Der Schlüssel zum Erfolg

(Bild: Sergey Nivens – fotolia.com)

Die erste Maschine verkauft der Vertrieb, die zweite der Service – da ist etwas Wahres dran. Denn dass eine Maschine perfekt funktioniert und das leistet, wofür sie geschaffen ist, wird schlicht und ergreifend vorausgesetzt. Wenn das nicht mehr so ist, wenn plötzlich Kundenaufträge auf der Kippe sind, weil man wegen einer defekten Maschine nicht liefern kann, dann rücken plötzlich ganz andere Aspekte in den Vordergrund. Da zeigt es sich dann, ob der Maschinenhersteller mehr ist als nur der Lieferant eines mehr oder weniger leistungsfähigen, funktionalen Stücks Hardware, ob dessen Leute mehr können als nur Marketing und Vertrieb: Denn die beste Maschine nutzt wenig, wenn sie nicht funktioniert.

Deshalb legen Maschinenhersteller – zumindest, wenn man ihren Verlautbarungen glaubt – immer mehr Wert auf die “weichen” Werte – den Service. Im Fall einer defekten Maschine ist schnelle und kompetente Hilfe dringend gefordert – die freundliche Stimme an der Hotline, die aber mangels Fachwissen nicht weiterhelfen kann, nützt hier nur wenig. Nicht wenige technische Probleme lassen sich mit telefonischer Unterstützung eines Servicetechnikers vom Anwender selbst beheben. Wenn es indes wirklich nicht weitergeht, ist schnelle Hilfe vor Ort notwendig.

Alfons Betting

“Wir haben das Thema Service direkt im Vorstand positioniert und eben nicht als Anhängsel dem Vertrieb zugeordnet. Das oberste Gebot ist für uns die Kundenzufriedenheit.”
Alfons Betting, als Vorstandsmitglied bei Hermle zuständig für die Bereiche Service und Produktion.
Bild: Hermle

Der Gosheimer Maschinenhersteller Hermle setzt im Bereich Service den Benchmark für die Branche – die Servicetechniker sind schnell vor Ort, und sie arbeiten kompetent. Die hohe Servicequalität kommt nicht von ungefähr: “Wir haben das Thema Service direkt im Vorstand positioniert”, betont Alfons Betting, als Vorstandsmitglied bei Hermle zuständig für die Bereiche Service und Produktion. “Deshalb ist der Service auch nicht als Profitcenter aufgestellt – das Geld wollen wir mit den Neumaschinen verdienen. Das oberste Gebot beim Service ist für uns die Kundenzufriedenheit.”

Dabei geht das Thema Dienstleistungen auch bei Hermle weit über den Service für die Maschinen hinaus: “Mit einem breit angelegten Schulungsangebot, aber auch mit unserer jährlichen Hausausstellung wollen wir unseren Anwendern Wissen für ihre alltägliche Arbeit vermitteln”, erklärt Betting. “So wollen wir unsere Anwender fundiert in der Praxis unterstützen und ihnen auf wirtschaftliche Art und Weise zeigen, wie sie mit unseren Produkten das beste Ergebnis erzielen können.”

Auch erfolgreiche Hersteller von Präzisionswerkzeugen haben längst erkannt, dass sich ihre Rolle geändert hat – sie haben sich vom Lieferanten eines Bohrers, eines Drehwerkzeugs oder eines Fräsers gewandelt zum Problemlöser für ihre Anwender. Im Außendienst sind inzwischen bei nahezu allen Herstellern geschulte Anwendungstechniker unterwegs, die beim Anwender das optimale Werkzeug für die täglichen Herausforderungen der Zerspanung herausarbeiten sollen. Dabei können sie bei den etablierten Herstellern auf das Know-how der internen Technik und der Entwicklungsabteilung zurückgreifen. So können für den Anwender optimale Lösungen entwickelt werden.

