Geschlitzte Mutter mit Flansch

Geschlitzte Mutter mit Flansch: Dank der Aussparung lässt sie sich auch im Nachhinein über ein bereits fixiertes Antennenteil schieben und festschrauben. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Spritzgießwerkzeuge für technische Teile, RMF Formenbau
Spritzgießwerkzeuge für technische Teile sind eine der Domänen des RMF Formenbaus. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Der RMF Formenbau hat sich in erster Linie auf technische Teile spezialisiert – Spritzgießwerkzeuge, zum Teil auch in Mehrkomponententechnik, werden für ein breites Spektrum an Kunststoffteilen konstruiert und aufgebaut. Wenn der Kunde es wünscht und die Werkzeuggröße es zulässt, können in der eigenen Spritzerei auf Arburg-Maschinen die Werkzeuge nicht nur bemustert werden, schnell und unkompliziert lassen sich auch kleine und mittlere Serien realisieren.

In erster Linie kommen die Kunden des Unternehmens aus dem Bereich der Automobilzulieferer, vorwiegend aus der Region. Aber auch für die Bereiche Möbel, Elektro und weitere Branchen entstehen hier Formen. Rund 50 sind es pro Jahr für Teile mit Spritzgewichten zwischen 1 und 100 g, in der Regel mit bis zu acht Kavitäten.

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Ohne Nacharbeit aus der Maschine

Auswerferseite, geschlitzte Mutter
Kurz vor dem Auswerfen: Die geschlitzte Mutter auf der Auswerferseite der Form. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Eine der alltäglichen Herausforderungen, mit denen die Werkzeugbauer konfrontiert sind, ist eine Mutter für die Befestigung von Antennen beispielsweise am Autodach, in Zügen, Bussen oder auch an Verkaufsautomaten. Bislang hatte der Kunde eine geteilte Lösung aus Metall im Einsatz – eine handelsübliche Mutter, die per Trenner im Nachhinein geschlitzt wurde, damit sie bei der Montage auch nachträglich über ein bereits fixiertes Antennenkabel aufgeschoben und verschraubt werden konnte.

Dazu eine bereits ab Handel verfügbare geschlitzte Unterlegscheibe zur besseren Verteilung des Anpressdrucks – die Mutter soll das Dach ja auch abdichten. Für ein besseres und sichereres Handling bei der Montage sollte diese Lösung in einem einzigen Teil zusammengefasst werden: eine geschlitzte Mutter mit Flansch.

In Zusammenarbeit mit den Experten des RMF Formenbau in Breidenbach wurde die Mutter entworfen, die aus einem flammhemmenden Kunststoff entstehen sollte, genauer: aus einem PC/ABS. Die Mutter sollte so aus der Spritzgießform fallen, dass eine Nacharbeit nicht erforderlich ist. Die Stückzahl sollte zunächst bei rund 150.000 im Jahr liegen, wobei sich diese Zahl je nach Bedarf auch noch deutlich aufstocken lassen sollte.

Profil

RMF Formenbau GmbH

Das Unternehmen wurde im Jahr 2005 gegründet und ist heute ein Familienbetrieb mit neun Mitarbeitern im Werkzeugbau und einem in der Spritzerei. Gebaut werden in erster Linie Spritzgießwerkzeuge in Größen von 156 x 156 bis 696 x 696 mm, vorwiegend für technische Teile, auch in unterschiedlichen Varianten für den Mehrkomponentenspritzguss. Die Kunden kommen in erster Linie aus dem Automotive-Umfeld, aber auch aus den Bereichen Elektronik, Möbelfertigung und vielen anderen Branchen. Fünf Spritzgießmaschinen Arburg Allrounder stehen in verschie­denen Größen zur Verfügung – zum ­Bemustern der Werkzeuge unter Serienbedingungen, aber auch für die Serienfertigung. Das Unternehmen ist nach DIN EN ISO 9001.2008 zertifiziert, die Folgezertifizierung 9001.2015 ist fürs kommende Jahr angestrebt.

Gewinde als werkzeugbautechnische Herausforderung

Niklas Reinelt, RMF Formenbau
Niklas Reinelt, Konstrukteur bei RMF Formenbau. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Die werkzeugbautechnische Herausforderung dabei war das Gewinde, das für eine leichte Montage sehr präzise und gratfrei ausgeführt werden muss. "Während sich Außengewinde relativ einfach über die Linearbewegung von Schiebern entformen lassen, ist die Herausforderung beim Entformen von Innengewinden der fehlende Platz", erläutert Niklas Reinelt, verantwortlich für Konstruktion und technischen Einkauf bei RMF. "Hier lässt sich klassisch kein Schieber nach innen wegziehen, ohne das gerade gespritzte Gewinde zu zerstören. Die naheliegende und weit verbreitete Lösung ist deshalb, den als Ausschraubeinheit ausgeformten Kern mit der Gewindekontur vorsichtig in einer Ausschraubbewegung aus dem Gewinde im Spritzgießteil herauszudrehen."

