Der Fokus auf den Gesamtprozess macht den Unterschied. Die Durchläufe sind im Schnitt um 30 Prozent schneller geworden.

Der Fokus auf den Gesamtprozess macht den Unterschied. Die Durchläufe sind im Schnitt um 30 Prozent schneller geworden.

Die Formenbauer bei Koller in Oberbürg stehen als Zulieferer der Automotive-Branche im knallharten weltweiten Wettbewerb. Um sich in diesem Feld zu behaupten, müssen Prozesse ständig weiter optimiert werden. Mit innovativ denkenden Mitarbeitern und den richtigen Werkzeug- und Maschinenpartnern hat sich das Unternehmen einen exzellenten Ruf als Problemlöser sowie als Pionier für neue Technologien im Automobilsektor erarbeitet. Die Spezialität sind große Formen bis 92 t in höchster Präzision – teilweise auch mit feinsten Details, die mit Fräsern bis 0,1 mm Radius erzeugt werden

Ein größerer Auftrag zeigte den Formenbauern die Grenzen ihrer Zerspanungskapazitäten auf: „Um ehrlich zu sein – mit den gegebenen Kapazitäten war der Auftrag eigentlich nicht zu

Hitachi Werkzeuge

Gute Erfahrungen: Inzwischen kommen rund 90 Prozent der auf den Bearbeitungszentren bei Koller eingesetzten Werkzeuge von MMC Hitachi Tool.

bewältigen“, bekennt Markus Ferstl, Leiter der Fräserei am Standort. „Um trotzdem möglichst wenig fremd vergeben zu müssen, waren wir gezwungen, unsere Prozesse zu optimieren. Und wir wussten, das schaffen wir auch zuverlässig.“

Das sagt die Redaktion

Mitarbeiter einbinden

Nichts ist so leicht sabotiert wie Hightech, die man ablehnt. Deshalb war es für Markus Ferstl eine Selbstverständlichkeit, die Belegschaft von Anfang an mit ins Boot zu holen. Dass er zunächst jene aktivierte, die leichter zu überzeugen waren, war ein geschickter Schachzug – sie konnten mit den Erfolgen, die sie von Anfang an vorzuweisen hatten, so manchen der Zögernden mitreißen. Jede substanzielle Veränderung verlangt von den Betroffenen, dass sie ihre „Komfortzone“ verlassen und offen sind für Neues. Umso wichtiger ist eine offene, transparente und lückenlose Kommunikation über Ziele, Wege und Vorgehensweisen –hier lassen sich Know-how und Erfahrungen der Mitarbeiter sinnvoll einbinden. Das kann sowohl die Effizienz der Lösung erhöhen als auch die Akzeptanz unter den Mitarbeitern. Hier hat man bei Koller offensichtlich alles richtig gemacht.
Richard Pergler

Engpass Schlichtprozess

Koller Bearbeitung

Links: Versuche mit Werkzeugen anderer Hersteller verliefen nicht zufriedenstellend. Erst mit MMC-Hitachi-Tool-Fräsern kann das Highfeed-Schruppen prozessicher und wirtschaftlich umgesetzt werden.
Rechts: Da bei Koller in der Regel ein Bediener für mehrere Maschinen zuständig ist, sind die Bearbeitungen auch angesichts der wertvollen Werkstücke auf hohe Prozesssicherheit angelegt.

Als Engpass hatten die Zerspaner den Schlichtprozess ausgemacht. „Unsere Maschinen von Trimill und DMG und unser Tebis-CAM sind auf schnelle, prozesssichere Bearbeitung mit hohen Vorschüben und Drehzahlen ausgelegt“, erklärt Ferstl. „Der limitierende Faktor war das Werkzeug – der Kugelfräser konnte nicht prozesssicher mit progressiven Parametern gefahren werden. Selbst bei Bearbeitungen mit langsamen, sicheren Werten reichte die Standmenge nicht – wir hatten mindestens je einen Werkzeugwechsel am Werkstück, der auf der Oberfläche unvermeidlich Spuren hinterlässt.“

Gefragt war also ein Kugelfräser, der ein schnelleres Schlichten ermöglicht und dabei prozesssicher mindestens ein Werkstück ohne Wechsel bearbeiten kann. „Im Gespräch mit Kollegen aus anderen Werkzeugbauten kam beim Stichwort Prozesssicherheit schnell der Name MMC Hitachi Tool ins Spiel“, erinnert sich Ferstl. „Wir nahmen Kontakt auf und machten erste Versuche mit Fräsern des japanischen Herstellers.“

Mit Erfolg: Die Fräser konnten die Möglichkeiten der Maschinen weit besser nutzen, die Schlichtbearbeitung wurde schneller, die Prozesssicherheit verbesserte sich, und auch die Standmenge stieg deutlich. Eigentlich ein Grund, den Prozess genau so umzusetzen und sich zufrieden zurückzulehnen.

