Einfach geniale Werkzeuge

Die Vorträge des diesjährigen Kolloquiums in Wiesbaden begannen mit einem Plädoyer von Professor Günther Schuh, Direktor WZL der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT, für „einfach geniale Werkzeuge“. Schuh sieht vier Handlungsanweisungen als Antwort auf die Krise: Zum einen eine strenge Fokussierung auf die Anforderungen des Kunden. Die konsequente Modularisierung und Standardisierung, um ein robustes High-End-Produkt anbieten zu können. Fundiert intelligente Lösungen entwickeln, die auf wissenschaftlichem Vorgehen beruhen anstatt auf bloßem Ausprobieren. Und schließlich eine auf den Kunden zugeschnittene Lösung für dessen „Problem Werkzeug“.

Intelligentes Werkzeugmanagement
Den Weg zur Industrialisierung mittels intelligentem Werkzeugmanagement skizzierte Ludwig Gansauge, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung beim Christian Carl Siebenwurst Modell- und Formenbau in Dietfurt. Aufbauend auf sinnvoll kombiniereten Bausteinen wie Prozessmanagement und Template-Technik ging man bei dem Werkzeug- und Formenbauer deutlich über eine Standardisierung auf Konstruktionsebene hinaus – mit einem ausgeklügelten Konzept konnten auch in der Werkstattorganisation klare Optimierungspotenziale erschlossen werden.

Über die zentrale Rolle der Aus- und Weiterbildung und den Erfolgsfaktor Mensch im Werkzeug- und Formenbau referierte Johann Haidlmair, Geschäftsführender Gesellschafter bei Haidlmair Werkzeugbau im österreichischen Nussdorf. Haidlmair sieht die Mitarbeitermotivation als zentralen Stellhebel für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Produktivität eines Werkzeugbaus. Der Paradigmenwechsel, dem die Werkzeugbauunternehmen aufgrund der zunehmenden Industrialisierung unterworfen sind und der neben Veränderungen im Unternehmen in der Regel auch von den Mitarbeitern eine Neuausrichtung und Weiterqualifizierung verlangt, ist eine zentrale Herausforderung an die Unternehmen. Haidlmair hat unter anderem zusammen mit anderen Unternehmern eine Höhere Technische Lehranstalt (HTL) gegründet, um den eigenen Auszubildenden und Mitarbeitern den Weg zur Qualifikation als Ingenieur zu eröffnen.

Der Service rund ums Werkzeug wird künftig immer wichtiger
Die Herausforderungen der Zukunft an ein Modellbauunternehmen beleuchtete Excellence_2Robert Hofmann, Geschäftsführer bei Modellbau Robert Hofmann in Lichtenfels. Schneller Produktwechsel, immer kürzere Produktlebenszyklen und die hohe Produktvielfalt erfordert erhöhte Flexibilität und Schnelligkeit im Modellbau, vor allem, da die Preise nicht steigen dürfen, Ressourcen geschont werden sollen und hohe Qualität selbstverständlich ist. Insbesondere für Kleinserien sind hier neue Werkzeugkonzepte gefrag. Werkzeuge aus Aluminium und Rapid Prototyping sind längst etabliert. Immer wichtiger aber, so Hofmann, wird nicht nur im Modellbaubereich der Service rund ums Produkt.

Herausforderungen ganz anderer Art bietet die Mikrobearbeitung. Manfred Baumann, Geschäftsführer bei Gerresheimer, gab Einblicke in einen Bereich, in dem es nicht nur auf die richtige Technologie und das entsprechende Prozesswissen ankommt, sondern auch auf das Know-how für den nachgelagerten Fertigungsprozess. Der interne Werkzeugbau bei Gerresheimer versucht über einen ganzheitlichen Ansatz, der von der Idee über den Mitarbeiter bis zum Produkt gespannt ist, möglichst optimal auf die Forderungen des Marktes und der Kunden zu reagieren.

Internationalisierung kann durchaus eine Chance für eine verbesserte Ausgangsposition im Wettbewerb sein:
Michael Schülken, Geschäftsführer beim Werkzeugbau Ruhla, zeigte, wie sein Unternehmen die interessanten Märkte insbesondere in Osteuropa für sich gewinnen konnte. Wichtig hierbei: Langfristiges Denken und Handeln ist gefordert – das wird von den Partnern honoriert. Um erfolgreich zu sein hat das Unternehmen seinen Markteintritt systematisch geplant. Die Erfahrungen: „Made in Germany“ ist im Osten sehr gefragt, und die Zahlungsmoral ist „ausgesprochen gut“.

