Die neue Generation Sinumerik One. -

Mit der neuen Generation Sinumerik One ist Siemens technologisch im Digitalisierungs­zeitalter angekommen. - (Bild: Siemens)

Großkonzern trifft kleine Werkstatt – unter diesem Stern stand im Jahr 1998 das erste Treffen zwischen Siemens-Mitarbeiter Karsten Schwarz und Andreas Pfeiffer, damals noch Junior-Chef bei W. Andreas Pfeiffer Maschinen- und Apparatebau. „Unsere CNC wurde vorrangig in der Industrie eingesetzt“, erzählt Schwarz. „Aber mit den neuen Lösungen ShopMill und ShopTurn eröffnete sich ein riesiges Potenzial für den Einsatz auf Werkzeugmaschinen für Auftragsfertiger. Einer der ersten Kunden für eine Spinner-Maschine mit Sinumerik war Pfeiffer in Zirndorf aus Mittelfranken. Also bin ich dahin.“

Kein einfaches Treffen für den CNC-Spezialist. Er leitet das Digitalization Experience and Application Centre (DEX) bei Siemens in Erlangen. Pfeiffer Senior und Pfeiffer Junior hatten damals viel zu erzählen. Menschlich verstand man sich schnell, aber inhaltlich gab es viel Kritik. „Das Sinumerik Konzept und die Oberflächen waren vielversprechend“, erinnert sich Pfeiffer. „Aber funktioniert hat in der Zerspanung anfangs nicht viel. Die Maschinenhersteller waren damals mit der Integration der CNC Sinumerik in die Maschine überfordert. Unsere Mitarbeiter schimpften über den modernen Kram, der sie anfangs eher behinderte als half. Also waren wir froh, unsere Kritik bei Siemens abladen zu können“.

Trends µ-genau: CNC-Zeitreise

1960: Geburtsstunde der NC-Steuerung Sinumerik. -
1960: Geburtsstunde der NC-Steuerung Sinumerik. - (Bild: Siemens)

1960: Geburtsstunde der Siemens­ NC-Steuerungen, zunächst mit Relais­steuerung­ und analogen Absolutgebern, dann mit Transistortechnik und ab 1967 mit Bahnsteuerung.

1976: Alles wird kleiner – erste CNC mit Mikroprozes­soren. Ab 1981 auch mit PLC-Integration, mehr­kanalig und mit Zyklenunterstützung.

1997: Software wird immer wichtiger: Die Bedienoberflächen ShopMill und ShopTurn erlauben eine flexible, grafische Programmierung auf dem Shopfloor. Ab 2009 sind alle Funktionen unter der einheitlichen Bedienoberfläche Sinumerik Operate integriert.

2020: 60 Jahre später ist alles digital: Bei Sinumerik One ist der digitale Zwilling integrierter Teil der Steuerung. Entwicklungs- und Produktionsprozesse lassen sich durchgängig digital verketten und präzise simulieren.

Pfeiffer Maschinen- und Apparatebau ist über die ganze Zeit ein Pionieranwender geblieben. In der modernen Fertigung in Zirndorf stehen 25 Mitarbeiter vor Maschinen von Gildemeister, Deckel Maho/DMG Mori und Spinner. Gefertigt wird für unterschiedlichste teils sehr anspruchsvolle Branchen wie die Medizintechnik, die optische Industrie oder die Automotive-Entwicklung.

Die CNC-Steuerungen haben sich weiterentwickelt. Die Bedienung entspricht inzwischen der Denkweise der Maschinenbediener, und die Integration in die Maschinen und deren Kinematiken ist seit Jahren so, wie man es sich gewünscht hat. Längst dominieren andere Themen. Alles ist vernetzt und seit mehr als elf Jahren wird in Zirndorf mit einer durchgängigen Kette vom NX CAD/CAM bis an die Maschinen gearbeitet. Heute geht es in Gesprächen zwischen Pfeiffer und Schwarz um Siemens TeamCenter, Machine Resource Libraries (Werkzeugverwaltung), Edge Computing und Simulationen mit digitalen Zwillingen.

