Die Werkzeuge können in einem optimalen Winkel positioniert werden. Der Hub der Z-Achse wurde um 400 mm verlängert.

Die Werkzeuge können in einem optimalen Winkel positioniert werden. Der Hub der Z-Achse wurde um 400 mm verlängert.

Sie setzen auf eine Millutensil MIL 203

Beim Formenbau Kellermann wird Qualität groß geschrieben. Nicht zuletzt deshalb ist das Unternehmen, das 23 Mitarbeiter inklusive 5 Auszubildende beschäftigt, sehr erfolgreich im Bereich Automotive unterwegs. Ein- oder Mehrkomponentenformen etwa für Zylinderkopfhauben und Luftfiltergehäuse machen das Unternehmen zum gefragten Partner der Automobilindustrie.

Das kommt nicht von Ungefähr: Zu den Bauteilen haben sich die Werkzeugexperten einen tief reichenden Erfahrungsschatz entlang der gesamten Prozesskette erarbeitet. Konstruiert wird im eigenen Haus, für hohe Durchgängigkeit sorgt Visi. Beim Fräsen setzt das Familienunternehmen, das heute von Geschäftsführerin Sabine Kellermann in zweiter Generation geführt wird, seit den 1980er-Jahren auf Zentren von GF Machining Solutions, beim Senkerodieren auf Exeron.

Die hohe Präzision in der zerspanenden Fertigung ist ein großer Vorteil, sie kann indes nicht die letzte Gewissheit über die Präzision einer montierten Spritzgießform geben. „Für uns ist das Tuschieren ein Muss“, erklärt Sabine Kellermann. „Wir wollen absolut sicher sein, dass die fertige Form exakt passt, kein Spiel hat und einwandfrei funktioniert, wenn wir sie ausliefern. Und das geht eben nur mittels Tuschieren.“

Das sagt die Redaktion

Erfolg hat, wer seinem Kunden zuhören kann
Inzwischen reagieren viele Verantwortliche in den Unternehmen mit Unverständnis, wenn ihre Maschinenlieferanten nicht einmal bereit sind, über Sonderlösungen nachzudenken. Dass technisch vieles möglich ist, beweisen Hersteller wie Millutensil. Gute Produkte sind nur die halbe Miete. Wer seine Kunden begeistern will und eine nachhaltige Partnerschaft anstrebt, muss mehr bieten. Den Kunden zuzuhören und deren Wünsche nach Möglichkeit umzusetzen – das gilt auch für den Werkzeug- und Formenbau. Hier erhält der Kunde in vielen Fällen längst mehr als einen „präzise bearbeiteten Klotz aus Stahl und Eisen“.
Richard Pergler

Vor dem Umzug im Frühjahr dieses Jahres wurde per Kran tuschiert – mit all den Nachteilen, die ein solches Vorgehen mit sich brachte. So zeigte der Boden aufgrund der beim Tuschieren freigesetzten Kräfte im alten Betriebsgebäude deutliche Wellen.

Darüber hinaus birgt diese Art des Tuschierens durchaus ein Unfallrisiko. „Unsere Werkzeuge sind in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden, ab einer gewissen Werkzeuggröße ist das Risiko beim Krantuschieren schlicht nicht

Halle mit Tuschierpresse

In der neuen Halle wirkt die Tuschierpresse geradezu zierlich, obwohl sie mit 2500 mm Hub auch für größere Werkzeuge gerüstet ist.

mehr tragbar“, erklärt Kellermann. „Per Kran lassen sich zudem die Kräfte, die auf der Spritzgießmaschine wirken, nur unzureichend simulieren. Alles in allem wollten wir deshalb das Tuschieren unserer Werkzeuge auf eine neue Basis stellen.“

Aktuell werden bei Kellermann Werkzeuge bis 16 t gefertigt, aber auch Formen mit 20 t sind möglich. Für diese Dimensionen suchten die Verantwortlichen eine passende Tuschierpresse, die Modelle der einschlägigen Hersteller wurden gründlich unter die Lupe genommen. Um es vorwegzunehmen: Allen Anforderungen der Oberpfälzer wurde kein Modell am Markt gerecht. „Und als wir unsere Wünsche äußerten, stießen wir bei den meisten Pressenherstellern auf eine relativ starre Haltung“, erinnert sich Kellermann. „Das Modell aus dem Katalog, dazu ein paar Optionen – mehr war nicht drin. Eine Anpassung auf unsere Wünsche wurde von den meisten Herstellern abgelehnt.“

Sehr positiv fiel hier der italienische Tuschierpressenspezialist Millutensil auf: „Mit der Vier-Säulen-Tuschierpresse MIL 203 Blueline hat der Hersteller eine Presse im Angebot, die unseren Vorstellungen schon sehr nahe kam“, erklärt Kellermann. „Zudem war man sehr aufgeschlossen für unsere spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse.“ So sollte beispielsweise die Z-Achse einen längeren Verfahrweg erhalten, um auch für höher bauende Werkzeuge entsprechend gerüstet zu sein. Die italienischen Pressenspezialisten setzten die Wünsche weitestgehend um.