Akademisierung des Werkzeugbaus
Zum Abschluss der Vortragsveranstaltungen beleuchtete Professor Fritz Klocke, Direktor WZL der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT die Herausforderungen, die das Thema „Wissen“ im Betriebsmittelbau mit sich bringt: In vielen Unternehmen ist der interne Werkzeugbau Keimzelle für neue Entwicklungen, aber auch externe Werkzeugbauten sind Innovationsmotoren. Das Wissen im Betriebsmittelbau ist ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit. Die Tätigkeiten im Werkzeug- und Formenbau werden immer komplexer – technische Fähigkeiten sind hierbei nur ein Teilaspekt. Immer wichtiger wird Wissen, das sich sowohl aus der Praxis des Werkzeug- und Formenbaus als auch aus akademischen Quellen speist. Vor diesem Hintergrund haben die Aachener Produktionsforschungsinstitute die Gründung eines „Aachener Kompetenzzentrums Betriebsmittelbau“ beschlossen. Hier sollen die zentralen Themen Bildung und Innovation vereint werden, um in der direkten Zusammenarbeit mit den Unternehmen der Branche zu neuen Bildungsmodellen zu kommen.

Excellence_3Gesamtsieg geht an Summerer
Höhepunkt des abschließenden Festabends im Saal des Kurhauses Wiesbaden war auch diesmal wieder die Preisverleihung des Wettbewerbs „Excellence-in-Production“ zum „Werkzeugbau des Jahres 2009“. Ins Finale waren diesmal neun der insgesamt 311 beteiligten Unternehmen eingezogen, die sich der Bewertung einer hochkarätigen Jury aus Industrie, Wirtschaftsverbänden und Forschung stellen mussten. Die Sieger des anspruchsvollen Wettbewerbs stehen jetzt fest:

Gesamtsieger wurde die Summerer Technologies GmbH & Co. KG in Schechen-Rosenheim, die gleichzeitig auch zum Sieger in der Kategorie „Externer Werkzeugbau unter 100 Mitarbeiter“ gekürt wurden. Das Unternehmen hatte bereits im Vorjahr Platz Zwei in dieser Kategorie erreicht und konnte sich nun noch einmal verbessern. Als Finalist in dieser Kategorie konnte sich auch in diesem Jahr wieder der W. Faßnacht Werkzeug- und Formenbau aus Bobingen platzieren, der vor zwei Jahren bereits den Gesamtsieg für sich beanspruchen durfte. Damit ging (nach 2006 Wiro/Olpe, 2007 Faßnacht/Bobingen, 2008 Wiro/Olpe) der Gesamtsieg in diesem Jahr bereits zum vierten Mal in Folge an einen externen Werkzeugbauer mit weniger als 100 Mitarbeiter.

Kategoriesieg wurde nicht vergeben
In der Kategorie „Interner Werkzeugbau unter 100 Mitarbeiter“ konnte die Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH aus Wackersdorf den Sieg einfahren. Weitere Finalisten sind die Gedia Gebrüder Dingerkus GmbH, Attendorn, die GKN Driveline Trier GmbH, Trier, und die Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, Regensburg (Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik und Maschinenfabrik Reinhausen werden in diesem Heft in unserem Benchmark ab Seite 55 ausführlich vorgestellt).

In der Kategorie „Externer Werkzeugbau über 100 Mitarbeiter“ wurde die Christian Karl Siebenwurst Modell- und Formenbau GmbH & Co. KG aus Dietfurt Kategoriesieger. Weitere erfolgreiche Finalisten dieser Kategorie waren die Modellbau Robert Hofmann GmbH, Lichtenfels, und die Werkzeugbau Siegfried Hofmann GmbH, Lichtenfels.

Nicht vergeben wurde erstmals der Kategoriesieg für die Sparte „Interner Werkzeugbau über 100 Mitarbeiter“ – das Qualitätsniveau der Teilnehmer aus den bewerteten Kategorien sei diesmal, so die Juroren, deutlich höher gewesen als das der teilnehmenden großen internen Werkzeugbauten.

