Klare Fokussierung auf Kernkompetenzen

„In erster Linie stellen wir einfache Ziehwerkzeuge für rotationssymmetrische Umformteile her“, erklärt Thomas Huber, Leiter Betriebsmittelbau der Maschinenfabrik Reinhausen. „Darüber hinaus sind wir verantwortlich für ein weites Feld – von der Herstellung von Spannmitteln bis hin zu hochkomplexen Prüfständen für unsere Unternehmensgruppe.“ Daneben werden, je nach Kapazität, auch Kleinserien und Serienanläufe gefertigt.

Klare Make-or-Buy-Regeln
Verarbeitet werden höchst unterschiedliche Materialien – von Hartpapier über Kupfer bis zu den unterschiedlichsten Stahlsorten reicht das Spektrum, des Seriengeschäfts, das abzudecken ist. „Wir machen nicht alles selbst, bei uns gibt es klare Make-or-Buy-Regeln“, erklärt Huber. „Wir konzentrieren uns auf die Kernkompetenzen, alles andere geben wir nach außen. Dafür betreiben wir ein umfassendes Lieferantenmanagement, das an das des Konzerns angelehnt ist. Wir benchmarken uns stets mit unseren Lieferanten – so stellen wir sicher, dass wir am Ball bleiben.“

Im Normalfall arbeitet der Betriebsmittelbau ausschließlich fürs eigene Unternehmen – zu Benchmarkzwecken werden indes auch ab und zu externe Aufträge angenommen.

Schon sehr früh ist der Betriebsmittelbau in die Entwicklung neuer Produkte mit eingebunden. Konstruktion und Fertigung sind sehr eng vernetzt: „Auf regelmäßigen Sitzungen werden zweimal pro Woche die aktuellen Konstruktionen diskutiert, die Fertigung schaut schon in einem sehr frühen Stadium über jede Zeichnung – so können Fehler und Schwachpunkte schon in einer sehr frühen Phase eliminiert werden“, erläutert Huber die Vorteile. „Wir haben pro Jahr rund 6000 Zeichnungen – anfangs war jede zweite fehlerhaft. Die Fehlerquote ist mit dieser Maßnahme drastisch gesunken – der Aufwand und die Kosten zum Nachbessern auch. Es vermeidet viel Ärger, wenn alle Betroffenen von Anfang an dabei sind und sich mit einbringen können.“

Hohe Datendurchgängigkeit mit SAP
Im Gesamtunternehmen schafft SAP eine hohe Datendurchgängigkeit, das eingebundene unternehmensinterne CAD-Management-System MRCM sorgt im Zusammenspiel mit sauber definierten Schnittstellen dafür, dass alle relevanten Daten sauber dokumentiert sind und jederzeit auf Knopfdruck abgerufen werden können. Hier steht auch die komplette Betriebsmittelhistorie zur Verfügung. „Wir haben sogar alle unsere Maschinendaten auf 3D-CAD inklusive aller Schnittstellendaten ins System gestellt.“

Damit „Best-Practice“-Wissen allgemein verfügbar ist, werden alle relevanten Daten in einer „Betriebsmittelrichtlinie“ gesammelt und für alle zugänglich gemacht – in Zukunft soll ein eigenes „Wiki“ den Erfahrungsschatz der Mitarbeiter sammeln, aktuell halten und bereitstellen.

Zentraler Dienstleistungsbereich
Neue Wege gingen die Verantwortlichen in der Zerspanung: „Damit sich die hochqualifizierten Kräfte an der Maschine auf ihre Arbeit konzentrieren können und nicht wertvolle Zeit mit Routinearbeit vergeuden, haben wir einen zentralen Dienstleistungsbereich eingerichtet“, erklärt Huber. „An den Maschinen sind – bis auf die Standardtools im Magazin – keine Werkzeuge mehr gelagert. Der Maschinenbediener bestellt sie online im Servicebereich und bekommt sie rechtzeitig fertig voreingestellt und mit den passenden Daten auf die Maschine.“