Arburg Allrounder 320
Die Muttern werden in der eigenen Spritzerei auf einer Arburg Allrounder 320 produziert. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Das war auch der erste Entwurf der Formenbauer: Ein Werkzeug mit vier Kavitäten, die Ausschraubeinheiten über Zahnstangen angetrieben. Geschätzte Zykluszeit: um die 40 s. Da auch die Produktion der Mutter in der Spritzerei im eigenen Haus ablaufen sollte, war für die Verantwortlichen klar, dass dafür nur die größte der fünf Arburg-Maschinen in Frage kommt, eine Allrounder 420 mit 1000 kN Schließkraft. Auf Grundlage der Rohkonstruktion führten die Formenbauer das Gespräch mit den Experten des Normalienspezialisten Hasco – zunächst unter anderem auch wegen der Beschaffung und Integration der vier Ausschraubeinheiten.

Ausgeführt werden sollte das Werkzeug in einem Warmarbeitsstahl 1.2343, der sich für Formplatten und Einsätze für Spritzgießwerkzeuge eignet – für Konstruktionsteile mit hoher Festigkeit. "Die Zerspanbarkeit ist gut, ebenso die Zähigkeit", erklärt Reinelt. "Der Stahl bietet gute Warmverschleißfestigkeit und eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit. Wir lassen die Teile dann auf 50 bis 54 HRC härten." Die Ausschraubeinheiten von Hasco sind in einem passenden Material ausgeführt – in einem Kaltarbeitsstahl 1.2379, in dem bei diesem Projekt die Gewindekontur seitens Hasco bereits eingearbeitet und mit einer DLC-Schicht geschützt werden sollte. Also alles perfekt?

Zitat

"Die Normalienspezialisten von Hasco unterbreiteten uns einen Vorschlag, der mit einem filigraneren Werkzeug, mit der halben Zahl an Kavitäten, noch dazu auf einer kleineren Spritzgießmaschine nahezu die gleichen Stückzahlen in der selben Zeit produzieren konnte." Niklas Reinelt, Konstrukteur

Halbe Zahl an Kavitäten

Einfallkern im CAD
Der Einfallkern im CAD – gut sichtbar das Gewinde und die Schlitzung der Mutter. - (Bild: werkzeug&formenbau)

"Fast", erklärt Reinelt. "Denn die Normalienspezialisten von Hasco unterbreiteten uns einen Vorschlag, der mit einem filigraneren Werkzeug, mit der halben Zahl an Kavitäten, noch dazu auf einer kleineren Spritzgießmaschine nahezu die gleichen Stückzahlen in der selben Zeit produzieren konnte. Das bedeutet weniger verbrauchter Werkzeugstahl, weniger kostenintensive Präzisionsbearbeitung, eine Spritzgießmaschine mit geringerem Stundensatz – bei allerdings dann nahezu halbierter Zykluszeit." Klar, dass dieser Vorschlag verlockend klang und deshalb genau geprüft wurde.

Mit klassischem Ausschrauben der Gewinde indes lässt sich das Versprechen der Lüdenscheider Normteilexperten nicht einlösen – allein der Ausschraubvorgang schlägt mit mindestens 8 s zu Buche. Also brachten die Hasco-Fachleute eine andere Variante ins Spiel, den Einfallkern Z3600. Diese Lösung scheint zwar zunächst deutlich kostenintensiver als eine Ausschraubeinheit. Allerdings benötigt man statt vier Ausschraubeinheiten nur noch zwei Einfallkerne, und bei ganzheitlicher Betrachtung von Werkzeugkosten und insbesondere der Kosten im Produktionsprozess fällt der Anschaffungspreis dieser Komponenten überhaupt nicht mehr ins Gewicht.

Trends µ-genau

Clever entformen mit Einfallkern

Beim Entformen von Spritzgießteilen mit Innengewinden oder Hinterschnitten können Einfallkerne eine sehr kostengünstige Lösung sein. Ihr Aufbau und ihre Funktionsweise sind relativ einfach und damit auch sehr zuverlässig. Gegenüber Lösungen mit Getrieben und aufwändigen Schiebern können Einfallkerne die Kompexität von Werkzeugen drastisch reduzieren. Normteilefertiger wie Hasco bieten sie teilweise bereits mit fertig ausgearbeiteter Kontur – fertig beschichtet für einen geringen Verschleiß. Der Einfallkern Z 3600/... von Hasco eignet sich für Einfach- und Mehrfachwerkzeuge. Die kompakte Bauweise ermöglicht es, mehrere Einfallkerne platzsparend in einem Werkzeug unterzubringen. Genaues Entformen wird mit den schwalbenschwanzgeführten Kernsegmenten erreicht. Das Entformen wird allein über die Werkzeugbewegung gesteuert. Der Mittelkern kann temperiert werden. Die Einfallkerne sind in sieben Größen mit Durchmessern von 12 bis 55 mm erhältlich.

