Ins richtige Licht gerückt

Neben Fernlicht, Abblendlicht, Tagfahrlicht, Positionslicht und Blinker zählen heute auch Autobahnlicht, Stadtlicht, Landstraßenlicht, Schlechtwetterlicht sowie statisches oder dynamisches Kurvenlicht zum Repertoire zeitgemäßer Pkw-Scheinwerfer. Dabei geht die Entwicklung schon lange weg von den klassischen Halogen-Lichtquellen und hin zur energieeffizienten LED-Technologie.

„Bei künftigen Pkw-Generationen werden zudem die einzelnen LEDs als Lichtquellen der Scheinwerfer nicht mehr zu sehen sein“, erklärt Franz-Josef Klegraf, Mitglied der Geschäftsleitung Geschäftsbereich Licht beim Automobilzulieferer Hella. „Vielmehr geht der Trend in Richtung homogener Lichtfelder mit einer gewissen 3D-Wirkung – etwa als Lichtvorhänge und Lichtleiter, je nach Anwendung am Fahrzeug.“

In der Werkzeugfertigung in Lippstadt stellt das Unternehmen einen Teil der Spritzgießformen für die Kunststoffteile der unterschiedlichsten Scheinwerfer her. „Neuartige Lichteindrücke erzeugen wir etwa über filigrane Oberflächenstrukturen unserer Kunststoffteile oder Optiken, die das Licht aus dem Scheinwerfer verteilen“, verdeutlicht Klegraf. Diese entfernt an eine Lederoberfläche erinnernde Mikrostruktur bringt der Lichttechnikhersteller über die Spritzgießformen auf die Kunststoffoberfläche auf. Einer der Hauptlieferanten für den Formenstahl von Hella sind die Deutschen Edelstahlwerke, ein Unternehmen der Schmolz+Bickenbach-Gruppe.

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Aus Schrott wird Qualitätsstahl
Die Grundlage der Stahlproduktion der Deutschen Edelstahlwerke bildet sortenreiner Stahlschrott, der mit anderen hochwertigen Sekundärrohstoffen in einem 130-t-Elektrolichtbogenofen erschmolzen wird. Nach dem Zuführen der für die entsprechenden Stahlsorte erforderlichen Legierungsbestandteile (wie beispielsweise Chrom, Nickel, Molybdän, Vanadium, Wolfram oder Kobalt) wird der flüssige Stahl zur Weiterverarbeitung in eine bestehende Pfanne entleert. Diese Pfanne wird anschließend in die sekundärmetallurgische Behandlung überführt, wo dem Stahl störende Gas- und Sauerstoffgehalte entzogen werden und durch Mikrolegierung die Feinanalyse eingestellt wird.

Hohe Anforderungen an die Stähle
Da häufig nur eine einzige Spritzgießform für die Scheinwerferkomponenten eines bestimmten Pkw-Modells hergestellt wird, sind die Anforderungen an die eingesetzten Stähle sehr hoch. Sie sollten nicht nur hohe Korrosionsbeständigkeit und Härte aufweisen, um einen langfristigen Einsatz der Werkzeuge zu gewährleisten, sondern auch über eine gut polierbare Oberfläche verfügen.

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Audi setzt für die Scheinwerfer des A8 sehr charakteristische Lichtbänder ein.

Für äußerst anspruchsvolle Anwendungen wählt Hella meist den Werkstoff Thermodur 2343 Superclean. Aufgrund seiner Zusammensetzung eignet sich Thermodur 2343 Superclean optimal für das individuelle Anforderungsprofil des Automobilzulieferers.

Selbst kleinste Unreinheiten im Stahl können Auswirkungen auf die Kunststoffform und so auch auf Bauteile und Lichtbild des Scheinwerfers haben. Daher wird der Werkstoff Thermodur 2343 Superclean ein zweites Mal eingeschmolzen und bei diesem erneuten Umschmelzvorgang quasi zusätzlich gefiltert (ESU/VU-Verfahren), um ihn selbst von kleinsten Einschlüssen zu befreien. Die anschließenden Diffusionsglühprozesse, das Schmieden an die finale Abmessung sowie umfangreiche Glühbehandlungen führen zu Stahlblöcken mit durchgängig homogener Struktur.

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Im Elektrolichtbogenofen der Deutschen Edelstahlwerke wird aus selektiertem Schrott und bestimmten Legierungselementen Edelstahl erschmolzen.

Der Scheinwerferhersteller oder einer seiner Zulieferer führt anschließend einen Großteil der Bearbeitungsschritte an der Form durch und schickt das Werkstück zurück an die Deutschen Edelstahlwerke zur Vakuum-Wärmebehandlung. Die Wärmebehandlung ist einer der entscheidenden Arbeitsschritte, denn hier erhält die Form die im Einsatz erforderliche hohe Härte. Dazu wird die Form in bestimmten Intervallen erhitzt und abgekühlt, um die innere Struktur des Stahls entsprechend den Anforderungen zu verändern.

Die letzten Arbeitsschritte an der Form liegen bei Hella. Die Spezialisten für Lichttechnik polieren und bearbeiten die Oberfläche der Form. „Um etwa Designeffekte zu erreichen, werden Bereiche einer Form aufwändig per Ätzverfahren bearbeitet“, erklärt Klegraf. Nach einigen Probedurchgängen und Freigabe ist die Spritzform schließlich fertig für die Scheinwerferproduktion.

Neben Thermodur 2343 Superclean empfehlen die Deutschen Edelstahlwerke auch weitere Werkstoffe für die Anwendungen im Kunststoff-Spritzgießen. Der Werkstoff Formadur 2083 Superclean bietet dank höherer Chromanteile eine nochmals gesteigerte Korrosions- und Verschleißbeständigkeit. Eine Neuentwicklung stellt der Werkstoff PH X Superclean dar, der einen Verzicht auf die sonst übliche Wärmebehandlung ermöglicht und gleichzeitig höchsten Korrosionsanforderungen genügt.

Die Marke Formadur 2738 und der neue Formadur 320 sind Stähle mit geringerer Härte. Sie ermöglichen die kosteneffektivere Produktion von Formen mit weniger aufwändiger Oberfläche oder geringeren Standzeitanforderungen. „Mit den Deutschen Edelstahlwerken haben wir einen Partner, der uns mit hochwertigen Stählen und qualifiziertem Prozess-Know-how weltweit unterstützt“, betont Franz-Josef Klegraf. „Und das schon seit 20 Jahren.“

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