Gibt es weiteres Verbesserungspotenzial?

Georg Paulus: Auf dem letzten Ranglistenplatz innerhalb der Bewertung liegt, wie bei nahezu allen bisher befragten Unternehmen, der Faktor Stress am Arbeitsplatz. Zu einem erhöhten Stresslevel tragen auch die weiteren Punkte bei, die auf den hinteren Rängen in dieser Befragung liegen, etwa innerbetrieblicher Kommunikationsfluss und "Ich weiß, was mein Chef von mir erwartet".

Herr Becker, hat Sie das überrascht?

Markus Becker: Dass wir in puncto Stress am schlechtesten abschneiden hat mich nicht überrascht. Im Gegenteil, ich hätte den Stresslevel noch deutlich höher eingeschätzt. Bei uns muss jeder Mitarbeiter prozessübergreifend mehrere Stationen bedienen. Die typischen Einzelarbeitsplätze von früher gibt es nicht mehr. Jeder muss rotieren und alles können, das bedeutet Stress.

Herr Paulus, ist das Konzept der Mehrmaschinenbedienung auch in anderen Betrieben üblich?

Georg Paulus: Bei Weitem nicht. Natürlich ist es üblich, dass ein Mitarbeiter mehrere Maschinen bedient, aber eben für einen Bereich – Fräsen zum Beispiel. Dieser Mitarbeiter hat dann aber meistens keine Ahnung vom Programmieren. Bei JBW ist jeder Angestellte flexibel einsetzbar. Das ist sensationell und für mich ganz klar Hauptgrund dafür, dass die Zusammenarbeit im gesamten Betrieb sehr gut funktioniert. Hier hat jeder Mitarbeiter das Verständnis für den anderen, weil er sich in dessen Lage hinein versetzen kann. Das ist ein immenser Vorteil.

Sie haben sich bei allen Fragen ungewöhnlich realistisch eingeschätzt. Wie erklären Sie sich das?

Markus Becker: Ich bin sehr nah dran am Tagesgeschehen. Ich bin der Erste, der morgens anfängt, und der Letzte, der abends den Betrieb verlässt. In regelmäßigen Rundgängen durch die Fertigung nehme ich mir die Zeit, um mit den Mitarbeitern zu reden und mich über die aktuelle Sachlage zu informieren. Aus diesem Grund war die Einschätzung aus meiner Sicht relativ einfach. Ich bin davon ausgegangen, dass mein Team überwiegend glücklich und zufrieden hier ist.

Mit dem Ergebnis der Mitarbeiterbefragung haben sie ein sehr aussagekräftiges Bild des Ist-Zustands bezüglich der Mitarbeiterzufriedenheit, der internen Zusammenarbeit und des Betriebsklimas erhalten. Wie nutzen Sie die Erkenntnisse?

Markus Becker: Die nächste Aufgabe wird sein, gemeinsam mit allen Mitarbeitern herauszufinden, wie und in welchen Bereichen Verbesserungen erzielt werden können. Gerade in Sachen Stress zum Beispiel habe ich aktuell noch keinen Ansatz. Deshalb bin ich umso mehr auf die Ideen meines Teams gespannt. Ansonsten, denke ich, sind wir auf einen sehr guten Weg. Für uns geht es jetzt ans nötige "Feintuning".

Echte "Traumfirmen" sind selten. Herr Paulus, welche Vorteile bringt eine solche Ehrung in Ihren Augen für die Betriebe mit sich?

Georg Paulus: Gerade bezüglich des Facharbeitermangels bietet der Traumfirma-Award für Unternehmen die ideale Vermarktungsmöglichkeit. Führungskräfte können sich immer dann auf ihre Mitarbeiter verlassen, wenn sie wirklich glücklich und zufrieden mit ihrer Arbeitssituation sind. Zufriedene Arbeitnehmer sind auch für Überstunden bereit und immer dann zur Stelle, wenn man sie braucht. Für mich ist Markus Becker einer der wenigen, die in ihren Mitarbeitern nicht den üblichen Kostenfaktor sehen, sondern einzig den Wertfaktor. Und genau um solche Denkweisen zu honorieren, habe ich den Award ins Leben gerufen. nh

Sie möchten gerne weiterlesen?