erreicht.”
Dies ermöglicht, dass die Mitarbeiter als eigenverantwortlich handelnde Mit-Unternehmer auch weitreichende Entscheidungen treffen. „Die Menschen stellen letztlich das Unternehmen nach außen dar, füllen es mit Leben”, betont Eberle. „Bei uns hat nahezu jeder zweite Mitarbeiter im Arbeitsalltag immer wieder Kundenkontakt.”

Eine wichtige Voraussetzung ist ein klares Regelwerk aus Standards, das entsprechend Orientierung gibt. Hohe Transparenz und ein durchgängiger Informationsfluss sind ebenso wichtig wie die souveräne Beherrschung der Prozesskette.

Ausgefeilte Arbeitsvorbereitung
„Wir legen sehr großen Wert auf eine ausgefeilte, vernünftige Arbeitsvorbereitung – hier werden die Weichen gestellt für die Wertschöpfung im Unternehmen”, betont Steurer. „Die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen hat darüber hinaus dazu geführt, dass die Tätigkeiten bei uns im Haus deutlich höherwertiger geworden sind. Das bedeutet auch, dass wir unsere Mitarbeiter in ihrer Entwicklung fördern und ihnen auch entsprechende Chancen und Wege in unserem Unternehmen aufzeigen. Sie wissen: Leistung zahlt sich bei z-werkzeugbau a la longe aus.

Und das bringt auch das Unternehmen nach vorn: Wir bewegen jetzt bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl wesentlich mehr als das, was früher durch unser Unternehmen ging.”

Mit engagierten, eigenverantwortlichen Mitarbeitern konnte auch die Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG in Dietfurt ihre Effizienz in den vergangenen Jahren enorm steigern. Auch hier hat man ganz bewusst auf einen „Bauchladen” verzichtet und konzentriert sich auf eine eng umrissene Gruppe an Werkzeugen – eine unerlässliche Voraussetzung für schlanke und effiziente Prozesse, die auf die Werkstücktypen optimal abgestimmt werden können.

„Dabei ist es wichtig, Synergien über die gesamte Prozesskette zu betrachten – übergreifend über Abteilungen und Bearbeitungen”, erklärt Ludwig Gansauge, Leiter Prozessmanagement bei Siebenwurst. „Das unterscheidet sich sehr von der bloßen Optimierung von Einzelprozessen – sowohl in der Vorgehensweise als auch im Ergebnis: Was für einen Einzelprozess vielleicht optimal ist, kann für die Gesamtbetrachtung durchaus negative Auswirkungen haben.”

Ausgefeilte IT und durchgängige Systematik für NC-Programme
Bei Siebenwurst entstehen im Schnitt rund 200 Werkzeuge mit jeweils zwischen 100 und 1000 konstruierten Einzelteilen – daraus resultieren rund 100 000 NC-Programme pro Jahr. „Ohne eine durchgängige Systematik und eine ausgefeilte IT wäre das bei einem Unternehmen unserer Größe nicht mehr zu handeln”, betont Gansauge.

Ein hoher Grad an Standardisierung – von umfassenden Konstruktionstemplates bis zu standardisierten Werkzeugsätzen auf den Maschinen – und eine Einteilung der Werkzeuge in Klassen und damit die Zuweisung in standardisierte Bearbeitungsfolgen ist die Basis für eine effiziente ressortübergreifende Zusammenarbeit bei Siebenwurst. „Dabei versuchen wir, das Know-how schon in einer möglichst frühen Phase der Prozesskette einzubringen, dahin, wo die Weichen gestellt werden und die Hebel am größten sind”, erläutert Gansauge. „Das bedeutet auch, dass auf der Maschine kein Eingriff mehr erforderlich sein darf – bei uns ist Mehrmaschinenbedienung die Regel.”

Nebenzeiten deutlich senken und Durchlaufzeiten verkürzen
Die optimale Vorbereitung der Aufträge hilft auch dabei, die Nebenzeiten weiter zu senken und die Laufzeiten der Maschinen einerseits und die Durchlaufzeiten der Werkstücke andererseits zu optimieren. Eine weitestgehende Automatisierung, transparent gestaltete Abläufe sowie ein durchgängiger Informationsfluss ermöglichen den Mitarbeitern bei Siebenwurst die Konzentration auf ihre eigentlichen Aufgaben.