Die Digitalisierung bringt große Verbesserungs- und Effizienzpotenziale. -
Für Andreas Pfeiffer bringt die Digitalisierung große Verbesserungs- und Effizienzpotenziale – gerade für kleine und mittlere Fertigungen. - (Bild: Siemens)

Win-Win-Situation für Anwender und Hersteller

Beide Seiten – Hersteller wie Anwender – profitieren von dieser vertrauten Zusammenarbeit und dem direkten Draht: Siemens erhält Feedback und wertvolle Anregungen aus der Praxis und Pfeiffer sieht die Möglichkeit, die Produktentwicklung für seine Anwendungen zu beeinflussen.

Dass das Verhältnis der beiden Fachexperten und ihrer Unternehmen diese Entwicklung nehmen würde, war damals nicht selbstverständlich. „Siemens hat erst lernen müssen, neben den Maschinenherstellern auch Endanwender in den Dialog einzubeziehen“, erklärt Schwarz. „Mit der Gründung unseres Trainingscenters TAC im Jahr 2006 hat sich das grundlegend gewandelt.“ Auch hier hatte Pfeiffer großen Anteil: Im Zuge seiner Diplomarbeit führte er ein Retrofit einer Braungart Drehmaschine auf eine Sinumerik-Steuerung durch. Diese Anlage stellte er dem TAC dann als erste Trainingsmaschine zur Verfügung. Aus dem TAC ist inzwischen das DEX (Digital Experience Center) geworden und auch bei Pfeiffer geht die Digitalisierung voran.

Um Innovationen voranzutreiben, hat Pfeiffer über die Jahre seine ganz eigene Methodik entwickelt. Er erklärt: „Wir machen stetig kleine Schritte. Zum Beispiel führen wir immer alle Updates aus, weil Bediener so weniger Neuerungen erlernen müssen.“ Bei großen Projekten wie der aktuell laufenden TeamCenter-Einführung setzt das Zirndorfer Unternehmen auf kleine Gruppen von zwei bis vier Leuten. „Erst wenn alles zuverlässig funktioniert und sauber für alle Anforderungen und Anwendungsbereiche getestet und integriert ist, werden die übrigen Mitarbeiter einbezogen.

So bleiben wir als Unternehmen produktiver und entwickeln uns zugleich permanent fort“, erläutert Pfeiffer. „Mir ist es sehr wichtig, in den Gruppen dabei zu sein, weil ich es verstehen und selbst sehen möchte, was es bringt und wie sich die Prozesse im Betrieb mit der Innovation verändern.“

Profil: W. Andreas Pfeiffer Maschinen- und Apparatebau

Das Unternehmen wurde 1923 von Wilhelm Andreas Pfeiffer als Handwerksbetrieb im mittelfränkischen Zirndorf gegründet und befasst sich mit der Entwicklung und Herstellung von Vor­richt­ungen und Apparaten. Auf modernsten CNC-Maschinen und unterstützt von aktuellster EDV mit ERP- und CAD/CAM-Systemen fertigen 25 Mitarbeiter Maschinenbauteile und System­komponenten für verschiedenste Anwendungen wie Optik, Feinmechanik, Maschinenbau oder Medizin­technik.

Arbeit mit dem digitalen Zwilling

Mit Siemens TeamCenter und der Ressourcenverwaltung geht man bei Pfeiffer jetzt den Schritt, mehr als nur die Maschinen virtuell in der Arbeitsvorbereitung vorzuhalten. Mit der konsequenten Integration der Spannmittel, Werkzeuge und der Maschinen in die virtuelle Welt sind Aussagen in der Planung oder Angebote deutlich belastbarer. Die Programmierung erfolgt offline und die Bearbeitungsprozesse werden detailliert am digitalen Zwilling der Maschinen simuliert.

Für Pfeiffer bringt die Digitalisierung große Verbesserungs- und Effizienzpotenziale – gerade für kleine und mittlere Fertigungen. Der Vergleich mit den Anfängen der CNC in der Werkstatt ist naheliegend. Auch damals haben sich viele skeptisch gezeigt gegenüber der neuen Technologien, Prozesse und Begrifflichkeiten.

