
Mit dem Konzept, Spritzgießwerkzeuge und Blasformen im Allgemeinen und Werkzeuge für Flaschen und Verschlüsse im Besonderen komplett aus einer Hand anzubieten, zählt der Rebhan Werkzeugbau in Kronach zu einem sehr überschaubaren Kreis an Anbietern. Die Gründe, weshalb nur wenige Werkzeug- und Formenbauer diesen Weg gehen, sieht Uwe Wirth, Geschäftsführender Gesellschafter Rebhan Werkzeugbau, in der Technologie begründet: „Der große Unterschied zwischen dem Spritzgießen und dem Blasformen ist, dass man beim Spritzgießen die Qualität des Endprodukts zu rund 90 Prozent über das Werkzeug bestimmen kann. Die restlichen 10 Prozent liegen in den Händen des Spritzgießers. Beim Blasformen dagegen braucht man zwar auch ein gutes, ein perfektes Werkzeug, man kann aber die Qualität dennoch zu 30 bis 40 Prozent über den Blasformprozess beeinflussen.“
Maschinenspezifische Abmusterung
Ein weiterer aber nicht minder wichtiger Aspekt ist das Abmustern. Während man beim Spritzgießen mit einem guten Werkzeug unter Beachtung der Zuhaltekräfte und Schneckengröße auf nahezu jedem gängigen Fabrikat produzieren kann, müssen die Werkzeuge beim Blasformen immer auf die kundenspezifische Maschine ausgelegt werden, die Abmusterung also beim Kunden erfolgen.
Das sagt der Autor
Breiter aufstellen
Es ergibt sicher wenig Sinn, von heute auf morgen alle Werkzeugkategorien zu bauen, denn im Detail, ob es sich nun um Folgeverbund-, Druckguss- oder Spritzgießwerkzeuge handelt, kann das nie eine perfekte Lösung geben. Zu viel Know-how ist letztendlich erforderlich, um perfekte Lösungen in Form von Werkzeugen liefern zu können. Wenn man sich dagegen über Jahre und Jahrzehnte das entsprechende Wissen erarbeitet hat und sich auf seine Stärken konzentriert, ist es auf lange Sicht strategisch sinnvoll, sich breiter aufzustellen. Rebhan ist diesen Weg über viele Jahre gegangen und hält auch zukünftig an dieser Strategie fest. Der nachhaltige Erfolg gibt den Verantwortlichen Recht.
Manfred Lerch

Die Auslegung von Lüftungsbohrungen setzt ebenso Know-how im Prozess voraus wie die Auslegung der Preforms.
Eine weitere Differenzierung findet allerdings auch hinsichtlich der Anforderungen statt. Speziell im Bau von Extrusionsblasformen werden keine µm gespaltet, dafür wird die Optik zu einem komplexen Thema. Die Gleichmäßigkeit der Wandstärken, selbst bei Wölbungen, Ausbuchtungen, konkaven oder konvexen Formen, muss zu jeder Zeit gegeben sein.
Beim Extrusionsblasformen sind zudem bestimmte Zyklen beim Abformen, entsprechende Abkühlphasen oder auch das rationelle Entfernen von Überständen zu berücksichtigen. Wenn man so will, sind das Spritzgießen und Blasformen also zwei unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichen Anforderungen.

