Produktiv und prozesssicher

Je unscheinbarer ein Formteil auf den ersten Blick ist, desto anspruchvoller ist vielfach seine Herstellung. So auch bei einem kleinen, nur 0,8 g leichten Deckel, der in Gurtschlössern verbaut wird. Im Zusammenspiel mit weiteren Sensoren geht von dieser Baugruppe ein Signal aus, wenn der Sicherheitsgurt geschlossen ist. Von den beiden Kunststoffteilen (Gehäuse und Deckel) liefert Murrplastik inzwischen jährlich 40 Mio. Stück aus. Die Kunststoffteile werden aus POM mit einem Additiv als Gleitanteil hergestellt. Der Gleitanteil verhindert, dass der Gurtverschluss aufgrund der Vibrationen im Fahrzeug quietscht.

Ursprünglich wurde der Deckel auf einem 16-fach-Heißkanalwerkzeug mit vier kalten Unterverteilern für je vier Formteile produziert. Mit steigenden Stückzahlen waren die vorhandenen Kapazitäten jedoch ausgeschöpft. „Daher entschied sich der Kunde für den Bau eines höherfachigen Werkzeugs“, erklärt Udo Pfabe, Werksleiter bei der Murrplastik Medizintechnik.

Teures Rohmaterial
Ein weiterer Aspekt, der für die Neukonzeption des Werkzeuges sprach, betraf die kalten Unterverteiler der indirekten Anbindung: „Aufgrund ihrer Größe im Verhältnis zum Formteil war es nicht möglich, den Anguss zu vermahlen und das Mahlgut erneut dem Prozess zuzuführen. In der Regel erlauben Rohstoffhersteller maximal 20 Prozent Mahlgut“, erklärt Pfabe. „Hier bestand die Gefahr, dass zuviel Mahlgut – und damit thermisch vorbelastetes Material – in den Kreislauf gelangt, was die Qualität der Formteile beeinträchtigt.“

Trends µ-genau

TT-Düsen sind kleine Allrounder
Die Düsen der TT-Baureihe von Günther Heisskanaltechnik zeichnen sich unter anderem durch ihre kleinen Schaftdurchmesser mit 15, 18 und 22 mm, eine einfache Montage sowie hohe Wartungsfreundlichkeit und Leckagesicherheit aus. Die Baureihe steht als Düse mit Spitze (Typ STT), als offene Düse (DTT) sowie als Nadelverschlussdüse (NTT) zur Verfügung. Aktuell lieferbar sind sie mit 4, 5 und 6 mm Kanaldurchmesser sowie in den Düsenlängen 50, 60, 80, 100 und 120 mm. Sie eignen sich für die Ver­arbeitung aller Polymere, auch für Hochtemperatur-Polymere sowie für „exotische“ Kunststoffe.

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Die rechte Formplatte des 24-fach-Werkzeugs lässt sich bei Bedarf auch bei aufgespanntem Werkzeug nach vorne abziehen.

Nicht zuletzt aufgrund der seit Jahren gepflegten partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Günther Heisskanaltechnik arbeiteten die beiden Unternehmen auch bei der Neukonzeption des Deckelwerkzeugs zusammen.

Mit dem Entschluss für ein größeres Werkzeug ging die Überarbeitung des Artikels selbst einher. „So war die direkte Anbindung und damit die Verlegung des Anspritzpunktes erforderlich, nicht zuletzt, um den Anguss und damit Material einzusparen“, erläutert Pfabe. „Eine große Rolle spielt hier auch der Materialpreis, der ein Mehrfaches dessen beträgt, was Standardware kostet.“

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Mittels einer Füllstudie wurden die lediglich 0,8 g wiegenden Formteile optimiert. Der Deckel DBS4 ist ein sicherheitsrelevantes Bauteil in einer Automobil-Gurtschnalle und hat die Funktion der Signalgabe, wenn der Gurt im Schloss nicht richtig eingerastet ist
Quelle: Murrplastik

Kompakte Bauweise
Zielvorgabe war nach den ersten Gesprächen ein 24-fach-Werkzeug. Wegen der engen Platzverhältnisse fiel die Wahl auf Düsen aus der TT-Baureihe von Günther, die wegen ihrer kompakten Bauweise für solche Fälle besonders geeignet sind. „Die TT-Düse ist bei ihrer Montage zwar etwas aufwändiger, doch diesen Aufwand habe ich nur einmal“, erklärt Pfabe. „Zwar macht gerade bei hochfachigen Werkzeugen das Heißkanalsystem einen hohen Anteil an den Werkzeugkosten aus. Doch wenn Wert auf ein produktionssicheres System gelegt wird, lohnt sich die Investition.“

In diesem Zusammenhang verweist der Werksleiter auf den Leckageschutz. „Leckagen können großen Schaden anrichten, etwa wenn im Vielfachwerkzeug die zahlreichen Kabel in kürzester Zeit mit Kunststoff umspritzt sind“, erklärt Pfabe. „Deshalb haben wir von vornherein Wert auf ein leckagesicheres System gelegt, das sich leicht warten lässt.“

Das Werkzeug ist so aufgebaut, dass sich die Formplatte vom Heißkanalsystem komplett trennen lässt, ohne dass zuvor ein Kabel oder eine Düse demontiert werden muss. Theoretisch kann die Platte sogar beim aufgespannten Werkzeug einfach nach vorne abgezogen werden. „Das empfiehlt sich aber nur bei weniger komplexen Werkzeugen“, stellt Pfabe fest. Unabhängig davon erleichtert der freie Zugang zu den Schnittstellen und Düsen die Arbeit.

Verlegung der Anbindung
Der Wegfall der kalten Unterverteiler machte schließlich auch die Verlegung der Anbindung erforderlich. „Dabei hat uns Günther mit entsprechenden Füllstudien unterstützt“, erklärt Pfabe. „Wichtig war, dass der neue Anspritzpunkt keinesfalls die Funktionalität der Teile beeinträchtigen darf – und natürlich sichergestellt sein muss, dass sich die Formnester zuverlässig füllen.“

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Schätzt die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Günther Heisskanal-technik: Udo Pfabe, Werksleiter bei der Murrplastik Medizintechnik.
Quelle: Murrplastik

Pfabe schätzt das Know-how des Heißkanalherstellers in Sachen Angussdimensionierung. „Bei der Feinabstimmung konnten wir den Anschnitt schon im ersten Step richtig auslegen, kleinerals ursprünglich gedacht dimensionieren und auf 1 mm Durchmesser reduzieren“, erläutert er. „Im Werkzeug hat das auch auf Anhieb funktioniert.“

Auch bei der Heißkanalregelung hat sich Pfabe für ein System von Günther entschieden. Damit ist die durchgängige Gewährleistung sichergestellt. Zudem sind für das Werkzeug mit den im H-Verteiler enthaltenen Regelstellen insgesamt 32 Regelzonen nötig, allein deshalb ist ein separates Regelgerät erforderlich. „Die Heißkanal-Regelung von Günther arbeitet sehr genau“, erklärt Pfabe. „Etwa alle 20 bis 25 ms gleicht das Regelgerät Soll- und Ist-Temperatur ab und regelt gegebenenfalls nach. Für uns ist das Projekt „Deckelwerkzeug“ ein Beispiel für eine unkomplizierte, gelungene Zusammenarbeit.“

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