Closeup of a young woman holding ice to her neck with a black background.

Die bekanntesten Produkte mit Komponenten der Kunststofftechnik Hans Rethwisch GmbH hat wohl jeder bereits in Händen gehalten: Zapfpistolen sorgen mit einem ausgeklügelten Innenleben dafür, dass der Tankvorgang exakt und sicher ablaufen kann. Ansonsten ist die Produktpalette der Kunststoffspezialisten aus Hamburg sehr breit, nahezu alle Branchen außer Automotive zählen zu den Kunden des im Norden auch als „Problemlöser für schwierige Fälle“, speziell für Teile aus nicht leicht zu verarbeitenden Kunststoffen bekannten Unternehmens.

Der interne Werkzeugbau bei Rethwisch deckt dabei mit insgesamt zehn Mitarbeitern rund 75 Prozent der benötigten Werkzeuge mit Eigenfertigung ab. „Wir konstruieren und fertigen rund 52 Werkzeuge bis zu einer Größe von 496 x 496 mm pro Jahr – eines pro Woche“, erklärt Werkzeugbauleiter Jens Heinze. „Den Rest kaufen wir je nach vorhandener Kapazität zu.“

Das sagt die Redaktion

Gepflegtes Vertrauen
Die Herausforderung, vor der die Hamburger Werkzeugbauer standen, optimal zu lösen – das war deutlich einfacher mit dem Know-how der Anwendungstechniker aus Lüdenscheid. Zwar kannte man das Prinzip der Wärmeleitpatronen. Aber auch in Fachkreisen gibt es dazu die unterschiedlichsten Meinungen. Deshalb ist es von Vorteil, das Know-how eines Partners mit einzubinden, der die unterschiedlichsten Optionen im Bereich Wärmeableitung aus seinem Portfolio anbieten kann und der mit seinem Know-how die für den jeweiligen Anwendungsfall beste abruft. Das setzt viel Vertrauen voraus, das in einer langjährigen Anwender-Lieferantenbeziehung reifen muss. Im Fall von Rethwisch und Hasco gibt es diese Partnerschaft schon mehr als 20 Jahre. Und sie wird sehr intensiv gepflegt.
Richard Pergler

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In den Sockeln der Kerne befindet sich die Wasserkühlung, die die Wärme von der Wärmeleitpatrone abführt.

Als die DMG Chemisch-Pharmazeutische Fabrik GmbH aus Hamburg für ihr neues System „Icon“ zur frühzeitigen Behandlung von Karies einen Partner suchte, der Spritzenkörper mit hohen Anforderungen für die jeweils drei Einwegspritzen des Systems fertigen kann, fiel die Wahl schnell auf Rethwisch. „Im Behandlungsset müssen jeweils zwei Spritzenkörper hoch transparent sein, der dritte, der eine lichtempfindliche Substanz aufnimmt, ist schwarz“, erklärt Heinze. Das stellt hohe Anforderungen an den Farbwechsel in der Produktion. Zudem müssen die Spritzen säureresistent und sterilisierbar sein und eine hohe Temperaturbeständigkeit aufweisen.“

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Anspruchsvolles Werkstück: Der Spritzenkörper verlangt nach exzellenten Oberflächen und präzisen Maßen.

Schwieriger Kunststoff
Die Wahl beim Material fiel deshalb auf den Kunststoff Topas, der allerdings hohe Anforderungen an die Verarbeitung stellt und ein sehr eng toleriertes Bearbeitungsfenster fordert. „Unser Ziel war eine Temperatur von 110 °C an der Oberfläche des Werkzeugs“, erklärt Heinze. „Wir realisierten die Anwendung in einem 16-fach-Werkzeug mit Heißkanal und seitlicher Direktanspritzung.“

Komplex wurde das Werkzeug nicht zuletzt aufgrund einiger Details der Spritzenkörper, an die hohe optische wie funktionale Ansprüche gestellt werden. Ein spezieller Konus an der Spitze des Spritzenkörpers etwa verlangt einen Hinterschnitt – das bedeutet beim nicht zwangsentformbaren Kunststoff Topas eine ausgeklügelte Schiebermechanik unter anderem mit zwei Unterflurschiebern, die zum Entformen frei gefahren werden müssen. Eine weitere Herausforderung war die absolute dimensionale Gleichmäßigkeit der inneren Wandung, um dem Dentalspezialisten bei der Behandlung eine exakte und leichte Dosierung zu ermöglichen. Und zu guter Letzt sollte natürlich auch eine wirtschaft­liche Zykluszeit erreicht werden.