Neben den Formen für Flaschen zählen bei Rebhan auch Werkzeuge für technische Produkte wie Faltenbälge für die Automobilindustrie zum Portfolio.
Zwar gilt auch in der Kosmetik- oder Pharmaindustrie, dass alles aus einer Hand ganz wesentlich zu kürzeren Lieferzeiten und somit auch zu Kosteneinsparungen führen kann. Trotzdem setzte man bei der Herstellung von Werkzeugen und Verschlüssen vorwiegend auf den „Lopez-Effekt“: Bei den Werkzeugkosten soll eingespart werden, die anschließenden Prozesskosten, die bis zur Serienreife der Werkzeuge anfallen, werden vernachlässigt. Prozesskosten, die vor allem dann in die Höhe schnellen können, wenn Flasche und Verschluss nicht zueinander passen und die Formen in verschiedenen Unternehmen hergestellt wurden. In der Summe ein Vorgehen, das sich nachweislich nicht rechnet. Weder für den Auftraggeber noch für den Auftragnehmer, denn während es der Kosmetik- und Pharmabranche in der Hauptsache darum geht, die Verpackungen rechtzeitig zu Aktionen oder Markteinführungen zu bekommen, achtet der Auftragnehmer neben der Einhaltung der Termine auch auf die Kosten und Qualität. Flasche und Verschluss müssen in der Toleranz (Dichtigkeit) und Ausrichtung (Optik) absolut zueinander passen. Auch deshalb ist die Strategie, alles aus einer Hand zu beziehen, mit zeitlichen und finanziellen Gesamtprozesskosten, die intelligentere.
Wegen der technologiebedingten Trennung schaffen indes bislang nur wenige Unternehmen eine Zusammenführung von Spritzgieß- und Blasformen. Der Werkzeugbau Rebhan praktiziert das seit Jahren sehr erfolgreich. Mit dem über Jahrzehnte erworbenen Know-how in der Herstellung von Extrusions-, Spritz- und Spritzsteckblasformen ist man in Lage, die Kunden umfassend zu beraten. Dies gilt vor allem hinsichtlich Gestaltung von Preforms, Optimierung von Wandstärken und Prozessabläufen.
Trends µ-genau
Spritzgieß- und Blasformprozess in einem Werkzeug vereint
Spritzgießmaschinenhersteller Engel Austria und Werkzeugbauer Cantoni haben den Fertigungsprozess Inject2blow entwickelt, der das Spritzgießen und Blasformen in einem gemeinsamen Werkzeug zusammenfasst: Während üblicherweise Preforms spritzgegossen und erst in einem nachfolgenden Prozess auf einer Blasformmaschine zum Endprodukt weiterverarbeitet werden, liefert das neue Verfahren die Kleinbehälter in nur einem Arbeitsgang. Die Herstellung geschieht schneller und mit weniger Energie, weil die Preforms vor dem Blasformen nicht erneut aufgewärmt werden müssen.

„Vorausgesetzt, man kauft die richtigen Maschinen ein, lassen sich sowohl mit den Maschinen wie mit dem CAD/CAM-System beide Bereiche abdecken. Man muss nur fertigungstechnisch und logistisch differenzieren.“
Uwe Wirth, Rebhan Werkzeugbau
Die Strategie, sich als Generalist mit den beiden Produktbereichen und zudem innerhalb unterschiedlicher Branchen am Markt zu platzieren, geht seit Jahren sehr erfolgreich auf und sichert das Fortbestehen auch in Krisenzeiten. Uwe Wirth gibt allerdings zu bedenken: „Die Entscheidung, sich breiter aufzustellen, kann man schnell von heute auf morgen, treffen. Das Realisieren ist jedoch ein schwieriger und langjähriger Prozess. Dieser Prozess erfordert Durchhaltevermögen und zielgerichtete Investitionen in Maschinen und vor allem in qualifizierte Mitarbeiter.“

Man mag es nicht glauben: Bleistiftspitzer für Links- und Rechtshänder. Hier wird deutlich, dass die Wandstärken stets gleichmäßig sein müssen.
Unabhängig davon sind Blasformen und Spritzgießwerkzeuge – gemessen an den verwendeten Stählen und Zubehörteilen – nicht so weit auseinander, wie es sich auf den ersten Blick darstellt. „Sie unterscheiden sich nur in Nuancen, im Speziellen jedoch im Know-how und in den Fertigungsdurchläufen“, erklärt Wirth. „So decken wir grundsätzlich beide Bereiche mit den gleichen Maschinen und der gleichen Programmierung ab. Aber bei Fertigungstechnik und Logistik müssen wir differenzieren. Und in der zielgerichteten Auswahl und Weiterbildung unserer Mitarbeiter gehen wir intensiv auf das Spezielle innerhalb der beiden Fertigungsbereiche ein.“
Manfred Lerch