Hohe Performance ist oft nicht alles
Für die Verantwortlichen ist das ein Erfolg, denn ihnen geht es nicht in erster Linie um Performance Sondern um Prozesssicherheit

Es waren Gussrohlinge für Formteile, die die bislang verwendeten Wendeplattenwerkzeuge an ihre Grenzen brachten. „Die prozesssichere Standzeit der Werkzeuge eines renommierten Herstellers reichte bei diesem Formteil nicht für die Schruppbearbeitung eines kompletten Werkstücks aus“, erklärt Bernhard Ploner, Produktionsleiter der Kosche GmbH in Ebenthal in Kärnten. „Wir haben generell sehr viele Gusswerkstücke zu bearbeiten – das geschieht bei uns in der Regel auf einer schon etwas älteren Maho MH 800 C.“ Die Maschine ist nach wie vor präzise genug für diese Bearbeitungen und wird von ihren Bedienern wegen der soliden Technik und der guten Zugänglichkeit nach wie vor geschätzt.

Abrasive Gusshaut als Herausforderung für die Fräser
„Das Werkstück lief unter Kühlschmierstoff auf der Maschine etwas mehr als 3 h – speziell aufgrund der abrasiven Gusshaut hielten die Fräser jedoch nie über die gesamte Bearbeitung durch“, erläutert Ploner. „Da die Maho keinen automatischen Werkzeugwechsler hat, war der Bediener an der Maschine gebunden – auch, um im Fall eines Plattenbruchs Schlimmeres zu verhindern.“ Zudem war der manuelle Werkzeugwechsel in der 3D-Kontur relativ aufwändig. Bei Kosche wird sehr viel Guss in höchst unterschiedlichen Qualitäten gefräst. Die Losgrößen liegen in der Regel zwischen 1 und 50. Es sind insbesondere sehr viele Gussteile aus hochwarmfesten oder rostfreien Materialien zu bearbeiten, die vielfach in der Zerspanung nicht ganz einfach zu behandeln sind. Das liegt nicht immer nur an den Grundeigenschaften des Werkstoffs allein: Die Werkstoffstrukturen sind nicht immer homogen, und auch innerhalb eines Werkstücks kommen Qualitätsschwankungen vor. In Sachen Härte gehen die Werte der bearbeiteten Werkstoffe bis 45 HRC.

Das sagt die Redaktion

Geniale Zweckentfremdung
Das ist das Schöne an Empfehlungen – man kann sie auch komplett ignorieren. Das sollte man aber bei Werkzeugen nur dann in Erwägung ziehen, wenn man ganz genau weiß, was man tut. Im Fall der Gussbearbeitung bei Kosche gingen die Verantwortlichen zurück zu den Wurzeln und formulierten aus ihren Erfahrungswerten heraus die Anforderungen an ein geeignetes Werkzeug. Und sie wurden fündig. Auch wenn die Bearbeitung nicht wirklich das Anwendungsgebiet ist, für das ein Hochvorschubfräser konzipiert ist – er deckt die Anforderungen souverän ab. Und der Mehrpreis gegenüber ihrer bisherigen unzureichenden Werkzeuglösung war für die Lohnfertiger überraschend gering – insbesondere gemessen an dem Nutzen, den die freigewordenen Kapazitäten des Bedieners für das Unternehmen bringen, fallen sie nun wirklich nicht mehr ins Gewicht.
Richard Pergler

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Für viele Fräser das Aus: Die abrasive Gusshaut der Teile bringt die einschlägigen Werkzeuge schnell an ihre Grenzen.

Prozesssicher über die gesamte Laufzeit eines Werkstücks
Immer wieder werden bei Kosche Werkstücke einer Gussteilfamilie bearbeitet. Der Werkstoff dieser Teile ist GG 22 CrNi, ein sehr zäher und abrasiver Werkstoff. Ziel der Zerspaner war, mit einem Werkzeug wenigstens ein Teil prozesssicher bearbeiten zu können, um so über die gesamte Laufzeit des Werkstücks eine mannarme Bedienung zu ermöglichen. So sah sich der Lohnfertiger nach einer zuverlässigeren Alternative zu seinem bislang eingesetzten Werkzeug um, fand aber am Markt in den für die konventionelle Gussbearbeitung angebotenen Systemen keine befriedigende Lösung.

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Werkzeuge aus der DAH-Hochvor­schub­fräserreihe glänzen bei Kosche auch außerhalb ihres eigentlichen Einsatzgebietes.

„Für das Drehen und Einstechen hatten wir im Haus schon lange Werkzeuge von Horn, von deren Qualität wir absolut überzeugt sind. Es sind nicht die billigsten, aber sie sind ihr Geld wert “, berichtet Ploner. „So befragten wir die für uns zuständige Horn-Generalvertretung in Österreich, die Wiener Handelsgesellschaft Wedco, zu einer möglichen Lösung.“ Die Wiener Werkzeugexperten wurden schnell im Horn-Programm fündig: Das Hochvorschub-Fräsersystem DAH verfügt über relativ kleine dreischneidige Wendeschneidplatten mit einer sehr dicken Multilayer-Beschichtung, die eine hohe Stabilität mitbringen und eine gute Verschleißfestigkeit versprechen. Allerdings sind die DAH-Werkzeuge auf Hochvorschubbearbeitungen ausgelegt, bei denen Vorschubgeschwindigkeiten mit bis zu 11 000 mm/min in Stahl (in Aluminium bis 60 000 mm/min) gefahren werden – weit über der Leistungsgrenze der Maho MH 800 C. Trotzdem war man sich einig, dass das Fräsersystem auch für die Bearbeitung bei niedrigeren Vorschubwerten die geeigneten Eigenschaften aufweist. Die Wahl fiel auf einen dreischneidigen Fräser mit 25 mm Durchmesser, der die Anwender zudem mit einem sehr moderaten Preis überzeugte. Schnell waren die ersten DAH-Werkzeuge in Ebenthal, und die Zerspaner begannen mit ihren Versuchen.

