Im Bau von Spritzgieß- und Aludruckgusswerkzeugen haben sich die Werkzeugbauer bei Harting Applied Technologies in Espelkamp zahlreiche Alleinstellungsmerkmale erarbeitet.

Im Bau von Spritzgieß- und Aludruckgusswerkzeugen haben sich die Werkzeugbauer bei Harting Applied Technologies in Espelkamp zahlreiche Alleinstellungsmerkmale erarbeitet.

Die Herausforderungen an interne Werkzeugbauten sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen – in vielen Unternehmen haben sie sich zu Kompetenzzentren entwickelt, die maßgeblich beitragen, den technologischen Vorsprung nachhaltig zu sichern und auszubauen. Ihre Aufgabe ist vielfach, bereits ab einer frühen Phase im Entstehungsprozess neuer Produkte die spätere Machbarkeit sicherzustellen und entlang der gesamten Prozesskette Prozesse und Technologien im Fokus zu haben, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen nachhaltig weiterzuentwickeln. So auch beim Sieger und Finalist der Kategorie „Interne Werkzeugbauten unter 50 Mitarbeiter“, die Werkzeugbauten von Harting Applied Technologies (Sieger) und CeramTec (Finalist).

Bei Spritzgieß- und Aludruckgusswerkzeugen haben sich die Werkzeugbauer bei Harting Applied Technologies in Espelkamp viel Alleinstellungsmerkmale erarbeitet. Das Geheimnis der hohen Innovationskraft liegt neben leistungsfähigen Maschinen mit hohem Automatisierungsgrad in hochqualifizierten und hochmotivierten Mitarbeitern, die ihre Aufgaben mit viel Eigenverantwortung gestalten.

„Um qualifizierte Entscheidungen treffen zu können, ist es unerlässlich, über alle relevanten Informationen zu verfügen“, betont Reiner Hußmann, Prokurist und Leiter Werkzeugbau bei

Reiner Hußmann, Harting

Der Bau von sehr komplexen Spritzgieß- und Aludruckgussanwendungen für automotive Anwendungen ist eine der Kernkompetenzen des Werkzeugbaus von Harting Applied Technologies.

Harting Applied Technologies. „Über Plantafeln werden die Daten transparent visualisiert. Und jeder kann weit im Vorfeld erkennen, ob ein Auftrag termingerecht geliefert werden kann oder ob es Verzögerungen gibt.“

Der Informationsfluss ist sehr durchgängig, alle relevanten Daten sind per Bildschirm verfügbar. „Wir wollen demnächst auch auf die 2D-Zeichnungen in Papierformverzichten“, ergänzt Hußmann. „Damit stellen wir sicher, dass jeder stets mit den Informationen auf aktuellstem Stand arbeitet.“

Mitarbeiter stetig weiterqualifiziert

Zahlreiche Schulungen, Aus- und Weiterbildungen haben die Mitarbeiter fit gemacht für ihre Rolle als eigenverantwortlich und unternehmerisch denkende „Mitunternehmer“ im Unternehmen. „Es war ein herausfordernder Prozess, dort hinzukommen“, erinnert sich Hußmann. „Aber letztlich haben unsere Mitarbeiter die weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten auch für sich selbst erkannt und den Willen entwickelt, für ihren Bereich Verantwortung zu übernehmen.“

Eine weitere Säule des erfolgreichen Konzepts, die mit der umfassenden Eigenverantwortung einhergeht, ist die weitreichende Standardisierung nicht nur der Bauteile, sondern vor allem auch der Prozesse. „Darauf aufbauend haben wir beispielsweise eine getaktete Fertigung für unsere Druckgusswerkzeuge eingerichtet – wir starten jetzt alle zwei Wochen ein neues Werkzeug“, erläutert Hußmann. „Die Durchlaufzeit liegt bei 11 Wochen, wir haben aus den standardisierten Werkzeugseiten standardisierte Prozesse abgeleitet. Dieses Konzept wollen wir in einem nächsten Schritt auch für Spritzgießwerkzeuge übernehmen.“