Auch die Werkstücke kommen vorgerüstet auf einem Nullpunktspannsystem. „Das war anfangs für die Mitarbeiter an der Maschine eine große Umstellung“, erinnert sich Huber. „Ein Zerspaner, der keine Werkzeuge an der Maschine mehr hat, war für viele undenkbar.“ Als zunächst aber in einem kleinen Bereich die neuen Strukturen getestet wurden und die Vorteile klar auf der Hand lagen, wurde das Konzept sehr schnell umgesetzt. „Es ist unerlässlich, dass man hier die Mitarbeiter mitnimmt – der Erfolg gibt uns Recht: Mit dieser Neuorganisation hat sich die Auslastung unserer Maschinen um rund 100 Prozent erhöht.“

Ein nächster Schritt zu mehr Effizienz soll der Einstieg in die parametrische Werkzeugkonstruktion sein: „Hier stehen wir noch am Anfang“, erklärt Huber. „Aber wir versprechen uns danoch deutliche Einspareffekte.“

Der diesjährige Kategorie-Sieger, die Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH (früher Gerresheimer Wilden Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH) in Wackersdorf, hat sich auf anspruchsvolle Werkzeuge hauptsächlich aus dem Medizinbereich fokussiert. „Wir stehen als Zulieferer der Fertigung bei Gerresheimer dabei durchaus gewollt im Wettbewerb zu externen Werkzeugbauern“, erklärt Gerhard Luber, Director Mold Making. „Dabei konzentrieren wir uns auf anspruchsvolle Werkzeuge, auf Werkzeuge mit hohen Kavitätszahlen für komplexe medizinische Systeme mit nachfolgender automatischen, halbautomatischen oder manuellen Montage.“

Enge Zusammenarbeit mit Kunden
In enger Zusammenarbeit mit dem Technical CompetenceCeBenchmark_2nter der Unternehmensgruppe werden die Produkte und Werkzeuge entwickelt, produziert sowie qualifiziert und validiert– inklusive Automatisierungslösungen für alle Produktionsstandorte des Geschäftsfeldes Medical Plastic Systems der Gerresheimer Group weltweit. „Das geschieht in sehr enger Zusammenarbeit mit unseren internen Kunden“, betont Luber. Deren Zufriedenheit steht für ihn an erster Stelle; hohe Qualität, hohe Verfügbarkeit und Termintreue sind hier die wichtigsten Faktoren.

Für eine schnelle und sichere Ersatzteilversorgung wird darauf geachtet, dass die Werkzeugkomponenten austauschbar sind. Auch bei Gerresheimer wird viel Wert auf umfassende Dokumentation und schnellen Zugriff gelegt: „Jedes Teil ist vermessen und inklusive seiner Toleranzen exakt spezifiziert“, erklärt Luber. „Und für eilige Aufträge – etwa Änderungen – verfügen wir über eine eigene Abteilung. So stellen wir sicher, dass die laufende Produktion nicht beeinträchtigt wird.“

Um eine hohe Maschinenauslastung zu erzielen setzt Gerresheimer auf einen hohen Grad an Eigenverantwortung: „Jeder Mitarbeiter behandelt seine Maschine wie ein Profit-Center“, erläutert Luber. „Wie er rüstet und in welcher Reihenfolge er die Aufträge abarbeitet, ist jedem selbst überlassen. Wichtig ist, dass alle Aufträge rechtzeitig erledigt sind und die Komponenten bereitstehen, wenn die Endmontage des Werkzeugs beginnen soll.“ Die Arbeitsvorbereitung kalkuliert die Bearbeitungszeiten sehr genau , ein BDE- und PPS-System sorgt dafür, dass die notwendigen Informationen jederzeit verfügbar sind. Bewusst gibt es keinen „Leitstand“: Wichtige Informationen sind allen zugänglich.

Bei der Gruppenarbeit fördert eine gute Strategie den Wissenstransfer
Gerresheimer setzt in hohem Maß auf Gruppenarbeit. Das fördert den Wissenstransfer unter den Mitarbeitern: „Wenn ich starke Kollegen habe, werde ich auch selbst stärker – dieses Bewusstsein fördert den Austausch von ,Best Prac­ti­ce‘-Wissen. Weiterbildung – auch unter Kollegen hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert“, erläutert Luber. „Mit einem System von 20 Schlüsselfaktoren, die alle Mitarbeiter verinnerlicht haben, treiben wir unseren kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) voran.“ Mit Erfolg: Die Ausschussquote etwa liegt deutlich unter einem Prozent.

