Lars Johannsen, Fraunhofer IPT, und Christoph Kelzenberg, WZL der RWTH Aachen

Verantwortlich für den Wettbewerb "Excellence in Production": Lars Johannsen, Fraunhofer IPT (links), und Christoph Kelzenberg, WZL der RWTH Aachen (rechts). (Bild: WZL, IPT)

Herr Johannsen und Herr Kelzenberg, was ist der Zweck des Wettbewerbs "Excellence in Production"?

Lars Johannsen: Als wir den Wettbewerb vor 13 Jahren ins Leben gerufen haben, war es das ursprüngliche Ziel, im gesamten deutschsprachigen Raum eine größere Sichtbarkeit der Branche Werkzeugbau herzustellen – also in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Norditalien. Inzwischen hat sich der Wettbewerb so gut in der Branche etabliert, dass niemand mehr die Bedeutung des Werkzeugbaus in der industriellen Wertschöpfungskette infrage stellt. Die Auszeichnung zum "Werkzeugbau des Jahres" ist mittlerweile ein bekannter Gradmesser für die Leistungsfähigkeit der besten Werkzeugbaubetriebe.

Christoph Kelzenberg: Nicht zuletzt erheben WZL und IPT mit dem Wettbewerb jedes Jahr einen wissenschaftlich fundierten Status quo der Branche Werkzeugbau. Damit können wir aufzeigen, wie aktuelle Trends und Entwicklungen wie Industrie 4.0, generative Fertigungsverfahren und Automatisierungskonzepte in Werkzeugbaubetrieben umgesetzt werden. Zudem helfen wir natürlich dabei, diese "Best Practices" branchenweit bekanntzumachen. Der Wettbewerb eignet sich für alle deutschsprachigen Unternehmen der Branche Werkzeug- und Formenbau.

Macht es denn auch für einen Kleinbetrieb Sinn, sich zu beteiligen?

Lars Johannsen: Natürlich sollten sich auch Kleinbetriebe beteiligen. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten und niemanden zu benachteiligen, haben wir den Wettbewerb in vier Kategorien aufgeteilt: Wir unterscheiden zwischen internen und externen Werkzeugbaubetrieben – also zwischen Werkzeugbauabteilungen innerhalb größerer Unternehmen und Werkzeugbaubetrieben, die als eigenständige Unternehmungen am Markt agieren. Des Weiteren unterscheiden wir in diesen beiden Fällen jeweils zwischen Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl kleiner und größer 50. In jeder der vier Kategorien werden die Finalisten und Kategoriesieger ermittelt. Da wir ein entsprechendes Kennzahlensystem entwickelt haben, das Unternehmensgröße und -organisation berücksichtigt, ist eine Vergleichbarkeit in jedem Fall sichergestellt.

Was kostet die Teilnahme – und was wird untersucht?
Christoph Kelzenberg: Der Fragebogen deckt alle relevanten Bereiche des Werkzeugbaus ab. Die Fragen gehen teilweise sehr ins Detail, doch nur das ermöglicht uns, eine valide Bewertung zu erstellen. Für die Unternehmen lohnt sich dies in jedem Fall: Alle erhalten einen individuellen und ausführlichen Report über ihre Leistungsfähigkeit. Wir bewerten Vision und Strategie, Organisation, Ressourcen, Prozesse, Kundenspektrum, Leistungsangebot und natürlich auch die Finanzen. Insgesamt erhalten die Teilnehmer damit mehr als 90 Kennzahlen. Neben dem eigenen Wert erhalten die Unternehmen den jeweiligen Durchschnittswert aus allen Wettbewerbsteilnehmern. Dies ermöglicht eine Einordnung der eigenen Position im Vergleich zum Wettbewerb.

Lars Johannsen: Auf unserer Webseite www.excellence-in-production.de können die Unternehmen einen Beispielreport herunterladen, um sich einen Eindruck von der Auswertung und vom Mehrwert des Wettbewerbs zu verschaffen.

"Inzwischen hat sich der Wettbewerb so gut in der Branche etabliert, dass niemand mehr die Bedeutung des Werkzeugbaus in der industriellen Wertschöpfungskette infrage stellt."

Lars Johannsen, Fraunhofer IPT, und Christoph Kelzenberg, WZL der RWTH Aachen

Wie groß ist der Aufwand für die Unternehmen?

Christoph Kelzenberg: Der Aufwand besteht primär aus dem Ausfüllen des Fragebogens. Der zeitliche Aufwand hängt stark davon ab, in welchem Maß das Unternehmen seine Daten erhebt und pflegt. Ich kann aber bestätigen, dass Unternehmen, die bereits mehrmals teilgenommen haben oder sich sogar jährlich am Wettbewerb beteiligen, ihren Aufwand erheblich reduzieren konnten.