Die Umsetzung von Standards in einem einst traditionell ausgerichteten Werkzeugbau war durchaus eine Herausforderung: „Das erforderte anfangs viel Schieben und Ziehen und vor allem das klare Bekenntnis der Führungsebene, um hier die Dinge in Gang zu bringen“, betont Hußmann. „Inzwischen liegen die Vorteile für die Mitarbeiter klar auf der Hand. Und jetzt kommen die Vorschläge und Maßnahmen zur Standardisierung von den Betroffenen selbst – das hat eine sehr positive Eigendynamik gewonnen.“

Sehr weitreichend standardisiert

Ceramtec Werkzeugbau

Im Werkzeugbau bei CeramTec entstehen zu rund 90 Prozent Werkzeuge für das Trockenpressen von Keramik und zu etwa zehn Prozent Keramikspritzgießwerkzeuge.

Auch im Werkzeugbau von CeramTec – hier entstehen zu 90 Prozent Werkzeuge für das Trockenpressen von Keramik und zu etwa zehn Prozent Keramikspritzgießwerkzeuge – wurde die Standardisierung sehr weit vorangetrieben. Angefangen bei klaren Konstruktionsrichtlinien über die Festlegung von Normgrößen und eines „Baukastensystems“ bis hin zu eigengefertigten Normteilen, die auf Lager liegen, reicht hier die Palette. „Unser Ziel ist, dass wir unsere Werkzeuge in möglichst einheitlichen Abläufen fertigen – Teile, die ähnlich sind, können in der Regel auch ähnlich behandelt werden“, erklärt Peter Schlagbaum, Leiter Technik. „Rund 90 Prozent aller Aufbauten können wir inzwischen mit unserem Baukasten abdecken.“

Auch hier prägt ein sehr leistungsfähiger Maschinenpark die Werkshallen, bei CeramTec wird kontinuierlich in neue Maschinen und Automatisierungssysteme investiert. „Die Technik ist das eine – wichtiger noch sind gut ausgebildete und hochmotivierte Mitarbeiter“, erklärt Schlagbaum. „Der Werkzeugbau für Produkte aus Hochleistungskeramik – hier ist sehr spezifisches Know-how erforderlich. Deshalb setzen wir stark auf Mitarbeiter, die im eigenen Haus ausgebildet werden.“

Eine vorausschauende Personalplanung und Weiterbildungsmaßnahmen sorgen dafür, dass die Mitarbeiter attraktive Perspektiven im eigenen Haus haben – die Fluktuation ist sehr gering.

Peter Schlagbaum,  CeramTec

Technisch ausgefeilte Werkzeuge für das Trockenpressen von Keramik und Keramikspritzgießwerkzeuge sind die Domäne der Werkzeugbauer beim Keramikspezialisten Ceramtec.

„Der Datenfluss ist bei uns durchgängig in einem PLM-System gelöst. Auch bei uns gibt es nur noch wenig Papier im Werkzeugbau“, erklärt Schlagbaum. „Ein System aus Patenschaften unterstützt zudem die Weitergabe von praxisnahem Wissen innerhalb des Unternehmens.“

Die Arbeit ist in Teams organisiert: „Werkzeugmacher in der Montage und die Maschinenbediener arbeiten eng zusammen – sie haben zwar individuell unterschiedliche Zielvorgaben, können aber in diesem ausgefeilten System voneinander profitieren“, erläutert Schlagbaum. „Und über Zuschläge und Prämien sind sie an ihrem Erfolg auch sehr direkt beteiligt.“

Auch bei CeramTec geht die systematische Personalplanung weit in die Zukunft. „Wir schicken unsere Leute selbstverständlich auf Schulungen unter anderem auch bei den Herstellern der bei uns eingesetzten Maschinen und Softwareanbieter“, erklärt Schlagbaum. „Wir unterstützen aber auch gute Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln wollen und beispielsweise in der Abendschule ihren Techniker oder Meister machen möchten oder ein Studium aufnehmen. Wir zeigen ihnen Perspektiven für ein Weiterkommen in unserem Unternehmen auf. Der Werkzeugbau fungiert dabei als Ausbildungsschmiede für das gesamte Unternehmen.“Rw