„Die Arbeitsweise in unserem Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert – und damit auch die Einstellung der Leute”, erklärt Gansauge. „Unsere Mitarbeiter sind zum Großteil hochqualifizierte Spezialisten. Sie haben sich in Teams organisiert – das hat den Blick deutlich erweitert: Nicht mehr nur die eigene Maschine allein steht im Blickfeld, nicht mehr nur die eigene Schicht, sondern die Leistung des gesamten Teams – es agiert quasi als ein kleines Unternehmen im Unternehmen.”

Das bedeutet zum einen zwar mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen, auf der anderen Seite jedoch auch erweiterte individuelle Freiheiten. Die Teams organisieren sich selbst, Ideen lassen sich nun leichter verwirklichen. „Das Ganze wird gestützt von einem Kennzahlensystem, das jedem Mitarbeiter alle für ihn relevanten Informationen an die Hand gibt”, erklärt Gansauge. Aufgabe der Vorgesetzten ist in einer solchen Struktur, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit optimal gearbeitet werden kann.
„Mit ganzheitlich orientierten Ansätzen, schlanken Prozessen und unternehmerisch denkenden Mitarbeitern können wir inzwischen auch viele Werkzeuge wieder wirtschaftlich in Deutschland fertigen, die schon an Billiglohnländer verloren waren”, erklärt Gansauge. „Und vor allem sind wir schneller, prozesssicherer und termintreuer geworden – ein großes Plus für unsere Kunden.”

Begründungen der Jury
z-werkzeugbau-gmbh, A-Dornbirn
Der Werkzeugbau am Standort Dornbirn existiert seit rund 50 Jahren und ist ursprünglich als rein intern orientierter Werkzeugbau der Zumtobel Gruppe gestartet. Vor zwei Jahrzehnten hat die Umstellung auf ein extern orientiertes Geschäftsmodell begonnen. Bis 2005 wurden schon 70 Prozent des Umsatzes über externe Kunden realisiert. Im April 2005 wurde das Unternehmen per Management-Buy-Out selbstständig – mit einer Minderheitsbeteiligung des ehemaligen Mutterunternehmens. Aus Zumtobel Werkzeugbau wurde die z-werkzeugbau-gmbh mit den Business units z-automation, z-moulds, z-microsystems, z-prototyping und z-stamping. Die z-werkzeugbau-gmbh ist Anbieter im anspruchsvollen Sondermaschinenbau, im Präzisions- und Hochleistungswerkzeugbau, im Mikrowerkzeugbau und in der Mikrobearbeitung, im Rapid Prototyping und in der Stanztechnik. Die Kunden des Unternehmens kommen hauptsächlich aus der Automobil-, Medizin- und Verpackungsindustrie.

Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG, Dietfurt
Das Unternehmen Siebenwurst ist ein externer Formenbau mit über 340 Mitarbeitern. Ziel des 112 Jahre alten Traditionsunternehmens ist es, die Betreuung der gesamten Prozesskette vom Designmodell über Prototypen und Vorseriendienstleistungen bis hin zur Fertigung und anschließender Werkzeugübergabe beim Kunden vor Ort anzubieten. Besonderes Merkmal ist auch eine vor Ort Kundenbetreuung von Serienprozessen durch eine eigene Organisationseinheit „Tool-Doctors”. Das Produktspektrum umfasst Leichtmetall- Druckguss- und Spritzgusswerkzeuge für 3D-Formteile aus Aluminium und Kunststoff incl. Lösungen für verschiedene Sonderverfahren zur Herstellung großflächiger Bauteile. Das Unternehmen hat sich auf große Werkzeuge im Spektrum von 5t – 50t spezialisiert. Ab dem Jahre 2002 wurde der Betrieb umfangreich reorganisiert. Ein institutionalisiertes Prozessmanagement optimiert seitdem alle Abläufe mit dem Ziel höchster Transparenz und Standardisierung.

