Automatisch zum Bohrprogramm: Kunrath setzt bei der Plattenbearbeitung die Feature-Erkennung des Moduls Visi Compass Technologie Drilling ein (A). Simulationsansicht eines 5-achsigen NC-Programms mit Visi Machining (B).

Automatisch zum Bohrprogramm: Kunrath setzt bei der Plattenbearbeitung die Feature-Erkennung des Moduls Visi Compass Technologie Drilling ein (A). Simulationsansicht eines 5-achsigen NC-Programms mit Visi Machining (B).

Die Forderung nach immer kürzeren Projektlaufzeiten hält weiter an. „Wir benötigen aktuell noch 16 bis 22 Wochen Durchlaufzeit von der Angebotsphase bis zur Abmusterung des fertigen Werkzeugs – früher war das mal ein halbes Jahr,“ berichtet Kunrath-Geschäftsführer Günter Görgen. Die Saarländer begegnen dieser Herausforderung mit kontinuierlichen Investitionen in die Ausbildung der Mitarbeiter und in neue Technik. Etwa in die komplett durchgängige CAD- und CAM-Struktur, die bei Kunrath den gesamten Workflow abdeckt von der Angebotsphase über Kalkulation und Konstruktion bis zu den NC-Programmen für die Fräs- und Erodiermaschinen. Das übernimmt das Softwarepaket Visi des britischen Herstellers Vero Software.

Im CAM-Bereich kommt Visi bereits seit 1997 zum Einsatz. Damals hatte Kunrath nach einer leistungsfähigen und möglichst leicht bedienbaren 3D-Programmiersoftware gesucht, um schnell und fehlerfrei überzeugende Fräsergebnisse zu erzielen. Wenige Jahre nach der Einführung im CAM-Bereich sollte auch der Konstruktionsbereich von Kunrath komplett auf 3D umgestellt werden. Die Saarländer suchten nach einem CAD-System, das nicht nur leicht bedienbar sein sollte, sondern auch über spezielle Funktionen für den Werkzeugbau verfügt. Von den Mitarbeitern an den CAM-Arbeitsplätzen kam der Tipp, das 3D-CAD von Visi einmal näher anzuschauen. So kam Kunrath 2001 auch im Konstruktionsbereich zu Visi.

Trends µ-genau

Fünf Achsen statt drei

Seit vergangenem Jahr fräst Kunrath übrigens mit einer neuen Hermle-Maschine fünfachsig simultan sowie mit angestellter Achse. Der Umstieg ist viel besser als gedacht verlaufen, auch weil Visi die Möglichkeit bietet, mit bereits vorhandenen 3-Achs-Programmen fünfachsig zu fräsen. Das hat viele Vorteile gebracht, gerade bei Trichterwerkzeugen, die viele Hinterschnitte haben.

Im 3D-Bereich ist sowohl bei CAD als auch CAM grundsätzlich Visi Modelling die Basis, die von Modulen aufgabenspezifisch ergänzt wird. An den fünf Arbeitsplätzen der Konstrukteure ist dies das Schnitt- und Stanzwerkzeug-Modul Visi Progress (Abwicklung, Streifenlayout, Werkzeugaufbau), die Bauteilbibliothek und je eine Lizenz von Visi Blank (Zuschnittsberechnung) und Advanced Modelling (zielorientierte Verformung). An drei weiteren Plätzen im Konstruktionsbüro ist Visi-CAM installiert – hier werden NC-Programme zum Fräsen, Bohren (Visi Machining, Compass Technologie Drilling) und zum Drahterodieren (Visi Wire) generiert.

Automatische Feature-Erkennung

Bei der 2,5D-Bearbeitung der Platten entstehen die NC-Programme jetzt zum Teil automatisch. Seit die Spezialisten hier die automatische Featureerkennung von Visi Compass einsetzen, benötigen sie beim Programmieren von Bohrlöchern

Kunrath Werkstueck

Von der Werkzeugkonstruktion bis zur Ausprobe: Teststreifen von im Folgeverbund aus Edelstahl tiefgezogenen Trichterteilen, die in einem Schalldämpfer verbaut werden.

und Gewinden nur noch einen Bruchteil der Zeit. Features sind Regelgeometrien wie Bohrungen, aber auch Rundungen, Kanten oder Frästaschen. Diese Features werden von Visi Compass Technologie erkannt, interpretiert und auf Basis der in einer Datenbank hinterlegten Fertigungsdaten automatisch in NC-Sätze umgesetzt.