Umfrage Serviceleistungen

Welche Serviceleistungen bieten Sie?
In unserer Blitzumfrage unter 90 Werkzeug- und Formenbau-unternehmen wurde deutlich, dass die Nachfrage der Kunden nach Dienstleistungen im Umfeld des Werkzeugs inzwischen weite Bereiche abdeckt.
Bild: werkzeug&formenbau

Andererseits ist so auch gewährleistet, dass die Präzisionswerkzeughersteller sehr eng am Puls der Branche sind – neue Entwicklungen und beispielsweise das Auftauchen neuer Werkstoffe und anderer Herausforderungen für die Bearbeitung manifestieren sich nun einmal am frühesten und am auffälligsten in den aktuellen Aufträgen der Anwender. Anforderungen, auf die die Präzisionswerkspezialisten so sehr schnell und mit individuellen, auf die Anwendung abgestimmten Lösungen reagieren können. Und schon so manches, was als höchst anwendungsspezifisches, exotisches “Sonderwerkzeug” begann, hat seinen Weg inzwischen in den Katalog gefunden und ist so zum Verkaufsschlager geworden.

Der Termindruck ist angestiegen

Blum Ralf Eckstein

“Man muss nah am Kunden sein und ihn bei seinen Anwendungen unterstützen, um das für ihn beste Ergebnis zu erreichen. Schließlich gehört ein guter Service neben einer exzellenten Produktqualität zu den wichtigsten Faktoren für die Zufriedenheit der Kunden.”
Ralf Eckenstein, Serviceleiter beim Messtechnikspezialisten Blum-Novotest GmbH
Bild: Blum-Novotest

Die “time to market” wird bei gleichzeitig erhöhten Qualitätsanforderungen immer kürzer, und auch sonst ist der Termindruck in den vergangenen Jahren weiter angestiegen. Wer die Prozesse seiner Kunden kennt und weiß, wo deren Kernkompetenzen liegen, kann seine Leistungen um die Produkte herum gezielt auf die Bedürfnisse seiner Zielgruppe zuschneiden. “Man muss nah am Kunden sein und ihn bei seinen Anwendungen unterstützen, um das für ihn beste Ergebnis zu erreichen”, betont Ralf Eckenstein, Serviceleiter beim Messtechnikspezialisten Blum-Novotest GmbH. “Schließlich gehört ein guter Service neben einer exzellenten Produktqualität zu den wichtigsten Faktoren für die Zufriedenheit der Kunden.”

Umfrage Nachfrage Dienstleistungen

Wird die Nachfrage nach Dienstleistungen weiter zunehmen?
Zwei Drittel der Befragten sind überzeugt, dass sich die Nachfrage nach Dienstleistungen rund ums Produkt weiter ausweiten wird.
Bild: werkzeug&formenbau

Auch im Werkzeug- und Formenbau wird längst mehr gefordert als “nur” ein Klotz in Stahl und Eisen, der möglichst exakt mit der Kundenzeichnung übereinstimmt. Denn oft gibt es die Kompetenz, ein Werkzeug zu konzipieren, auf Kundenseite gar nicht mehr. Mehr noch, inzwischen fehlt es bei den OEM und sogar bei manchem Tier 1 an der Kompetenz, schön designte Produkte auf ihre Machbarkeit hin abzuklopfen. Immer mehr sind hier die Spezialisten aus den Werkzeugbauten auch als Ideengeber gefordert – sie werden im Idealfall schon weit vor Produktionsbeginn in den Produktentstehungsprozess mit eingebunden und können so ihr Wissen und ihre Kompetenz optimal einbringen.

Hier liegt noch viel Potenzial brach – das zeigt der Erfolg einiger Werkzeugbauer, die sich höchst erfolgreich mit entsprechenden Dienstleistungskonzepten im Markt positioniert haben. Die Ansätze sind dabei höchst unterschiedlich. So zielt etwa der Dietfurter Werkzeugbauer Siebenwurst mit seinen Tool Doctors vordergründig klar auf den After-Sales-Service.

