Kumovis-Gerät

Die einfachere Version des Kumovis-Geräts steht bereits bei ausgewählten Pilotanwendern. - (Bild: Kumovis)

Der Hochleistungskunststoff PEEK ist für viele Einsatzgebiete ein hochinteressanter Werkstoff. Allerdings ist er nicht einfach zu verarbeiten. Aufgrund seiner Eigenschaften ist er unter anderem für medizintechnische Teile wie Implantate interessant – aber eben nicht nur dort, insbesondere wenn man nicht an einen aufwendigen Spritzgießprozess gebunden ist. So lassen sich aus dem Material via additiver Fertigung beispielsweise auch Werkzeugeinsätze für die Klein- und Kleinstserienfertigung herstellen, etwa im Bereich von Prototypen oder Serienanläufen. Das Münchner Start-up Kumovis, das seine Wurzeln in der Technischen Universität München hat, entwickelt die dafür geeigneten Anlagen.

"Die Experten bei joke haben mit ihrer umfassenden Erfahrung für uns aus den verfügbaren Technologien die optimale Lösung ermittelt." Stefan Leonhardt

Stefan Leonhardt
Stefan Leonhardt, Geschäftsführer Kumovis. - (Bild: Kumovis)

"Im Jahr 2015 brauchten wir selber für unsere Versuche an der TU München eine Kleinserie an PEEK-Bauteilen und fanden keine zufriedenstellende Fertigungsmöglichkeit auf dem Markt. Deshalb haben wir begonnen, unseren eigenen PEEK-Drucker zu entwickeln", erklärt Kumovis-Geschäftsführer Stefan Leonhardt. "Unsere Anlagen arbeiten nach dem Fused-Layer-Manufacturing-Prinzip. Das heißt, ein Filament aus PEEK wird im Druckkopf in einer beheizten Düse bei 400 °C aufgeschmolzen und damit schichtweise in einem auf 200 °C aufgeheizten Bauraum aufgebaut – so verbinden sich die Schichten optimal, und es entstehen keine Spannungen. Mit unseren Anlagen lassen sich PEEK, aber auch Kunststoffe wie PPSU, Polyamide, Polycarbonat und andere verarbeiten – auch faserverstärkte Materialien." Die Schichtdicken können bis auf 100 bis 200 µm reduziert werden, die Strangbreite liegt zwischen 0,3 und 0,4 mm.

Vision einer dezentralen Reinraumfertigung

In Zusammenarbeit mit dem Partner Max Petek Reinraumtechnik haben die Hersteller das Komplettsystem "Concept clean AM" entwickelt, das die Vision einer dezentralen Reinraumfertigung in einer Anlage umsetzt:
"In wenigen Jahren werden Medizintechnikhersteller in Kliniken oder abgesetzt in der Nähe davon in Hubs unter anderem Implantate herstellen – schnell, exakt auf die Bedürfnisse der Patienten maßgeschneidert und in sehr hoher Qualität", zeichnet Leonhardt das Bild einer nahen Zukunft. "Und zwar zum Bruchteil des Preises, der für lasergesinterte Teile anfällt. Und wo Reinraumtechnik nicht notwendig ist, etwa bei Prototypen in seriennahen Materialien oder bei Werkzeugeinsätzen, lassen sich die Werkstücke schnell und preiswert erstellen." Die Anlagentechnik ist marktreif. Allerdings: "Auch aus unseren Anlagen kommen keine fertigen Werkstücke – hier ist in der Regel Nacharbeit notwendig", betont Leonhardt. "Etwa um geometriebedingte Stützstrukturen zu entfernen oder die gewünschten Oberflächenqualitäten zu erreichen."

Ultraschallmesser
Neu im joke-Programm: Mit diesem Ultraschallmesser lassen sich Stützstrukturen nahezu ohne Kraftaufwand entfernen. Das bedeutet auch ein gutes Stück mehr Arbeitssicherheit. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Um die Teile – als Referenzwerkstücke nutzten die Anlagenbauer unter anderem ein Implantat, eine Schädelplatte – von Stützstrukturen und Graten zu befreien und die Oberfläche zu bearbeiten, untersuchten Leonhardt und sein Team die unterschiedlichsten Optionen. "Vom Gleitschleifen bis zum Bedampfen mit Lösemittel haben wir ein weites Spektrum an Möglichkeiten getestet – allerdings mit sehr wechselhaftem Erfolg, die Ergebnisse hingen sehr stark von den Geometrien der Werkstücke ab und waren oft nicht prozesstabil wiederholbar", erklärt der Kumovis-Geschäftsführer. "Also befassten wir uns ernsthaft mit der manuellen Nachbearbeitung. Wir hatten zunächst Elektrowerkzeuge aus dem Baumarkt ausprobiert. Die brachten allerdings auch nicht das gewünschte Ergebnis, vor allem, da es die für viele Bearbeitungen notwendigen Aufsätze für solche Amateursysteme gar nicht gibt. Es fehlte den Geräten an Leistung, und auch die Drehzahl war bei weitem zu gering. Dazu kam, dass diese Hobbywerkzeuge der Beanspruchung nicht lang standhalten konnten."

Profil

Kumovis GmbH

Das Start-up Kumovis entwickelt einen neuen 3D-Drucker auf Basis der FFF-Technologie (Fused Filament Fabrication) für die Herstellung medizinischer Produkte. Der Drucker ermöglicht eine wirtschaftlich realisierbare Verarbeitung von medizinischen Hochleistungskunststoffen wie PEEK. Dabei berücksichtigt die Kumovis-Technologie die Anforderungen für die Produktion von Medizinprodukten. Temperaturmanagement, Prozessüberwachung sowie eine partikelfreie Umgebung sind dabei Kernelemente des Systems, das die medizinischen Standards erfüllt. Für Anwendungsfälle außerhalb der Medizintechnik oder für Applikationen, die keine Reinraumbedingungen erfüllen müssen, sind auch einfachere Anlagen möglich. Derzeit arbeiten bei Kumovis die fünf Gründer sowie zwei Vollzeitkräfte und einige Werkstudenten. Für den Aufbau des Unternehmens ist weiteres Wachstum in naher Zukunft fest eingeplant.

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