Einzelne Werkzeugkomponenten: Für die Verpackungen liegen die Spaltmaße je 
nach Foliendicke zwischen 3 und 12 µm – 
bei Toleranzen von ± 1,5 µm.

Einzelne Werkzeugkomponenten: Für die Verpackungen liegen die Spaltmaße je
nach Foliendicke zwischen 3 und 12 µm –
bei Toleranzen von ± 1,5 µm.

Neben Stanzwerkzeugen aller Art sind insbesondere die Thermoform-Werkzeuge eine Spezialität der Werkzeugbauer bei Marbach in Heilbronn. „Von Kaffeetassen über Fleischschalen bis hin zu Joghurtbechern und zur Margarineverpackung reicht das Spektrum, für das wir unsere Thermoform-Werkzeuge bauen“, erklärt Lars Schwarzmannseder, Leiter Produktion im Werkzeugbau bei Marbach. „Als unabhängige Werkzeugbauer sind wir in der Lage, Werkzeuge für nahezu jede Thermoforming-Maschine bauen zu können.“

Thermoformwerkzeuge bestehen im einfachsten Fall aus Stempel und Matrize, zwischen denen eine Folie läuft, die zunächst erwärmt, dann in Form geblasen und anschließend abgekühlt wird und dabei in der neuen Form erstarrt. In kombinierten Werkzeugen werden die Verpackungen im Anschluss gleich ausgestanzt, ansonsten erfolgt das Trennen in einer zweiten Station in einem Stanzwerkzeug. „Dabei ist höchste Präzision unsere Stärke“, erklärt Schwarzmannseder. „Die Schnittspalte liegen, je nach Stärke der Folie, zwischen 3 und 12 µm – und das bei Toleranzen von gerade einmal ± 1,5 µm.“ In diesem Toleranzfeld liegen auch die Formgenauigkeiten in den Konturen. „Deswegen verlassen wir uns nicht auf die Führungen der Maschinen – wir statten unsere Werkzeuge mit eigenen Führungen aus“, betont der Produktionsleiter. „Nicht zuletzt deshalb sehen wir uns in diesem Bereich auch als Marktführer.“

Das sagt die Redaktion

Gelebte Partnerschaft

Immer wieder ist einer der ausschlaggebenden Entscheidungsgründe für eine Investition, dass sich die Anwender von ihrem Partner „ernst genommen“ fühlen. Im Umkehrschluss heißt das jedoch, dass Hersteller zahlreiche Chancen verpassen, weil sie auf Anforderungen ihrer potenziellen Kunden nicht eingehen wollen oder können. Man hat manchmal den Eindruck, dass einige Hersteller hier wichtige Entwicklungen verschlafen. Umso erfreulicher, dass es positive Beispiele gibt wie das Röders-Team, das mit den Zerspanern bei Marbach eine Lösung erarbeitet, die die Bedürfnisse der Werkzeugbauer nachhaltig abdeckt. Das kostet Zeit und setzt echtes Interesse am Partner voraus. Eine gelebte nachhaltige Partnerschaft zwischen Maschinenhersteller und Anwender – das ist inzwischen vielerorts das Erfolgsmodell.
Richard Pergler

Kleinste Toleranzen gefordert

Werkzeuge werden in der Regel bis zur Größe von 1200 x 800 mm gebaut, das Gewicht liegt im Standard bei bis zu 2 t. Die Möglichkeiten indes reichen bis zum 160-fach-Werkzeug mit 9 t. „Auch bei diesem größten von uns gebauten

HSC Spindel Marbach

Die HSC-Spindel dreht bis 36 000 min-1. Für dünne Wandungen und die zahlreichen Bohrungen ist man damit gut gerüstet. Das große Bild zeigt den Messvorgang auf der in die Zelle integrierten Zeiss-Contura-Messmaschine.

