Produktdesignerin Nadine Göhring
Produktdesignerin Nadine Göhring entwickelt an ihrem Arbeitsplatz erste Designvorschläge. Da es bislang keinen Ausbildungsberuf speziell in diesem Bereich gibt, schult Reichle seine Mitarbeiter im Unternehmen entsprechend selbst. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Bernd Martiné, Vertrieb Laser und AM bei GF Machining Solutions, erklärt: "Der übliche Faserlaser hat eine Pulslänge zwischen 4 und 200 ns. Damit ist die Pulsdauer aber immer noch so lang, dass ein gewisser Anteil an Schmelze an der Oberfläche entsteht. Deshalb haben wir auch Ultrakurzpulslaser im Portfolio, die gepulstes Laserlicht mit Pulslängen im Bereich von Piko- und Femtosekunden aussenden." Mit der enormen Geschwindigkeit dieser Laserquellen kommt es zu einem Kaltabtrag des Materials, und eine Wärmebeeinflussung des Bauteils bleibt aus. "So gewährleisten wir ein noch präziseres Ergebnis", betont Martiné. "Dank der Ultrakurzpulslaser sind wir außerdem in der Lage, Polymere, Edelsteine, Kunststoffe oder Glas zu strukturieren. Materialtechnisch gibt es also keine Einschränkungen mehr. Das vergrößert die Anwendungsmöglichkeiten enorm."

Eine bedeutende Rolle spielt die Art der Laserquelle auch dann, wenn es nicht mehr um rein dekorative Oberflächen geht, sondern Strukturen mit einer technischen Funktion versehen werden sollen. So ist es mit einem Ultrakurzpulslaser beispielsweise möglich, hydrophobe oder hydrophile Oberflächen herzustellen. Martiné erklärt: "Etwa im Bereich der Luftfahrt eine Chance, um Sensorik bei Minusgraden vor festgefrorenen Wassertropfen zu schützen."

Einzigartige Oberflächenstrukturen
Prozesssicheres Lasertexturieren auf der AgieCharmilles Laser 1200 5Ax sorgt für einzigartige Oberflächenstrukturen. - (Bild: werkzeug&formenbau)

Kratzresistente Strukturen sind mittels Lasertechnik ebenso realisierbar und werden zunehmend beliebter. Sie sorgen dafür, dass Schrammen oder Kratzer auf Kunststoffoberflächen nicht mehr stark zur Geltung kommen. "Gerade in der Automobilbranche ein sehr gefragtes Feature. Hier geht es um besonders beanspruchte Bereiche wie Spoiler oder Einstiegsleisten, die unter anderem auch wasserabweisend kreiert werden sollen", so Martiné. "Oder sehr matte Oberflächen, die Reflektionen vom Armaturenbrett in die Windschutzscheibe reduzieren", ergänzt Benjamin Krummenauer, Product Manager Shape Sauer GmbH und betont: "All das ist prozesssicher umsetzbar. Der Einsatzbereich ist immens."

Lasertechnologie muss sich weiter durchsetzen

Völlig neue Designmöglichkeiten
Ob Joghurtbecher, Kosmetikartikel oder Griffe für technische Geräte – Lasertexturierung ermöglicht völlig neue Designmöglichkeiten. - (Bild: Reichle)

Derzeitiges Manko: Eine Vielzahl derer, die von der neuen Technologie profitieren könnten, wissen nicht, dass es sie gibt. Martiné erklärt: "Wie bei allen technischen Neuerungen liegt die Herausforderung klar darin, sie publik zu machen. Der Designer etwa, der für ein Automobil ein neues Innenraumdesign entwickelt, weiß auch heute oft noch nicht, dass alle Strukturen, die mit beliebigen Bildbearbeitungsprogrammen erzeugt werden können, dank Lasertexturierung tatsächlich realisierbar sind." Die gestalterische Freiheit der Designer ist also so groß wie nie. Mit ein Hauptgrund, warum die Lasertexturierung für den Werkzeug- und Formenbau immer bedeutender wird.

Umso wichtiger, dass die Branche rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkennt und reagiert. "Der Markt wächst unglaublich stark. Wir stellen von Jahr zu Jahr ein wachsendes Interesse an dieser Technologie fest", bestätigt Krummenauer. "Viele der Werkzeug- und Formenbauer, die in den vergangenen Monaten noch auf externe Lohnfertiger gesetzt haben, erkundigen sich nun nach Laseranlagen. Hier ist ein deutlicher Trend zu erkennen."

Stellten früher hauptsächlich chemische Ätzbetriebe und von Innovationstreibern geführte Unternehmen die Käuferschicht, investieren heute vermehrt die Entscheidungsträger der Werkzeug- und Formenbauten in Laseranlagen.

Profil

Reichle Technologiezentrum GmbH

Das familiengeführte Unternehmen in Bissingen an der Teck hat sich seit seiner Gründung vor 37 Jahren mit insgesamt elf Laseranlagen (drei- und fünfachsig) zum europaweit größten Dienstleister in der Lasertexturierung entwickelt. Neben der Lasertexturierung und dem Laserschweißen bietet der Betrieb Leistungen rund um Oberflächendesign, -technik, Narbungsreparaturen, Laser- und CNC-Gravuren sowie Gussteile-Instandsetzung mittels Laserschweißen an, überwiegend für den Werkzeug- und Formenbau. Derzeit sind im Technologiezentrum auf einer Produktionsfläche von 4800 m² 75 Mitarbeiter und 5 Azubis beschäftigt.

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