Als weitere erfolgreiche Teilnehmer des Wettbewerbs nannte die Jury unter anderem die Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG, den Drechsler + Liebich Werkzeugbau, die Gigaset Communications GmbH, die Haidlmair GmbH, die Hanns Engl Werkzeugbau O.H.G., die Krämer + Grebe Modellbau GmbH & Co. KG, die Opus Formenbau GmbH und die Werkzeugbau Ruhla GmbH.

Werkzeugbau des Jahres 2009: Summerer Technologies
Werner Ressing, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, hob als Laudator bei Summerer Technologies die herausragende Unternehmensentwicklung, die aussagekräftige Strategie und die aktive Suche nach neuen Märkten hervor. Bemerkenswert sei nicht nur die technologische Alleinstellung in der Fräsbearbeitung mit einem modernen Maschinenpark, in den stark investiert werde. Auch gezielte Weiterbildung, ein selbst entwickeltes Projektmanagementsystem und systematisches Wissensmanagement fördern die Eigenverantwortung der rund 60 Mitarbeiter und sichern die Kompetenz in Entwicklung und Serienanlauf, mit der die hochkomplexen Spritzgusswerkzeuge hergestellt werden. Das Ergebnis ist eine exzellente Termintreue bei gleichzeitig geringen Durchlaufzeiten und einer hohen durchschnittlichen Wertschöpfung pro Tag. Summerer Technologies bietet als Automobilzulieferer Spritzgießwerkzeuge für das Glazing sowie die Außenspiegel-, Holzdekor- und Verkleidungsherstellung an. Seit Januar 2008 verfügt das Unternehmen über ein eigenes Technologiezentrum für die Entwicklung und Abmusterung von Werkzeugen. Im Jahr 2009 hat Summerer Technologies das neue Marktsegment „Fernseher und Displays“ für sich erschlossen.

 

Neue Runde im Wettbewerb: Excellence in ProducExcellence_4tion 2010
Das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT schreiben bereits zum siebten Mal den Wettbewerb „Excellence in Production“ zum „Werkzeugbau des Jahres“ aus. Unternehmen des Werkzeug- und Formenbaus können sich noch bis zum 6. April 2010 beteiligen. Mit dem Wettbewerb zum „Werkzeugbau des Jahres 2010“ bieten die Werkzeugbau-Experten beider Institute den teilnehmenden Unternehmen die Chance, sich umfassend, anonym und kostenlos mit ihren Wettbewerbern zu messen. Jeder Teilnehmer erhält eine Auswertung über die eigenen Stärken und Verbesserungspotenziale. Die Unternehmen erfahren so, wie sie in Teildisziplinen gegenüber dem Wettbewerb positioniert sind und mit welchen Maßnahmen sie ihre Position verbessern können.
Der Wettbewerb wendet sich an interne und externe Werkzeug- und Formenbauer. Die Veranstalter eruieren vor Ort bei den ausgewählten Unternehmen in einem umfassenden „EiP-Audit“ die Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Unter den zwanzig besten Teilnehmern verlosen WZL und Fraunhofer IPT zwei umfangreiche Benchmarkings im Wert von jeweils 10 000 Euro. Die Finalisten und die zwanzig besten Unternehmen erhalten außerdem das renommierte Gütesiegel des Wettbewerbs, das ihre Leistungsfähigkeit gegenüber Kunden und Lieferanten dokumentiert. Eine hochkarätig besetzte Jury mit Vertretern aus Politik, Verbänden (VDI, VDMA, VDA, VDEh), Wissenschaft und Wirtschaft wählt den „Werkzeugbau des Jahres 2009“, der am Festabend des Kolloquiums „Werkzeugbau mit Zukunft“ am 28.09.2010 in Aachen bekannt gegeben wird. Als Medienpartner unterstützen die VDI Nachrichten und die Fachzeitschrift werkzeug & formenbau den Wettbewerb. Darüber hinaus beteiligen sich die Unternehmen Uddeholm Tooling AB, Böhler Deutschland und die Demat GmbH, Organisator der Branchenfachmesse EuroMold, als Sponsoren am Wettbewerb.

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