Werkzeug galt eine maximale Toleranz von ± 1,5 µm über die Diagonale“, versichert Schwarzmannseder. „Und das haben wir eingehalten.“ Ein Großteil der Aktivteile – rund 70 Prozent – wird aus hochfesten, korrosionsbeständigen Aluminiumwerkstoffen gefertigt. Bei den übrigen 30 Prozent sind durchaus aber auch hochfeste Stähle jenseits von 58 HRC zu bearbeiten. Die Zerspanungsexperten setzen hier auf HSC-Strategien. „Wir haben teilweise sehr komplexe Formen mit zahlreichen Verrippungen, die Maschinen mit hochdynamischen Steuerungen und Antrieben erfordern“, erklärt Schwarzmannseder. „Im Thermoformprozess kommt der Entlüftung eine große Bedeutung zu – die Luft muss schließlich kontrolliert entweichen können. Dafür bringen wir zahlreiche tiefe Bohrungen in kleinsten Durchmessern in die Formteile ein.“ Die Durchmesser liegen in der Regel zwischen 0,3 und 0,4 mm. „Größer dürfen die Öffnungen nicht sein, sonst ist das später auf dem Material zu sehen“, erläutert der Zerspanungsfachmann. „Bei derart kleinen Bohrwerkzeugen sind hohe Drehzahlen ein großer Vorteil.“

 

Hoher Anspruch an die Oberfläche

Paletten Marbach

Das Regalsystem bietet 15 Plätze für Erowa-UPC-Paletten. Damit lässt sich die Röders auch übers Wochenende auslasten.
Bilder: werkzeug&formenbau

Den Einstieg ins 5-Achs-Fräsen hatte man vor 12 Jahren vollzogen. Programmiert wird mit TopSolid. Die Anforderungen an die Oberflächenqualität sind sehr hoch. „Wir hatten uns nach einer HSC-Maschine umgesehen, um den Anteil an teuerer manueller Nacharbeit weiter reduzieren zu können“, erklärt Schwarzmannseder. „Wir hatten mit unterschiedlichen Maschinen verschiedener Hersteller Versuche gefahren und sind letztlich bei Röders gelandet.“

Um die Maschine möglichst gut auszulasten, wollten die Thermoform-Experten eine komplett automatisierte Lösung – möglichst schlüsselfertig. „Wir wollten nicht die schnellste Automatisierung, sondern eine, die prozesssicher ihre Aufgaben zu einem wirtschaftlichen Preis erfüllt“, bekennt Schwarzmannseder. Heute steht eine Röders RXP 800 DCH an einem Röders-RCM-Linearhandling, das neben 15 Regalplätzen für Erowa-UPC-Paletten in den Maßen 320 x 320 mm auch eine Zeiss-Contura-G2-Messmaschine einbindet. Gesteuert wird diese Fertigungszelle vom Röders-Jobmanager RMS6, der speziell für die Bedürfnisse des Werkzeug- und Formenbaus entwickelt wurde. Für die große Teilevielfalt steht im System ein Werkzeugmagazin mit 210 HSK-50-Werkzeugplätzen zur Verfügung. Die Werkzeuge werden durch eine extra installierte Klappe direkt und haupteitparallel ins interne Magazin der Röders eingewechselt. Der Handling-Roboter, der mit wechselbarem Greifer sowohl Werkzeuge als auch die Werkstücke transportiert, bewegt Lasten bis 150 kg.

 

Bereits im Vorfeld die notwendigen Weichen stellen

Automatisierung erfordert, dass man seine Prozesse auf den Prüfstand stellt und entsprechend Konsequenzen zieht. „Auch wir sind erst durch eine Lernphase gegangen, bis wir den Standardisierungsgedanken verinnerlicht hatten und unsere

Marbach Werkzeuge

Bis zu 210 HSK-50-Werkzeuge finden im Regalsystem Platz. Sie werden per Roboter durch die eigens installierte Klappe in die Maschine gewechselt.