Damit dies funktioniert, muss allerdings etwas Vorarbeit geleistet werden. Etwa das Erstellen von Regeln, die Compass mit den jeweils erkannten Features verknüpft – was eine Standardisierung der Abläufe erfordert. Trotz aktiver Unterstützung seitens Men at Work mussten die geplanten Ziele etwas korrigiert werden: Die Saarländer fingen hoch motiviert an, um dann schnell festzustellen, dass die Anzahl der Werkzeugmagazinplätze der Maschinen nicht ausreicht, um Compass voll ausnutzen zu können.

Durchgängiger Einsatz

Bei Kunrath kommt Visi bereits in der Anfragephase zum Einsatz. Über das Streifenlayout und einen vorläufigen Methodenplan kann innerhalb weniger Tage ein exakt durchkalkuliertes Angebot abgegeben werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Modul Visi Blank. „Mit diesem Tool wird das vom Kunden angelieferte 3D-Modell per Finite Elemente Methode (FEM) virtuell flach gedrückt. So erhält man mit wenigen Mausklicks die benötigte 2D-Platine in der gewünschten Blechdicke, aus der sich der Materialbedarf des Teils ergibt“, beschreibt Görgen. „Mit der ‚abgewickelten‘ Platine wird mit Visi Progress dann das Streifenlayout erzeugt sowie Anordnung und Anzahl der Umformstufen definiert. So kommen wir sehr schnell zum vorläufigen Methodenplan, einschließlich der benötigten Presskraft.“

Profil

Berthold Kunrath GmbH

Zu den Kunden des 1980 gegründeten Familienunternehmens gehören vorwiegend die großen Zulieferer aus dem Bereich Abgastechnik, die mit hochwertigen Werkzeugen ausgerüstet werden. Zudem produziert Kunrath komplexe Blechteile, vorwiegend aus Edelstahl, die zum Beispiel in Schalldämpfern und Katalysatoren verbaut werden. Der Werkzeugbau bei der Berthold Kunrath GmbH konstruiert und fertigt pro Jahr mit 55 Mitarbeitern – davon 10 Auszubildenden – zwischen 60 und 80 komplexe Werkzeuge in Platten- oder Gussbauweise für die Blechumformung. Hierzu zählen modular aufgebaute Werkzeuge in Folgeverbundtechnik bis 3,6 m Länge, Transfer- und Handeinlegewerkzeuge sowie Hilfsziehwerkzeuge für Prototypen und Kleinserien.

Guenter Goergen, Kunrath

„Mit Visi kommen wir sehr schnell zum vor-
läufigen Methodenplan, der bei uns Basis für ein exakt durchkalkuliertes Angebot ist.“
Kunrath-Geschäftsführer Günter Görgen

Nach der Auftragsvergabe startet die eigentliche 3D-Konstruktion. Hier macht sich positiv bemerkbar, dass Visi Modelling ein Hybrid-Modellierer ist mit der Fähigkeit, den Parasolid-Kern zur Volumenmodellierung mit der Flächenmodellierung zu kombinieren. Das ermöglicht ein weit schnelleres und flexibleres Arbeiten. Inzwischen werden alle Umformstufen simuliert – so ist sofort zu sehen, ob sie funktionsfähig sind und die Blechdicke überall in der Toleranz liegt.

„Visi ist im Werkzeugbereich extrem produktiv. Wenn wir heute dieselben Aufgaben mit einem komplexen CAD-System machen würden, müssten wir in der Werkzeugkonstruktion 50 Prozent mehr Mitarbeiter einstellen“, fasst Görgen zusammen. „Zumal wir zahlreiche Mitarbeiter haben, die aus dem Werkzeugbau kommen und täglich mit dem einfach zu bedienenden System arbeiten. Wir sind jedenfalls von der Entscheidung für Visi auch heute noch überzeugt, nicht zuletzt, weil wir mit Men at Work einen Ansprechpartner haben, der unsere Mitarbeiter hervorragend in Sachen Visi fit macht und uns zudem im Tagesgeschäft immer wieder unter die Arme greift, wenn es irgendwo klemmt.“

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