Mehr als Rapid Prototyping

Entwicklungen im Material- und Technologiebereich werden zum einen getrieben von äußeren Entwicklungen wie Ressourcenknappheit, Energiewende und gestiegenen Anforderungen im Markt. Zum anderen entstehen in der Grundlagenforschung neue Materialien und Verfahren, die einerseits einen konkreten Bedarf decken sollen, andererseits aber auch Bedarf wecken: Speziell dann, wenn sie grundlegend neue Eigenschaften besitzen, neue Funktionen realisieren und Bestehendes verbessern.

Die generative Fertigung bietet neue Möglichkeiten für hohe Bauteilkomplexität und Individualität etwa von Integralbauteilen sowie ähnlichen Leichtbaukomponenten aus metallischen Hochleistungswerkstoffen. Maschinenhersteller DMG Mori geht mit der Lasertec 65 AM über die klassische Variante hinaus und integriert das Laserauftragsverfahren in eine 5-Achsen-Fräsmaschine.

Schnelle Hybridlösung
Bei der Hybridlösung wird ein Auftragprozess mittels Metallpulverdüse verwendet, der den Spezialisten zufolge bis zu 20-mal schneller ist als das Generieren im Pulverbett. Damit lässt sich Wirtschaftlichkeit mit der Flexibilität des generativen Verfahrens verknüpfen. DMG-Mori zufolge können so 3D-Geometrien auch mit Hinterschneidungen realisiert werden. Einsatzgebiete für diese Art von Maschine gibt es bereits. So können etwa Verschleißschichten im Werkzeug- und Formenbau aufgebracht werden.

Rapid Prototyping 2

Mit der MPA-Technologie ist ein Spritzgusswerkzeug aus 1.2344 mit innenliegendem Kühlkanal einfach herstellbar.

„Mit generativen Verfahren gelingt es, komplette Komponenten zu fertigen, die man mit konventionellen Methoden wie Fräsen oder Gießen prinzipiell nicht herstellen kann“, sagt Konrad Wissenbach vom Fraunhofer ILT. Bisher arbeiten die Forscher mit Inconel 718, einer Nickelbasis-Superlegierung, sowie mit Titanlegierungen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz etwa fertigen mit generativen Verfahren Umformwerkzeuge.

 

Das selbe Thema verfolgt Delcam mit einer robotergestützten Schleiflösung für Blisks, die zuvor per SLM neu aufgebaut wurden. „Mit der kombinierten Bearbeitung können nun beschädigte und abgenutzte Blisks wieder hergestellt werden“, erklärt Ferdinand Hoischen, Leiter Vertrieb bei Delcam. Das spart dem Anwender viel Zeit und Geld.

Auftragen und Zerspanen
Das Thema Fertigen per generativer Technologie ist auch bei Hermle bereits Realität, erläutert Udo Hipp, Marketingleiter bei Hermle: „Per Metall-Pulver-Auftragsverfahren (MPA) werden Bauteile aus Metallpulver erzeugt, die unter Produktionsbedingungen eingesetzt werden können.“

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Die Integration der Auftragseinheit in ein Hermle-5-Achs-Bearbeitungszentrum erlaubt hybride Fertigungsprozesse, bei denen Materialauftrag und Zerspanung in einer Maschine kombiniert werden. Der Materialauftrag erfolgt schichtweise immer so weit, wie die jeweiligen Bauteilkonturen zur Fräsbearbeitung zugänglich sind. Nach der Bearbeitung der Konturen folgt wieder ein Wechsel ins Auftragverfahren. So wird ein massiver Volumenkörper aus zwei oder mehr Materialien aufgebaut.

Arbeitsraum mit Frässpindel und Auftragseinheit

Mit dem Metall-Pulver-Auftragsverfahren (MPA) von Hermle können Bauteile gefertigt werden, die zerspanend nicht oder nur teilweise herzustellen sind. Die MPA-Technologie ist im 5-Achsen-Bearbeitungszentrum integriert.

Ausgangsmaterial für das Auftragsverfahren sind Metallpulver mit Korngrößen von 25 bis 75 μm. Innenliegende Geometrien und Hinterschneidungen können mit Hilfe eines wasserlöslichen Füllmaterials realisiert werden. Nach Abschluss des Fertigungsprozesses wird es aus dem Bauteil herausgewaschen.

Dabei reichen die Einsatzmöglichkeiten generativer Technologien noch deutlich weiter. Das gilt auch für die hybride Erstellung von Werkzeugen. Für Martin Geiger von Coachulting ist bei der professionellen additiven Fertigung ein Wandel zu neuen Anlagen und Geschäftsprozessen für die Produktion erkennbar. „Erste Entwicklungen zeigen als Trend, dass künftige generative Fertigungsanlagen sich mehr mit heutigen Fräszentren vergleichen lassen werden“, ist sich Geiger sicher. Mit solchen Anlagen kann ein Markt in der Produktion entstehen, der viel größer ist als der aktuelle Prototypenmarkt.

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