Wären da nicht die MMC-Hitachi-Tool-Experten um Anwendungstechniker Volker Jünger gewesen, die behaupteten, dass in den Fräsprozessen noch deutlich mehr Potenzial zu heben ist.

Millutensil-Tuschierpresse

Die Millutensil-Tuschierpresse fungiert als Quality Gate. Wenn die Werkzeuge beim Kunden sind, muss alles passen.

Voraussetzung allerdings war, dass der gesamte Fräsprozess auf den Prüfstand gestellt wird.

Potenzial ist deutlich größer

„Was die MMC-Hitachi-Tool-Leute vorschlugen, war plausibel – um den Schlichtprozess optimal gestalten zu können, muss man wissen, wie die Vorbearbeitung abläuft“, erklärt Ferstl. „Konsequenz waren aufeinander schlüssig aufbauende Prozesse mit den zugehörigen Werkzeugen.“

Trends µ-genau

Hebel Werkzeugkosten

Beim Kauf einer Maschine achten die Verantwortlichen gerade in der Einzelteilfertigung sehr genau auf die Performance-Werte. Schließlich sind Präzision und Prozesssicherheit bei kürzesten Durchlaufzeiten gefordert. Das darf auch etwas kosten, wenn es sich über den prognostizierten Maschinenstundensatz rechnet. Bei den Zerspanungswerkzeugen sieht das aber schon ganz anders aus – hier liegt der Fokus nicht selten allein auf dem Preis. Ohne Rücksicht auf Standzeit, Schnittdaten und ähnliches – genommen wird das Biligste. Denn ein 6er-Kugelfräser ist doch ein 6er-Kugelfräser, oder etwa nicht? Mit dieser Einstellung wird wertvolles Potenzial verschenkt. Wer genau nachprüft, ob sich die höheren Beschaffungskosten eines leistungsfähigeren Werkzeugs rechnen, ist oft überrascht, wieviel hier an Verbesserung möglich ist und wieviel wertvolle Maschinenzeit plötzlich frei wird. Man muss es nur einmal sauber durchrechnen.

Das bedeutete in letzter Konsequenz einschneidende Umstellungen nicht nur für die Maschinenbediener, sondern auch für die Programmierer, zumal die Umstellung komplett auf einmal bewältigt werden sollte. Widerstand unter den Mitarbeitern war damit vorprogrammiert.

Markus Ferstl,  Koller Formenbau

„Die Schulungsteilnehmer konnten die neuen Erkenntnisse direkt in ihrer täglichen Arbeit erfolgreich verwenden. Programmierer und
Maschinenbediener haben das neue Konzept wirklich vorbildlich umgesetzt.“
Markus Ferstl, Leiter Fräsen beim Koller Formenbau

Hier ging Ferstl sehr geschickt vor: Zunächst organisierte er mit MMC Hitachi Tool und Tebis Schulungen bei einem der Maschinenhersteller für jene in seinem Team, die schnell von den Vorteilen des systembasierten Ansatzes überzeugt waren. „Diese Fortbildungsveranstaltungen brachten sehr viel“, betont Ferstl. „Die Teilnehmer konnten die neuen Erkenntnisse direkt in ihrer täglichen Arbeit erfolgreich umsetzen und so viele der zunächst Zögernden mitreißen.“

Mitarbeiter beteiligt

Die gleichen Schulungen für die übrigen Mitarbeiter bereiteten auch bei den ursprünglichen Gegnern den Boden für eine breite Akzeptanz. „Heute will niemand mehr zurück zur Arbeitsweise, die

wir vor der Umstellung hatten. Programmierer und Maschinenbediener haben das neue Konzept wirklich vorbildlich umgesetzt.“

Von den Programmierrichtlinien über Schruppen, Vorschlichten und Schlichten wurden Abläufe, Strategien und Werkzeuge sorgsam aufeinander abgestimmt und standardisiert. Harte wie weiche Materialien werden mit den gleichen Fräsergeometrien und -grundkörpern, aber mit unterschiedlichen Platten bearbeitet – das schafft hohe Durchgängigkeit. „Beim Schlichten nehmen wir jedoch

Trimill Bearbeitungszentrum

Leistungsfähige und präzise Maschinen sorgen für hoch­genaue, wirtschaftliche und prozesssichere Zerspanung auch bei großen Formen.

das gleiche Werkzeug für alle Materialien“, betont Ferstl.

