„Vorsprung von Anfang an“
KG, über Möglichkeiten und Strategien, sich mit Know-how und der Kenntnis über die Prozesse seiner Kunden einen Vorsprung im globalen Wettbewerb zu verschaffen

Herr Lanfermann, wie machen Sie sich für Ihre Kunden unentbehrlich?
Unsere Strategie ist, dass wir uns so früh wie möglich in die Produktentwicklung einklinken. Je früher das möglich ist, desto größer ist die Chance, hier mit unserem umfangreichen Produktionswissen die Prozesse im Sinne unserer Kunden zu gestalten. Graepel steht für qualitativ hochwertige Bauteile aus geformtem Blech für den Fahrzeug- und Maschinenbau sowie das Baugewerbe. Hier müssen in der Regel unterschiedliche Anforderungen intelligent miteinander verknüpft werden. Und wir sorgen mit unserem Wissen und Können dafür, dass die Produkte für den Kunden optimal umgesetzt werden.

Nun stellt Graepel ja sehr spezielle Produkte her …
… die zu einem Großteil aus Löchern bestehen – bis zu 70 Prozent unserer Produkte sind sogenannter „freier Querschnitt“. Das sind Produkte, bei denen eine Simulation kaum mehr eine Chance hat, da gehört in der Konzeption wie in der Bearbeitung sehr viel Erfahrung dazu. Erfahrung, die wir uns über Jahrzehnte erarbeitet haben und für die uns unsere Kunden schätzen, da sie sich darauf verlassen können, dass unsere Konzepte und Produkte die an sie gestellten Anforderungen zuverlässig erfüllen.

Was macht Sie dabei unverwechselbar?
Nun, wir bieten mit unserem Workflow unseren Kunden die gesamte Bandbreite von der Erarbeitung der Aufgabenstellung über den Werkzeugbau, die Produktion bis zur Belieferung ans Band. Alles Know-how aus einer Hand, wir haben die gesamte Prozesskette im Haus und können so auch beurteilen, wo im Ablauf Optimierungspotenzial ist. Eine wichtige Komponente hierbei ist unser eigener Werkzeugbau am Standort Löningen.

Welchen Stellenwert hat dieser Betriebsteil im Unternehmen?
Einen sehr hohen. Der Werkzeugbau ist schließlich eine der Kernkompetenzen im Unternehmen. Der interne Werkzeugbau ermö­glicht uns mit seinen Leistungen die notwendige Flexibilität. Hier ist das Kern-Know-how zu unseren Prozessen angesiedelt. Wir fertigen nahezu alle unserer Werkzeuge selbst. Und auch die Vorrichtungen entstehen im eigenen Werkzeugbau. Darüber hinaus werden die Werkzeuge hier auch instand gesetzt – speziell Lochwerkzeuge unterliegen einem hohen Verschleiß. Neben solchen operativen Optionen hat der Werkzeugbau jedoch auch strategische Bedeutung für unser Unternehmen – hier werden schließlich die entscheidenden Weichen für die spätere Produktion gestellt.

Kann sich das denn überhaupt signifikant auswirken?
Aber ja, Herr Pergler! Im Schnitt lassen sich rund 80 Prozent der möglichen Optimierungen in einem Projekt im Vorfeld der Produktion herausholen. Also insbesondere bei der produktionsgerechten Gestaltung des Produkts, bei der Konzeption und Erstellung des leistungsfähigen Werkzeugs und der Konzeption des Fertigungsprozesses. Wissen, das typischerweise im Werkzeugbau und seinem unmittelbaren Umfeld angesiedelt ist.