Kühlung einfach zu integrieren

CAD-Daten
Selbstverständlich liefert Hasco den fertig bearbeiteten Einfallkern Z 3600/... mit allen dazugehörenden CAD-Daten. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Also wurde das Werkzeug für die Muttern entsprechend ausgestaltet. Zwei Einfallkerne wurden exakt nach den Angaben der Werkzeugbauer gefertigt, auch sie sind aus Kaltarbeitsstahl 1.2379 mit fertig ausgearbeitetem Gewinde und DLC-Beschichtung.

"Der Vorteil ist, dass in den Einfallkern eine Kühlung relativ einfach zu integrieren ist", erläutert Reinelt einige weitere Vorteile. "Der Kern reduziert die Komplexität der Form erheblich – sie wird damit fast zu einem 'Auf-zu-Werkzeug'." Die Zykluszeit des 5 g schweren Kunststoffteils konnte so auf jetzt um die 20 s reduziert werden – für je zwei Muttern, die gleichzeitig aus dem Werkzeug fallen.

Montage, RMF Formenbau
Komplexe Spritzgießwerkzeuge warten auf ihre Montage, während die letzten Komponeten feinstbearbeitet werden. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Zudem ist bei einem Einfallkern auch die Schlitzung, die bei den Ausschraubeinheiten problematisch sein kann, kein Thema. "Der Schlitz neigt dazu, einzufallen", erklärt Reinelt. "Wir haben entsprechend vorgehalten, und so entspricht die Mutter jetzt absolut exakt den Vorgaben unseres Kunden." Übrigens: Ersatzteile für den Einfallkern lassen sich bei Bedarf schnell, einfach und absolut passgenau bei Hasco nachbestellen und ohne Anpass­aufwand sofort verbauen. Auch die formgebenden Komponenten.

"Hasco begleitet uns von Anfang an, seit mein Vater Volker Reinelt das Unternehmen im Jahr 2005 gegründet hat", zieht Reinelt Bilanz. "Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Hasco gemacht – nicht nur mit den Normteilen, sondern vor allem mit unseren Ansprechpartnern dort."

Das sagt die Redaktion

An der richtigen Stelle sparen

Ja, ein Einfallkern kostet deutlich mehr als eine vergleichbare Ausschraubeinheit. Und selbst wenn man nur zwei Einfallkerne statt vier Ausschraubeinheiten benötigt, kann es sein, dass die Kerne immer noch mehr kosten als die Ausschrauber. Rechnet man allerdings, dass das ganze Werkzeug kleiner werden kann, dass man Material spart, die Komplexität reduziert und es ermöglicht, dass auf kleineren Maschinen zu günstigeren Stundensätzen produziert wird, dann ist sehr schnell klar, dass es sich lohnen kann, in teurere Komponenten zu investieren. Es ist heute schon die große Herausforderung für die Werkzeugmacher, ihren Kunden klarzumachen, dass das billigste Werkzeug eben längst nicht das preiswerteste ist. Eine noch größere Herausforderung ist hingegen, als Werkzeugmacher von diesen Einsparungen auch zu profitieren – die werden zwar vom Kunden sehr gern mitgenommen, den höheren Werkzeugpreis bezahlen will er aber nicht. Hier ist ein Paradigmenwechsel dringend nötig, auch die Werkzeugbauer brauchen ihren Profit. Schließlich wollen die Kunden auch morgen noch kompetent beraten werden, die Werkzeugbauer stecken hier viel Aufwand in Aus- und Weiterbildung sowie in Forschung und Entwicklung. Und das hat eben seinen Preis.

Richard Pergler

Gute Ideen helfen weiter

Mit guten Ideen helfen sie den Werkzeugbauern, ihre Projekte noch effizienter, wirtschaftlicher und genauer aufzubauen. "Beispielsweise mit dem 'Coolcross', das es ermöglicht, zwei Kühlkreisläufe in einer Ebene zu führen, ohne dass sich das Kühlwasser vermischt", erklärt Reinelt. "Das erlaubt es uns, Platten mit geringerer Stärke zu verwenden und die Kanäle mit wenig Aufwand nahe an die Kontur heranzuführen. So bleibt das Werkzeug klein, und wir können die Mutter jetzt auf unserer Allrounder 320 spritzen. Das spart unserem Kunden bares Geld." em

RMF Formenbau: Guter Einfall von Hasco vereinfacht Spritzgießform

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