Tisch der Tuschierpresse

Der untere Tisch der Presse ist mit bis zu 30 t belastbar – das reicht für das Werkzeugspektrum bei Kellermann locker aus. Der obere Tisch trägt bis zu 15 t.

Partnerschaftliches Vorgehen

„Dies ist eine Herangehensweise, wie wir sie auch mit unseren Geschäftspartnern pflegen“, betont Kellermann. „Für eine gute Geschäftsbeziehung ist wichtig, dass sich beide Seiten wohl fühlen und dass man seinen Partner mit seinen Wünschen ernst nimmt. Deshalb fühlen wir uns bei Millutensil sehr gut aufgehoben.“

Trends µ-genau

Tuschierpresse als Quality-Gate
Leistungsfähige Tuschierpressen ermöglichen weit mehr als nur das exakte Tuschieren der Werkzeuge. Je nach Ausstattung lassen sich auf ihnen ganze Spritzgießzyklen simulieren bis zum Einspritzen von Harz in die Kavität oder dem Temperieren der Werkzeuge, um deren Verhalten bei Betriebstemperatur vorhersagen zu können. Für den Werkzeugbauer bietet die Tuschierpresse eine Möglichkeit, vor Inbetriebnahme beim Kunden die Werkzeuge auf Herz und Nieren zu testen. Denn auch wenn die einzelnen Komponenten exakt gefertigt wurden – erst im Zusammenspiel zeigt sich, ob ein Werkzeug wirklich reibungslos funktionieren kann.

In der neuen Halle wirkt die Millutensil MIL 203 fast zierlich – obwohl sie mit einer Tischaufspannfläche von 2000 x 1500 mm und einem Z-Hub von 2500 mm nicht gerade zu den kleinen Tuschierpressen gehört. Um die 2500 mm Einbauhöhe der Z-Achse zu realisieren, die bei Serienmaschinen über einen Hub von 2100 mm verfügt, wurden die Säulen um je 400 mm verlängert. Der untere Tisch, der sich komplett aus der Presse herausfahren und um 70° neigen lässt, ist bis 30 t belastbar. Der obere Tisch, der mit 15 t belastbar ist, kann auf Wunsch der Formenbauer nicht nur um 100°, sondern um 145° geschwenkt und abgelegt werden.

Werkzeuge bei Kellermann

Aktuell werden bei Kellermann Werkzeuge bis 16 t gefertigt, aber auch Formen mit 20 t sind möglich.

Wenig manuelle Korrekturen

So lassen sich auch ganze Einsätze schnell aus dem Werkzeug ausbauen, die dann auf dem Bearbeitungszentrum korrigiert werden können, anstatt sie händisch an der Presse zu schleifen. Das hat den Vorteil, dass die Änderungen auch in der Konstruktionsdatei erfasst und dokumentiert sind. Für Mehrkomponentenwerkzeuge bietet Millutensil die Presse auch mit einem Drehteller an. „Wir haben uns jedoch bewusst dagegen entschieden“, erklärt Kellermann. „Unsere Werkzeuge sind sehr komplex und mit sehr viel Mechanik ausgestattet. Wir wollen auf der Presse etwa auch die Auswerfer fahren können. Diese Funktion ist aber mit Drehteller nicht mehr möglich, deshalb haben wir zugunsten des Auswerferbolzens darauf verzichtet.“

Die Mil 203 bringt eine Schließkraft von 1500 kN und eine Rückzugskraft von bis zu 350 kN ans Werkzeug. Für ein hohes Maß an Sicherheit sorgt unter anderem eine Parallelitätskontrolle.

Sabine Kellermenn

„Für eine dauerhaft gute Geschäftsbeziehung ist es wichtig, dass sich bei einem Projekt beide Seiten wohl fühlen und dass man seinen Partner mit seinen Wünschen ernst nimmt. Deshalb fühlen wir uns bei Millutensil sehr gut aufgehoben.“
Sabine Kellermenn,
Geschäftsführerin
Formenbau Kellermann

Bei der Beschaffung war die Presse noch „auf Zuwachs“ ausgelegt. „Inzwischen haben uns aber die Werkzeuggrößen eingeholt“, bekennt Kellermann. „Zudem haben wir zwar die Werkzeuggrößen bei der Wahl des Säulendurchgangs berücksichtigt, die Spannsituation haben wir jedoch unterschätzt. Deshalb überlegen wir, die Presse mit einem Magnetspannsystem nachzurüsten.“

Kontakt: Formenbau Kellermann GmbH, www.kellermanngmbh.de
Dremo Werkzeugmaschinen GmbH & Co. KG, www.dremo-wzm.de
Millutensil s.r.l., www.millutensil.com

Weitere interessante Videos finden Sie auf dem Youtube-Kanal der werkzeug&formenbau.

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