Wie kann solch eine Optimierung in der Praxis aussehen?
Wir arbeiten sehr viel für Hersteller von landwirtschaftlichen Maschinen. An nahezu jedem Mähdrescher findet sich ein rotierender Kühlerkorb, durch den die Luft für die Maschine angesaugt wird. Dieser Korb dreht sich unter einer Bürste, die die Löcher, durch die die Luft angesaugt wird, frei von Staub und anderem Schmutz halten soll. In der Regel bestehen diese Komponenten im Wesentlichen aus einem Blech als Deckel, einem Lochblechstreifen als Mantelblech und einer Schweißkonstruktion aus mehreren Teilen, die als sogenannter „innerer Stern“ stabil die Verbindung zum Korbantrieb herstellt, dabei aber möglichst einen ungehinderten Luftstrom ins Innere der Maschine ermöglicht. Diese Bauteile werden in der Regel per Punktschweißen miteinander verbunden. Kühlerkörbe in dieser Form werden heute von nahezu jedem Landmaschinenhersteller eingesetzt – nicht nur auf Mähdreschern.

Also eine ausgereifte und offensichtlich vielfach bewährte Konstruktion – was soll man da noch optimieren?
Auch wenn das Prinzip schon lange existiert und sich bewährt hat – da geht noch eine ganze Menge. Für den Hersteller Claas haben wir uns aus eigener Initiative heraus Gedanken gemacht, wie sich die Baugruppe optimieren lässt, und sie gemeinsam mit den Claas-Experten weiterentwickelt. Unser erster Ansatz war, das Punktschweißen aus der Produktion zu eliminieren – zum einen ist es sehr aufwändig, zum anderen entsteht dabei immer wieder Verzug aufgrund der Prozesswärme. Wir wählten daher eine Lösung, bei der zunächst Deckel und Mantelblech per Falzen miteinander verbunden wurden – so konnten wir die Kosten senken und gleichzeitig die Qualität der Baugruppe – beispielsweise in Bezug auf ihre Rundlaufgenauigkeit – deutlich erhöhen.

Interview 2#

Klingt sehr vielversprechend …
… Richtig. Das war aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Die Schweißkonstruktion des Inneren Sterns erschien uns ebenfalls nicht optimal. Auch hier entstand Hitzeverzug, zudem waren die Kosten relativ hoch. Das musste auch anders, eleganter zu lösen sein. Und weil wir unsere Kompetenz insbesondere in der Blechbearbeitung sehen, entwarfen wir ein Press-Ziehteil, das die vielen Einzelteile ersetzt. Auch hier konnten wir Kosten und Qualität optimieren, zudem lässt sich jetzt auch der Innere Stern in einem Falzvorgang fest mit der Baugruppe verbinden, was die Produktion nochmals vereinfacht.

Warum die Entwicklung zusammen mit einem Partner wie Claas?
Weil es so deutlich einfacher war, die Baugruppe intensiven Praxistests zu unterziehen und so auch ihre Tauglichkeit für den Dauereinsatz bei harten Bedingungen unter Beweis zu stellen. Claas hat unseren rotierenden Filterkorb inzwischen in einigen Typen in der Serie übernommen, und weitere Hersteller haben bereits Interesse signalisiert.

Was können Werkzeug- und Formenbauer daraus lernen?
Wer aus der Preisspirale aussteigen will, muss etwas Einzigartiges bieten können. Und das ist eben mehr als eine akkurat gefertige Kontur in Stahl und Eisen. Die Produkte der Werkzeug- und Formenbauer – egal ob intern oder extern – sind in den Produktionsprozessen ihrer Kunden in der Regel entscheidend. Hier sind die Stellrädchen, mit denen über eine mehr oder weniger optimale Produktion entschieden wird.

Wo sind die relevanten Ansatzpunkte?
Die Werkzeugbauer verfügen in der Regel über viel Wissen bezüglich der Prozessketten ihrer Kunden. Umso wichtiger ist, dass dieses Know-how von Anfang an genutzt wird. Und das bedeutet, dass sich die Werkzeugbauer mit ihrem Wissen um die gesamte Prozesskette sehr aktiv bereits in einer frühen Phase der Produktentstehung mit einbringen, um so die Weichen für eine qualitativ hochwertige wie kostengünstige Produktion zu stellen. Wer sich hier als innovativer, verlässlicher Partner präsentieren kann, hat bessere Chancen, nicht mehr nur über den Preis argumentieren zu müssen.

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