Lars Johannsen: Viele Daten liegen ohnehin bereits im Unternehmen vor und müssen nur systematisch und strukturiert aufgenommen werden. Sie liefern für Unternehmen sinnvolle Informationen und sind kein Selbstzweck nur für den Wettbewerb.

Wie wird eine faire Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmen erreicht, wo doch jedes einzigartig ist?

Christoph Kelzenberg: Der Fragebogen orientiert sich an der generischen Prozesskette des Werkzeugbaus, die bei allen Unternehmen ähnlich ist. Außerdem werden relative Kennzahlen gebildet, die sich etwa auf Mitarbeiteranzahl oder Umsatz beziehen und so eine Vergleichbarkeit ermöglichen. Wir bewerten nahezu alle Aspekte, die das Unternehmen betreffen. Der Werkzeugbau muss in seiner Gesamtheit überzeugen, um Finalist, Kategoriesieger oder der "Werkzeugbau des Jahres" zu werden.

Lars Johannsen: Als wissenschaftliche Institute sind wir der Neutralität verpflichtet. Deshalb setzen wir auf objektive Kennzahlen. Auch unser Expertenteam aus WZL und IPT bewahrt bei den Unternehmensbesuchen eine objektive Sicht und legt entsprechende Kriterien bei der Beurteilung an. Die Finalisten, die Kategoriesieger und den Gesamtsieger benennt eine unabhängige Expertenjury aus Vertretern von Wirtschaft, Politik, Verbänden und Wissenschaft. So können wir sicherstellen, dass die Besten im Wettbewerb auch wirklich zu den Besten der Branche zählen.

Was haben die Unternehmen vom Wettbewerb?

Lars Johannsen: Die Teilnehmer erhalten einen detaillierten Report mit mehr als 90 Kennzahlen, die einen Vergleich mit dem Wettbewerbsdurchschnitt ermöglichen. Schon anhand dieser Daten lassen sich Verbesserungspotenziale erkennen.

Christoph Kelzenberg: Viele Unternehmen nutzen diese Erkenntnisse und setzen hier an, um eine langfristig verbesserte Wettbewerbssituation zu erreichen. Einige, die schon mehrmals teilgenommen haben, haben uns bestätigt, dass sie so überprüfen, ob umgesetzte Verbesserungsmaßnahmen tatsächlich zum Erfolg beitragen.

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Excellence in Production 2016

Startschuss des Wettbewerbs ist jedes Jahr traditionell im November, kurz nach dem internationalen Kolloquium "Werkzeugbau mit Zukunft" in Aachen. Anmelden können sich die Unternehmen sofort nach dem Kolloquium. Die jeweils vier besten Unternehmen jeder Kategorie werden im Juni und Juli von einem Expertenteam, bestehend aus Mitarbeitern von IPT und WZL, besucht, um die Ergebnisse zu validieren und einen Eindruck vor Ort zu erhalten. Am 2. September findet die Jurysitzung statt: In der Jurysitzung werden die erhobenen Daten aus dem Fragebogen sowie die Eindrücke aus dem Vor-Ort-Besuch von einer fachkundigen Jury, die sich aus Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Verbänden und Wissenschaft zusammensetzt, beurteilt. Die Jury legt die Finalisten, die Kategoriesieger sowie den Gesamtsieger des Wettbewerbs fest. Im traditionsreichen Krönungssaal der Stadt Aachen erfolgt dann die feierliche Preisverleihung. Die Preisverleihung findet dieses Jahr am 26. Oktober statt, wie gewohnt am Vorabend des internationalen Kolloquiums "Werkzeugbau mit Zukunft".

Was nützt den Teilnehmern ein gutes Abschneiden?

Lars Johannsen: Neben der detaillierten Auswertung, die die Unternehmen regelmäßig für eigene Zwecke nutzen oder mit uns noch einmal weiter aufarbeiten, ist ein Sieg im Wettbewerb auch ein öffentlichkeitswirksames Signal: Wir besuchen die Unternehmen im Vorfeld der Siegerehrung mit einem professionellen Filmteam, das einen kostenlosen Imagefilm für die Preisverleihung erstellt. Den Film und weiteres Werbematerial stellen wir den Finalisten im Anschluss auch für eigene Aktivitäten zur Verfügung. Viele Unternehmen setzen das Signet, das die besten Unternehmen des Wettbewerbs erhalten, oder den Film auf ihre eigene Homepage.

Christoph Kelzenberg: Allein die Preisverleihung ist schon ein öffentlichkeitswirksames Event. Im Krönungssaal der Stadt Aachen begrüßen wir regelmäßig rund 300 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien, die sich die feierliche Siegerehrung nicht entgehen lassen wollen. Dort sind vermehrt Unternehmen vertreten, die gar nicht am Wettbewerb teilgenommen haben. Die Fachpresse berichtet seit Jahren immer wieder ausführlich rund um die Veranstaltung und präsentiert auch Interviews mit Finalisten und Siegern in mehrseitigen Artikeln.

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