Kühlung bis in die Spitzen
Dabei wurde der Formkern im Inneren des Spritzenkörpers zur Herausforderung. Denn einerseits wollten die Werkzeugbauer aus Qualitätsgründen bis in die Spitze hinein kühlen, andererseits kann jedoch bei einer Länge von 58 mm und einem Innendurchmesser von gerade einmal 4 mm zum schnellen Herunterkühlen der Schmelze keine Wasserkühlung mehr verwendet werden: „Dafür ist bei diesem Durchmesser schlicht kein Platz mehr“, erklärt Heinze. „Wir mussten also eine andere Lösung suchen, um hohe Qualität und schnelle Entformbarkeit miteinander verbinden zu können.“

Trends µ-genau

Wärmeleitpatrone
Wärmeleitpatronen sind in sich geschlossene Systeme, in denen die Verdunstung von Flüssigkeiten an der „heißen“ Seite der Patrone und die Kondensation des dabei entstandenen gasförmigen Mediums an der gekühlten Seite dazu genutzt wird, Wärme zu transportieren. Im Fall der Hasco-Wärmeleitpatrone Z 975 wird als Medium Wasser verwendet, das unter Unterdruck in einem zylindrischen Kupferkörper eingeschlossen ist. Die Wärmeleitpatrone bietet sich dann als Lösung an, wenn Bereiche gekühlt werden sollen, in die keine Wasserkühlung sinnvoll eingebracht werden kann: Hier kann die Wärmeleitpatrone genutzt werden, um Wärmeenergie aus der Werkzeugwand in einen Kühlkanal abzuleiten.

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Die Wärmeleitpatrone sorgt dafür, dass der schmale zylindrische Kern der Form gekühlt wird.

Die Verwendung von Komponenten aus Metallen, die Wärme besser ableiten als Werkzeugstahl, etwa die klassischen Kupfer-Wärmeleitelemente, versprachen hier keine befriedigende Lösung – die Abkühlung auf eine sichere Entformungstemperatur hätte trotzdem schlicht zu lang gedauert.

Hier war es von Vorteil, dass sich die Formenbauer auf das Know-how ihres langjährigen Normalienpartners Hasco verlassen können. Auf Anraten des Hasco-Anwendungstechnikers prüfte Heinze die Verwendung einer Wärmeleitpatrone. „Das diesen Patronen zugrunde liegende Funktionsprinzip war uns bekannt – hier führt ein Kühlmittel im Inneren eines stabförmigen Zylinders die Wärme ab“, erläutert er das Konzept. „Früher waren diese Patronen mit FCKW gefüllt – das war in mehrerlei Hinsicht nicht unproblematisch.“

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Jens Heinze, Leiter Werkzeugbau bei Rethwisch: „Mit dieser Lösung konnten wir eine Zykluszeit von 24 s auf unserer 65-t-Maschine realisieren.“

Anders die Wärmeleitpatronen von Hasco – hier übernimmt ein Wassertropfen, der unter Unterdruck im Hohlraum eines Kupferzylinders eingeschlossen ist, den Wärmetransport. „Das funktioniert schon ab 50 °C“, erklärt Heinze. „Aufgrund des geringen Drucks siedet das Wasser schon bei sehr niedrigen Temperaturen und führt in gasförmigem Zustand die Wärme sehr schnell ab.“

Deutlich besserer Wirkungsgrad
Die Hasco-Wärmeleitpatrone Z 975 ist ab einem Durchmesser von 2 mm erhältlich in Längen bis zu 100 mm. „Das war genau die passende Lösung für uns“, betont Heinze. „Je nach Durchmesser und Länge – die Patronen gibt es ab Katalog bis Durchmesser 10 mm und Längen von 250 mm – hat die Z 975 zwischen 65 und 3500 W Übertragungsleistung – bei reinem Kupfer sind es gerade einmal zwischen 10 und 112 W. Mit der Heizpatrone ist der Wirkungsgrad um einen Faktor von sechs bis mehr als 30 besser als mit reinem Kupfer.“

Die Wärmeleitpatrone ist werkzeugseitig an den Wasserkreislauf angebunden, so dass die aus dem Kern abgeführte Wärme direkt abgegeben werden kann. „So konnten wir eine Zykluszeit von gerade einmal 24 s auf unserer 65-t-Maschine realisieren“, zieht Heinze Bilanz. „Das Werkzeug ist immer wieder im Einsatz und läuft störungsfrei. Die Fertigung ist wirtschaftlich – und die Qualität der gespritzten Teile ist hervorragend.“

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