Jury-Urteil*

Harting Applied Technologies GmbH, Espelkamp

Harting Applied Technologies GmbH in Espelkamp ist der Werkzeugbau der Harting Technologiegruppe, die 1945 gegründet wurde und seitdem kontinuierlich gewachsen ist. Der Werkzeugbaubereich von Harting Applied Technologies entwickelt, konstruiert und fertigt Spritzgießwerkzeuge, Druckgussformen und Stanz-Biege-Werkzeuge und ist spezialisiert auf hoch präzise Fertigungstechnik für Anwendungen der Elektro- und Automobilindustrie. Die Bandbreite der Produkte der Harting Technologiegruppe reicht von relativ großvolumigen Gehäusebauteilen für Steckverbinder aus Kunststoff und Aluminium bis hin zu Mikrospritzgussteilen mit Schussgewichten von unter 1 g und Strukturgrößen von wenigen Tausendstelmillimetern und höchsten Ansprüchen an die Oberflächengüte. Die Kavitäten reichen dabei von 1- bis 64-fach mit entsprechenden Heißkanalsystemen. Im eigenen Technikum werden Abmusterung und Serienfertigung von 1- und 2K-Spritzgussteilen durchgeführt.

CermTec GmbH, Lauf

Der interne Werkzeugbau der CeramTec GmbH im Werk Lauf existiert seit dem Jahr 1921. CeramTec in der heutigen Form entstand 1996 im Zuge der Akquisition der Hoechst ­CeramTec AG durch die Cerasiv GmbH. Das Produktprogramm von CeramTec umfasst heute weit mehr als 10 000 verschiedene Produkte, Komponenten und Bauteile und eine Vielzahl keramischer Werkstoffe, die unter anderem in der Automobilindustrie, der Elektronik, der Energie- und Umwelttechnik, dem Geräte- und Maschinenbau sowie der Medizintechnik eingesetzt werden. Mit über 3600 Mitarbeitern weltweit und Produktionsstätten und Tochtergesellschaften in Europa, Amerika und Asien ist CeramTec international präsent. Ende 2013 wurde die CeramTec GmbH von der Beteiligungsgesellschaft Cinven übernommen.

* Im Rahmen der Veranstaltung „Werkzeugbau mit Zukunft“, 4. November 2014 in Aachen

Stärke-Profil

Harting Applied Technologies GmbH, Espelkamp

  • hohe Eigenverantwortung der Mitarbeiter durch Shopfloormanagement IAO (Informieren, Anordnen, Optimieren)
  • produktive Einbindung der Auszubildenden ab dem ersten Jahr
  • hohe Ergonomie durch höhenverstellbare Arbeits- und Montageplätze sowie Handlingeinheiten
  • standardisierter und getakteter Durchlauf von Druckgießwerkzeugen ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Herstellung dieses Werkzeugtyps

CeramTec GmbH, Lauf

  • frühe Einbindung des Werkzeugbaus in vorgelagerte Kundenprozesse (Anfragebesprechungen mit den Endkunden, Unterstützung bei der Bauteileentwicklung und -konstruktion)
  • hoher Automatisierungsgrad in den Kerntechnologien Fräsen und Erodieren
  • Patensystem zur systematischen Wissensweitergabe

Unternehmens-Profil

Harting Applied Technologies GmbH, EspelkampHarting Team

  • Produkte: Druckgussformen, Spritzgießformen
  • Kunden: Produktionswerke der Harting Technologiegruppe
  • Maschinenpark: HSC-Fräsen, Fräsen, Schleifen, Erodieren,
  • Software: Cimatron
  • Mitarbeiter: 48 (plus 9 Auszubildende)
  • Kontakt: Harting Applied Technologies GmbH & Co. KG, D-32339 Espelkamp, Tel.: 05772/4797500, www.harting.com

CeramTec GmbH, LaufCeramtec Team

  • Produkte: Werkzeuge für keramische Press- und Ziehteile
  • Kunden: Produktion der CeramTec GmbH
  • Maschinenpark: Drehen (CNC und Zyklen), Frästechnik, HSC-Frästechnik, Ultraschallbearbeitung (Ultrasonic), Draht- und Senkerodiertechnik, taktile Koordinatenmessmaschine, optisches Messsystem, 3D-Druck
  • Software: Unigraphics NX 9
  • Mitarbeiter: 27,5 (plus 4 Auszubildende)
  • Kontakt: CeramTec GmbH, D-91207 Lauf an der Pegnitz, Tel.: 09123/770, www.ceramtec.de

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