Für den Unternehmer aber gilt: „Ich fokussiere mich nicht auf die Risiken oder die aktuellen Schwierigkeiten. Vielmehr sehe ich die Chancen für die Unternehmen. Wir alle stehen bei der Digitalisierung erst ganz am Anfang. Was man sich fragen sollte ist: Was passt für mich, wie nutze ich das Angebot, und welche Möglichkeiten bieten sich mir? Jeder Schritt muss sich rechnen. Aber ebenso wichtig ist, welche Investitionen einen langfristig weiter und näher an die eigenen unternehmerischen Ziele bringen.“

Andreas Pfeiffer, Geschäftsführer beim Pfeiffer Maschinen- und Apparatebau. -
Andreas Pfeiffer, Geschäftsführer beim Pfeiffer Maschinen- und Apparatebau in Zirndorf, gemeinsam mit Siemens-Mitarbeiter Karsten Schwarz an seinem modernen Fünf-Achs-Fräszentrum mit der Siemens-Steuerung Sinumerik­. - (Bild: Siemens)

Für Pfeiffer geht es in der modernen Zerspanung um durchgängige Lösungen, um nahtlose Prozessketten und nicht um Insellösungen. Er betont: „Hier hat ein Partner wie Siemens schon Vorteile für Auftragsfertiger und kleinere Betriebe wie uns. Einfach, weil er für fast alle Bereiche vom CAD bis zum Span Lösungen bietet und diese integrieren muss. Damit sinken die Risiken auf meiner Seite.“

Diese Wertschätzung kann Schwarz nur erwidern: „Wenn ich die Fertigung bei Pfeiffer heute betrete, sind das schon Glücksmomente. Denn dann weiß ich, der gemeinsame Kampf hat sich gelohnt.“ Und rückblickend haben ihn beide CNC-Experten gerne geführt. Die gemeinsamen Zeiten in spannenden Innovationsprojekten, die Roadshows und Veranstaltungen oder einfach die konstruktiven Gespräche über Fortschritte bei den CNC-Technologien haben eine Verbindung geschaffen.

Große Herausforderung für Hard- und Software-Teams

Im Hinblick auf das 60-jährige Jubiläum der Siemens-Steuerung Sinumerik erklärt Pfeiffer: „Für die weitere Entwicklung wünsche ich mir von Siemens ähnlich intelligente Entscheidungen und einen vergleichbar großen Einsatz für das Produkt wie in der Vergangenheit.“ Er will, dass die Entwickler im Bereich CNC die digitale Integration weiter engagiert vorantreiben – auch weil die Branche hier in seinen Augen erst ganz am Anfang steht.

Ähnlich sieht es auch CNC-Spezialist Schwarz. Als Siemens-Mitarbeiter kennt er allerdings auch die großen Herausforderungen, die die Digitalisierung an die Hard- und Software-Teams stellt. Hier wird bei Siemens parallel in vielen Bereichen entwickelt – von der maschineninternen Lösung, über Industrial-Edge-Lösungen bis hin zu Cloud-Lösungen auf der Siemens IoT-Plattform MindSphere. Und es müssen neben neuen Funktionen für die Bearbeitungsprozesse beim Anwender auch Effizienzsteigerungen über digitalisierte Entwicklungs- und Abnahmeprozesse bei den Maschinenherstellern realisiert werden.

Schwarz: „Ich wünsche der Sinumerik daher, dass sie auch künftig die ganze Breite der Werkzeugmaschinenindustrie erfolgreich abdecken kann – Anwender und OEM, Industrie und Werkstätten, Drehen und Fräsen, einfache und komplexe Produkte, CAD/CAM-Programmierung und die schnelle Eingabe an der Maschine.“ Mit Sinumerik One sind die Voraussetzungen geschaffen. Die neue Generation präsentiert sich frisch, attraktiv und technologisch auf der Höhe der Zeit.

Quelle: Siemens AG

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