Ideen umsetzen konnten“, verrät Schwarzmannseder. „Es ist wichtig, dass man sich bereits im Vorfeld Gedanken macht, wie die Prozesse künftig aussehen sollen. Aber auch, welches Teilespektrum mit welchen Eigenschaften künftig auf die Maschine soll – und was eben nicht.“ Hier konnten die Werkzeug- und Formenbauer auf das Know-how ihrer Partner bei Röders zurückgreifen, die die Anlage schlüsselfertig umgesetzt hatten. „Wir hatten immer das Gefühl, dass wir bei Röders ernst genommen werden“, bestätigt Schwarzmannseder. „Es ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe.“

Die Spindel dreht bis 36 000 min-1 und leistet bis zu 17 kW. In den Linearachsen sorgen Linearantriebe für hochdynamische Bearbeitung. Die Werkzeugschnittstelle fasst Werkzeuge bis 20 mm Durchmesser. Mit einer inneren Kühlmittelzufuhr bis 40 bar sowie der Möglichkeit zum Einsatz von Blasluft oder Schwallspülung lassen sich vielfältigste Bearbeitungen abdecken.

 

Trends µ-genau

Mehr als nur Hardware

Wer an eine Automatisierung denkt, sollte bei den bestehenden Prozessen beginnen und alles auf den Prüfstand stellen. Wichtig ist, zu lklären, wo sich Abläufe, Prozesse und Produkte sinnvoll standardisieren lassen. Zusammen mit einem erfahrenen Partner sollten insbesondere auch jene Prozesse beleuchtet werden, die der Automatisierung vor- und nachgelagert sind. Darüber hinaus ist es für den Erfolg einer Automatisierung essenziell, die betroffenen Mitarbeiter einzubinden – möglichst von Anfang an. Damit lassen sich vorhandene Potenziale und Ideen in eine neue Lösung integrieren. Und vor allem schafft die frühe Einbindung die notwendige Akzeptanz.

Manuelle Schritte reduziert

Lars Schwarzmannseder, Marbach

„Wir haben immer das Gefühl, dass wir mit unseren Anliegen bei Röders ernst genommen werden. Es
ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe.“
Lars Schwarzmannseder,
Leiter Produktion

Mit der neuen Anlage konnten die manuellen Bearbeitungsschritte um 70 Prozent reduziert werden, die Teile kommen sehr genau und mit hoher Obeflächengüte von der Maschine. Dazu trägt auch die Röders-eigene Steuerung RMS6 bei, die mit intelligenten Glättungsstrategien und CAM-Routinen die Übergänge von einem Werkzeug aufs nächste fließend gestaltet und so Oberflächenfehler wirksam vermeidet.

Mit rund 97 Prozent Gesamtverfügbarkeit hat sich für die Röders-Anlage ein sehr guter Wert eingepegelt. Der Anteil der mannlosen Zeiten ist hoch. „Für uns steht Prozesssicherheit an erster Stelle“, versichert Schwarzmannseder. „Deshalb muss das Gesamtsystem stimmen. Eine Bohrerbruch- und Werkzeug­erkennung ist deshalb ebenso selbstverständlich wie die vorherige Prüfung der Programme auf Kollisionsfreiheit.“

Drei Jahre ist die Anlage in Betrieb. Die Maschine ruht mit ihren 17 t auf nur drei Füßen. Obwohl die Halle nicht klimatisiert ist, lassen sich die Toleranzen einhalten. „Die Kühlung der Röders-Maschine steckt Tempereaturschwankungen bis 15 K zuverlässig weg, zudem justiert sie sich über Kalibrierjobs selbständig nach“, erklärt Schwarzmannseder. „Das haben wir so nur bei Röders gefunden. Wir sind unserem Ziel, die Maschine mit drei Schichten rund um die Uhr laufen lassen zu können, schon sehr nahe.“

Kontakt:

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