Der hohe Automatisierungsgrad ermöglicht eine sehr freie Zeiteinteilung. Das kommt allen zugute: „Die Mitarbeiter können sich ihre Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Auftragslage weitgehend frei einteilen, und das Unternehmen profitiert von sehr hohen Maschinenlaufzeiten. Im Erodierbereich etwa liegen wir im Jahr inzwischen bei mehr als 6000 h pro Maschine.“

Erstaunlich wenig Zerspanungsmaschinen finden sich im Werkzeugbau: „Wir haben die kompletten Aufbauten nach außen vergeben, zum großen Teil an einen Kooperationspartner“, erklärt Luber. „So können wir uns auf unsere Kernkompetenz konzentrieren: Im Haus fertigen wir in erster Linie die qualitätsbestimmenden und formgebenden Teile für unsere kundenspezifischen medizinischen Systeme.“ Luber arbeitet sehr viel mit dem Prinzip der verlängerten Werkbank. „Das bringt eine hohe Verantwortung“, betont er. „Wir verlassen uns auf unsere Partner – und die verlassen sich auf uns.“

Begründungen der Jury

Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH
Die Gerresheimer Gruppe ist ein international agierender Entwicklungspartner und Produzent für kundenspezifische, spritzgegossene Kunststoffsysteme für die Bereiche Pharma, Diagnostik und Medizintechnik. Der interne Werkzeugbau am Standort Wackersdorf fertigt in erster Linie für das Mutterunternehmen Spritzgussformen für die Produktion Medizinischer Kunststoffsysteme, geeignet für Reinraumproduktion sowie Anlagen und Maschinen aus dem Bereich der Automatisierungstechnik. Der Werkzeugbau am Standort mit 80 Mitarbeitern ist angegliedert an das Technisches Competence Center (TCC), in dem auch die Produkt-, Verfahrens-, Prozess- und Betriebsmittelentwicklung, das Projektmanagement, Technikum mit Mess- und Analyselabor, Optimierung und Abmusterung sowie das Qualitätsmanagement und die Technische Arbeitsvorbereitung eingebunden sind.

Maschinenfabrik Reinhausen GmbH – Betriebsmittelbau
Die Maschinenfabrik Reinhausen existiert seit mehr als 100 Jahren. Inzwischen wurden Unternehmensstandorte in Brasilien, Amerika, Australien, Südafrika, Russland, Asien und Osteuropa mit insgesamt 2600 Mitarbeitern aufgebaut. Das Produktspektrum ist kontinuierlich gewachsen. Neben dem Kerngeschäft, dem Regeln von Leistungstransformatoren, traten auf dem Elektroniksektor zusätzliche Geräte zur Messung, Steuerung und Überwachung in den Vordergrund. Als Marktführer und Lieferant der Transformatorenindustrie liegen die Ziele in Innovation, Präzision, Kontinuität, Zuverlässigkeit und Kundennähe. Ein Großteil der Komponenten wird in der eigenen Teilefertigung hergestellt. Die Kernkompetenzen des internen Betriebsmittelbaus liegen vorrangig im Bereich der Sonderspannlösungen für Bearbeitungszentren, Werkzeugtechnologie zur Kaltumformung von Metallen und Prüf- und Montageequipment.

Stärkeprofile

Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH

  • klare Fokussierung sowohl im Formen- als auch im Sondermaschinenbau
  • Eigenverantwortung der Mitarbeiter
  • Leistungsfähigkeit und sehr hoher Anteil der Laufzeiten ohne Bedienung
  • geringer Anteil an internen Eilaufträgen
  • hohe Kundenzufriedenheit, dokumentiert durch Lieferantenbeurteilungen der Kunden und Kundennutzenanalysen
  • umfangreiche Kundenbetreuung durch die Angliederung an das Technical Competence Center (TCC)
  • hoher Modularisierungsgrad der Formen
  • breites Dienstleistungsangebot über das TCC
  • hohe Mitarbeiterzufriedenheit
  • überdurchschnittliche Investitionsquote
  • frühe Integration der Auszubildenden
  • geringe Durchlaufzeiten durch Segmentierung
  • modularer Aufbau der Werkzeuge mit Nutzung von Standardkomponenten
  • eigene Abteilung für Änderungsaufträge
  • Mehrmaschinenbedienung in allen Bereichen
  • individuelle Schulungspläne, Wissensaufbau über Projekte mit Forschungseinrichtungen und Universitäten