Stärkeprofile

z-werkzeugbau-gmbh, A-Dornbirn

  • ausgeprägte strategische Positionierung als Technologieführer in klar definierten Produktsegmenten in allen Business units – z.B. als Spezialist für Hochleistungsformen für die Verpackungsindustrie oder als Automatisierungs- und Werkzeugprofi für die Automobil-Dichtungsindustrie.
  • proaktive Entwicklung und Vermarktung eigener, innovativer Werkzeug- und Anlagenkonzepte.
  • sehr gute Prozessbeherrschung bei Einzeltechnologien und deren Verknüpfung.
  • hohe Motivation und Eigenverantwortung der Mitarbeiter.
    kontinuierliche Umsetzung langfristiger Investitions- und Verbesserungsprojekte.

Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG, Dietfurt

  • Standardisierung, Modularisierung und Klassifizierung von Werkzeugen sowie deren Komponenten.
  • äußerst hohe Transparenz im Auftragsmanagement.
  • Datendurchgängigkeit entlang der gesamten Prozesskette.
  • systematische Entwicklung und Bereitstellung von Prozesswissen.
  • Lösung komplexer Entformungsaufgaben mit hohem Anspruch an Bauteiloberflächen im Interieur und Exterieurbereich.
  • innovative Adaption von CFK und Faser-verbundtechnologien in serienreife Prozesse in enger Zusammenarbeit mit Universitäten.

Im Profil
52-01z-werkzeugbau-gmbh, A-Dornbirn

Produkte: Spritzgieß-Formen, Mikrospritzgieß-Formen, Automatisierungstechnik/Sondermaschinen, Rapid Prototyping
Kunden: hauptsächlich Automobil-, Medizin- und Verpackungsindustrie

  • Anzahl Mitarbeiter: 150 (plus 20 Auszubildende)
  • Kontakt: z-werkzeugbau-gmbh, A-6850 Dornbirn, Tel.: 0043-5572/7272-720, www.z-werkzeugbau.com

53-02Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG, Dietfurt

  • Produkte: Spritzgieß- und Druckguss Formen, 1:1-Designmodelle, Prototyping
  • Kunden: hauptsächlich Automobilindustrie
  • Anzahl Mitarbeiter: 322 (plus 25 Auszubildende in sechs Berufsbildern; ab September 36 Auszubildende)
  • Umsatz: 38 Mio. Euro
  • Besonderheit: eigenes Servicegeschäftsmodell für Wartung und Reparatur von Werkzeugen („Tool-Doctors”).
  • Kontakt: Christian Karl Siebenwurst GmbH & Co. KG, D-92345 Dietfurt/Altmühl, Tel.: 08464/650-0, www.siebenwurst.com

Trends µ-genau
Branchenwettbewerb „Werkzeugbau des Jahres”
52-03Der Wettbewerb „Excellence in Production” zum „Werkzeugbau des Jahres” wurde vor sechs Jahren ins Leben gerufen, als einige Freunde des Werkzeugbaus das Schattendasein der Branche nicht länger akzeptieren wollten: Obwohl der Werkzeugbau maßgeblich die Produktivität der deutschen Produktion beeinflusst, schien er von niemandem richtig wahrgenommen zu werden. Die Initiative soll zudem ein Forum schaffen, das die Wettbewerbsfähigkeit der Werkzeug- und Formenbaubetriebe mittels „Lernen von den Besten” nachhaltig steigert. Verbände, Industrie- und Medien sowie Persönlichkeiten aus Industrie und Forschung unterstützen das Vorhaben. Interessierte Unternehmen des Werkzeugbaus beantworten den Fragebogen des Wettbewerbs. Die besten Unternehmen werden vor Ort von Experten besucht und detailliert untersucht. Eine hochkarätig besetzte Jury mit Vertretern aus Industrie, Politik, Verbänden und Wissenschaft wählt den Sieger aus. Der diesjährige „Werkzeugbau des Jahres” sowie Sieger und Finalisten werden auf dem Kolloquium „Werkzeugbau mit Zukunft” am 1. Dezember 2009 in Wiesbaden bekanntgegeben. Die besten Unternehmen des Wettbewerbs erhalten die Chance, auf dieser Tagung ihre Erfolgsstrategien zu präsentieren.

Sie möchten gerne weiterlesen?