Meissner Tilman Löffelholz

“Wir entwickeln uns immer stärker auch zu einem Ingenieurdienstleister. Gerade bei unseren Kunden in den Schwellenländern ist unsere Expertise auch in Bezug auf die Auslegung der Prozesse sehr stark gefragt.”
Tilman Löffelholz, Vorstandsvorsitzender der Meissner AG
Bild: Meissner

Dadurch, dass diese Dienstleistung nicht nur für die eigenen Werkzeuge angeboten wird, kann sich das Unternehmen als Kompetenzpartner für große OEM und Zulieferer positionieren. Und das in allen wichtigen Märkten weltweit. Nebenbei kann eine derartige Dienstleistung natürlich auch wichtige Informationen für die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens liefern, da die hier Beteiligten in der Regel sehr früh mit neuen Trends am Markt konfrontiert werden. Siebenwurst hat inzwischen sein Dienstleistungsangebot auch in anderen Disziplinen stark erweitert – unter anderem auch in Richtung Produktentwicklung.

Eigenes Know-how einbringen

Denn ein wichtiges Feld ist das Einbringen des eigenen Know-hows in die Prozesskette der Kunden – das erfordert natürlich auch, dass man dessen Prozesse kennt. “Wir entwickeln uns hier immer stärker auch zu einem Ingenieurdienstleister”, erklärt beispielsweise Tilman Löffelholz, Vorstandsvorsitzender der Meissner AG in Biedenkopf-Wallau. “Wir sind international aufgestellt. Und gerade bei unseren Kunden in den Schwellenländern ist unsere Expertise, unsere Beratung auch in Bezug auf die Auslegung der Prozesse sehr stark gefragt.” Dieser große Bedarf an Ingenieurwissen erklärt, warum es bei Meissner inzwischen allein in der Konstruktion 60 Arbeitsplätze gibt.

Weiche Wertschöpfung

Kunden erwarten heute mehr als nur ein Stück Hardware – immer mehr wird das Dienstleistungsangebot rund um die Ware auch zum Entscheidungskriterium für den Kauf. Und der Begriff “Service” umfasst längst weit mehr als “nur” eine optimale Reparaturleistung für defekte Maschinen oder Werkzeuge. Immer mehr fordern Kunden ihre Partner auch als Lieferanten von Wissen und von ganzen Lösungskonzepten. Das bedeuttet, dass sich das eigene Unternehmen, insbesondere die eigenen Mitarbeiter auf diese veränderten Anforderungen hin ausrichten müssen. Und dass inzwischen ganz andere Personengruppen als bisher Kontakt zum Kunden haben – das erfordert andere, neue Fähigkeiten bei den Mitarbeitern. Andererseits bietet die Dienstleistung als sinnvolle Ergänzung des eigenen Portfolios aber eben auch die Möglichkeit, sich mit Mehrwert für den Kunden vom Wettbewerb abzusetzen. Und so sein Unternehmen zukunftssicherer aufzustellen.

Das Thema Dienstleistung ist also inzwischen weit mehr als nur eine nette Zugabe, ein “Goodwill” an den Kunden. Es hat sich zu einem interessanten Geschäftsfeld entwickelt, das bei so manchem Auftrag den Türöffner spielen kann. Ohne die Dienstleistung im Umfeld des eigenen Produkts vergibt man Chancen im Wettbewerb. Und die Bedeutung dieses Themenfelds wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Deshalb ist es mit Sicherheit ein kluger Schachzug, sich bereits jetzt entsprechend aufzustellen, die eigenen Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren und weiterzubilden. Und so den Schlüssel für künftige Erfolge selbst in der Hand zu behalten.

Umfrage Dienstleistungen Rechnung

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Waren Dienstleistungen einst eine eher ungeliebte Zugabe an den Kunden, sind sie heute oft ein bezahlter Bestandteil erfolgreicher Geschäftsmodelle.
Bild: werkzeug&formenbau

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