Maschinenfabrik Reinhausen GmbH – Betriebsmittelbau

  • Auftritt als Systemlieferant für elektromechanische Betriebs- und Prüfmittel
  • große Flexibilität der Mitarbeiter
  • ausgeprägter Mehrschichtbetrieb
  • besonderes Know-how im Kernverfahren Fräsen
  • überdurchschnittliche Termintreue
  • breites Dienstleistungsangebot an den internen Kunden
  • niedrige Fluktuation, individuelle leistungsorientierte Entlohnung
  • überdurchschnittliche Wertschöpfung pro Mitarbeiter
  • Benchmark in der Arbeitsplatzergonomie (vor allem in der Montage)
  • durchgängiges Softwaresystem über die gesamte Prozesskette
  • kontinuierliche Wissenserweiterung mithilfe von Forschungsprojekten
  • interne Wissensdatenbank

Im Profil

Benchmark_GerresheimerGerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH

  • Produkte: Spritzgieß-Formen, Anlagen/Sondermaschinen
  • Kunden: Gerresheimer Gruppe, externe Kunden
  • Standort: Wackersdorf
  • Maschinenpark: HSC: Mikron HSM 300 / Hermle C30 U / Kern Pyramid Nano; Fräsen: Maho MH 600 C / Maho MH 700 C /DMU 125 P / DMU 80 / DMC 64 V / DMU 100 Duoblock / Ixion TL 601; Profilschleifen: 2x Jung JF 520:Koordinatenschleifen: Hauser S45-400 / Hauser S3; Rundschleifen: Kellenberger KEL VARIA 2RU 175/1000; Drahterodieren: AgieCut Classic 25 / AgieCut Progress 3 / Agiecut Vertex 2F; Senkerodieren: Agie Innovation 3 / Agie Impact 3 / Agie Hyperspark 3EX.HS /Agie Hyperspark 2EXHS
  • Software: ProE / I-deas / PEPS / Work NC / Camax, PPS / BDE: Ratio Schubert Software, PLM/SAP
  • Mitarbeiter: 80 (plus 10 Auszubildende)
  • Kontakt: Gerresheimer Werkzeug- und Automatisierungstechnik GmbH, D-92442 Wackersdorf, Tel.: 09431/639-0, www.gerresheimer.com

Benchmark_ReinhausenMaschinenfabrik Reinhausen GmbH – Betriebsmittelbau

  • Produkte: Blechverarbeitungs-Werkzeuge, Kalt-Massivumformwerkzeuge, Sonderspannmittel, Prüfmittel/Vorrichtungen; ausgelagertes Seriengeschäft
  • Kunden: Maschinenfabrik Reinhausen – Konzern
  • Standort: Regensburg-Haslbach
  • Maschinenpark: 5-Achs-Fräsen: Hermle C40U, Deckel Maho DMU 70 EV und 50 EV; Zyklendrehen: Kern DMT CD 820 und 320, Monforts KNC5; Rund- und Flachschleifen Karstens und Elb; Messen mit KMG Zeiss; Senk-und Draht-Erodieren: Zimmer+Kreim/Mitsubishi
  • Software: CAD: 3D-CAD Solid Edge, CAM: Exapt plus, ERP/PPS: SAP R3
  • Mitarbeiter: 70 (plus 2 Auszubildende)
  • Umsatz: Gesamtkonzern: ca. 550 Mio. Euro / nur Betriebsmittelbau: ca. 10 Mio. Euro
  • Kontakt: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, D-93059 Regensburg, Tel.: 0941/4090-0, www.reinhausen.com

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