Fräsen an den Grenzen der Maschine
„Ideal ist heute die Trockenbearbeitung – nicht nur wegen der Kühlschmierstoffkosten“, erklärt Ploner. „So versuchten wir zunächst, die Gusswerkstücke mit den neuen Platten trocken zu zerspanen. Hierfür verwendeten wir zunächst die Parameter, mit denen wir auch die bisherigen Werkzeuge eingesetzt hatten. Das funktionierte zwar, aber wir hatten das Gefühl, dass speziell in Sachen Standzeit bei den Wendescheidplatten mehr Potenzial vorhanden war. Das war allerdings offenbar trocken nicht abrufbar.“

Trends µ-genau

Werkzeugsystem DAH zum Hochvorschubfräsen
Die DAH-Fräser von Horn wurden zum Schruppen mit hohen Vorschüben bei niedrigen Schnitttiefen speziell für die Anforderungen im Werkzeug- und Formenbau entwickelt. Ihre Schneidplatten gewährleisten eine gute Aufteilung der Schnittkräfte, die axial wirkenden Platten leiten die Kräfte in Achsrichtung weiter und reduzieren so die Spindelbelastung. Je nach Werkstoff können bei einer maximalen Schnitttiefe von 1,2 mm Vorschübe bis 3 mm/Zahn gefahren werden. Die dreischneidigen Platten in der Hartmetallsorte SA4B zeichnen sich beim Fräsen von Stahl und Gusswerkstoffen mit einer besonders hohen Verschleißfestigkeit aus. Die DAH-Fräser sind mit Schneidkreisdurchmessern von 20, 25, 32, 40 bis 80 mm verfügbar.

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Der Werkzeugwechsel erfolgt auf der Maho-Maschine von Hand. Dank deutlich erhöhter Standmenge entlastet der DAH-Fräser den Bediener hier deutlich.

Also kehrte man zurück zur Schwallspülung. Und hatte auf Anhieb Erfolg: Die Platte schaffte jetzt zwischen 6 und 7 Werkstücke. Selbst die verschleißträchtige Gusshaut war für die neuen Wendeschneidplatten offenkundig kein Problem. Sukzessive erhöhten die Zerspaner deshalb die Parameter der Bearbeitung bis an die Leistungsgrenze der Maho-Maschine: Die Werkstücke aus der widerspenstigen Gusslegierung werden heute erfolgreich bei Spindeldrehzahlen von 2800 min-1 und einer Vorschubgeschwindigkeit von 2800 mm/min sowie Schnittiefen von 0,7 mm gefräst. Die Bearbeitungszeit reduzierte sich auf nunmehr 2,5 h, die Standmenge blieb bei 6 bis 7 Teilen pro Schneide – also bei rund 20 Werkstücken pro Wendeschneidplattensatz.

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„Angesichts dessen, dass der Bediener sich jetzt wichtigeren Aufgaben widmen kann, sind die Werkzeugmehrkosten zu vernachlässigen.“
Bernhard Ploner, Produktionsleiter bei der Kosche GmbH

Potenzial der Werkzeuge ausreizen
Dass man das Potenzial des Fräsers derzeit bei Weitem nicht ausreizt, ist für Ploner zunächst nebensächlich. Im Fokus steht für ihn ganz klar die neu gewonnene Prozesssicherheit: „Für uns ist wichtig, dass wir sicher sein können, dass die sehr stabile Schneidplatte nicht während der Bearbeitung bricht“, erklärt Ploner. „Der Verschleiß ist sehr kontinuierlich und damit auch sehr gut berechenbar. Das bedeutet, dass der Bediener die Maschine jetzt guten Gewissens allein arbeiten lassen kann und wieder Zeit hat für das, was seinen Qualifikationen besser entspricht.“ Das neu gewonnene Potenzial ist für Ploner wertvoll: „Selbst wenn die Fräser nicht so preiswert gewesen wären – angesichts dessen, dass der Bediener sich jetzt wichtigeren Aufgaben widmen kann, sind die Werkzeugmehrkosten zu vernachlässigen.“

Die Ebenthaler wollen die Bearbeitung von Gussteilen ausweiten und auch ihr Bearbeitungszentrum DMU 100 einbinden. „Damit können wir die Bearbeitung der Gussteile dann in jenem Bereich ausführen, für den das DAH-Frässystem eigentlich konzipiert ist – die DMU 100 schafft die 11 000 mm/min spielend“, erklärt Ploner. „Wir sind gespannt, was wir dann aus diesen Werkzeugen herausholen können.“

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Links: Dieses Formteil gehört zu einer Werkstückfamilie, die bei Kosche immer wieder neu zu bearbeiten ist.
Rechts: Die betagte Maho MH 800 C kann das Potenzial des Horn-Werkzeugs nicht ausreizen. Trotzdem ist der Einsatz des Fräsers auf der Maschine ein Erfolg.

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