Profil

Koller Gruppe

Die Koller-Gruppe ist ein familiengeführtes, international denkendes und agierendes Technologieunternehmen mit dem Stammsitz in Oberbürg bei Dietfurt an der Altmühl. Entwickelt und gefertigt werden Spritz- und Presswerkzeuge, PUR-Waben-Sandwichplatten, einbaufertige Komponenten, Systeme und Spritzgussteile in Klein- und Großserie überwiegend für die Automobilindustrie. Alle Produkte und Werkzeuge entstehen fast ausschließlich in der eigenen Fertigung und unterliegen strengsten Qualitätsmaßstäben und -kontrollen. Koller-Produkte und die Produkte aus den von Koller hergestellten Werkzeugen findet man bei nahezu allen europäischen Automobilherstellern. Neben dem Werkzeugbau gibt es in der Gruppe mit Koller Kunststofftechnik, Koller Technology, MTA und Honsa weitere Unternehmensteile mit Schwerpunkten in der Produktion etwa von Leichtbau-Hybridteilen und in der Produktionsbegleitung.

Hitachi Fräser Schlichten

Ein Werkzeug für ein komplettes Bauteil: Beim Schlichten gibt es keine Oberflächenfehler mehr, die beim Einwechseln eines Schwesterwerkzeugs entstanden.

Beim Optimieren wagte man sich auch an neue Vorgehensweisen – so kommen beim Schruppen jetzt Highfeed-Fräser von MMC Hitachi Tool zum Einsatz, die einen deutlich progressiveren und auch intelligenteren Materialabtrag erlauben. Obwohl das Schruppen damit deutlich schneller wurde, haben sich die Bedingungen für die nachfolgenden Prozesse deutlich verbessert. Speziell die Frage von stehen gebliebenem Restmaterial konnte elegant gelöst werden.

Anfängliche Mehrkosten

„Klar, ein hochwertiger MMC-Hitachi-Tool-Fräser kostet in der Anschaffung mehr als die bislang eingesetzten Standardwerkzeuge“, erklärt Ferstl. „Wenn man aber allein die erhöhte Standmenge betrachtet, relativiert sich der Preisunterschied schnell: Wir schaffen es jetzt, mit einem 8-mm-Kiugelfräser in 30 h ein komplettes Werkzeug zu schlichten, für das wir früher mehrere Werkzeuge benötigt haben. Damit vermeiden wir Marken, die beim Einwechseln eines Schwesterwerkzeugs sonst unvermeidlich sind.“

Hitachi Fraeser

Filigrane Fräser: Die Vorbearbeitung bestimmt wesentlich Effizienz und Prozesssicherheit des Schlichtprozesses.

Schnellere Durchläufe

Die erhöhte Standzeit ist das Eine. Darüber hinaus brachte die Umstellung eine deutliche Verkürzung der Durchläufe: „Das wirkt sich zwar in Abhängigkeit von Komplexität und Größe des Werkstücks unterschiedlich aus“, räumt Ferstl ein. „Wir haben umfassend nachkalkuliert und dokumentiert – die Ergebnisse können sich sehen lassen: Im Schnitt gehen wir von einer Reduzierung von 30 Prozent aus. “

Hitachi Fraeser2

Werkzeuge bis 92 t – aber auch Detailstrukturen, die per 0,1-mm-Fräser zu bearbeiten sind: Präzision ist bei Koller oberstes Gebot.
Bilder: fertigung

Das ist enorm: Der Auftrag, der Auslöser für die Optimierung war, konnte größtenteils im eigenen Haus abgearbeitet werden. Von einem Engpass bei Zerspanungskapazitäten spricht heute niemand mehr: Um den Hunger der deutlich effizienter arbeitenden Maschinen nach Programmen zu stillen, musste Koller externe Programmierer mit ins Boot nehmen. „Es blieben sogar Kapazitäten übrig – die füllen wir mit Lohnbearbeitung“, ergänzt Ferstl. „Die anfangs befürchtete Kostenexplosion in der Fräserbeschaffung ist ausgeblieben. Für uns ist die Optimierung in jeder Hinsicht ein Gewinn.“

Kontakt:

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