Hoffnungsvoller Aufbruch

Sehr zur Überraschung so mancher Wirtschaftsauguren trafen die negativen Prognosen für 2012 nicht ein – die wirtschaftliche Entwicklung scherte sich nicht um die Vorhersagen der „Experten“ und bescherte speziell dem deutschen Maschinenbau ein neues Allzeithoch. „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ – das Bonmot, das unter anderem Mark Twain, Karl Valentin, Niels Bohr oder auch Winston Churchill zugeschrieben wird, hat durchaus einen wahren Kern.

Im Jahr 2012 ist die deutsche Wirtschaft nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes um 0,7 Prozent gewachsen. Der relativ niedrige Wert erklärt sich damit, dass sich viele Unternehmen wegen der hohen Unsicherheit in Bezug auf die Folgen der Euro- und der Schuldenkrise im vergangenen Jahr mit Investitionen zurückgehalten haben. Und auch die deutschen Exporte wurden von einer schwachen Nachfrage speziell aus den Krisenländern des Euroraums gedämpft. Allerdings ebbt die Unsicherheit nach Einschätzung des DIW Berlin mittlerweile deutlich ab, und vor allem die Weltkonjunktur zieht allmählich an. „Seit Mitte vergangenen Jahres hat es die Politik geschafft, die Unsicherheit in Europa etwas in den Griff zu bekommen“, bewertet Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die politischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Finanzmärkte insgesamt positiv. „In den vergangenen Wochen und Monaten wurden zwar keine großen Fortschritte mehr gemacht. Trotzdem sind die Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr besser als 2012.“

Wegen der niedrigen Zinsen werden die Unternehmen in diesem Jahr wohl wieder in der Lage sein, kräftig zu investieren, und auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird nach Einschätzung der Berliner Konjunkturforscher insgesamt robust bleiben. Zudem steigen die Löhne weiter kräftig, was insgesamt einen dynamischen privaten Verbrauch ermöglicht. „Nach einem schwachen Winterhalbjahr dürfte die deutsche Wirtschaft also bald wieder spürbar Fahrt aufnehmen“, fasst Fichtner die insgesamt günstigen Aussichten zusammen.

Das sagt die Redaktion

Partnerschaftlich kommt man weiter
Man hat den Eindruck, dass Einkäufer wenig Phantasie haben. Oft stehen nach wie vor rein die Einkaufspreise im Fokus, und Erfolg bedeutet offenbar in vielen Fällen, den Werkzeugbauer noch um ein paar Prozent gedrückt zu haben. Dabei ist dieser Ansatz längst überholt: Unternehmen, die eng mit ihren Werkzeugbauern zusammenarbeiten, die auf deren Know-how setzen, holen in der Regel mehr Profit aus ihren Prozessen. Da spielt der Einstandspreis dann nämlich nur noch eine untergeordnete Rolle, die Einsparungen aufgrund eines ausgeklügelten Werkzeugkonzepts können ein Vielfaches des Betrags ausmachen, um den man sonst den Werkzeugbauer im Einkauf gedrückt hat. Dabei darf man allerdings nicht vergessen: Nur ein starker, finanziell gesunder Werkzeugbau kann das dafür notwendige Prozess-Know-how aufbauen. Gute Leute müssen auch gut bezahlt werden, und auch leistungsfähige Technik kostet entsprechend Geld. Hier ist es unbedingt notwendig, dass die Werkzeugbauunternehmen auch faire Preise für ihre Leistungen erzielen können und damit dauerhaft als verlässliche Partner für ihre Kunden bestehen können. Ein partnerschaftlicher Umgang miteinander, der den Werkzeugbauern genügend Luft zum Atmen lässt, nützt allen und schafft die Voraussetzungen für nachhaltigen gemeinsamen Erfolg.
Richard Pergler

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Knapp ein Drittel der befragten Werkzeugbauunternehmen hat ausschließlich Kunden im Inland. Bei vielen anderen setzt sich im Zug der Globalisierung der Warenströme auch der Trend zu mehr Aktivitäten im Ausland weiter fort.

Positive Konjunkturindikatoren
Ob ifo-Index oder ZEW-Barometer – die wichtigen Konjunkturindikatoren für Deutschland werden positiv gesehen. Deutschland hat es offenbar geschafft, sich weitestgehend von der Krise im übrigen Europa abzukoppeln. Und die meisten Deutschen sind offenkundig der Meinung, dass das auch in diesem Jahr wieder gelingt, wenn sich schon nicht die Eurokrise selbst in naher Zukunft bewältigen lässt.

Trendreport Semrau

„Die Unternehmen sind größtenteils ausgelastet, der Trend in den Mitgliedsbetrieben geht klar dahin, Teilbereiche von Aufträgen an andere abzugeben.“
Heiko Semrau, VDWF

Die positive Stimmung ist auch in den Betrieben zu spüren. In einer nicht repräsentativen Trend-Umfrage unserer Zeitschrift unter 60 Werkzeug- und Formenbauunternehmen erwarten drei Viertel der Befragten für 2013 eine Entwicklung, die so gut ist wie 2012 oder sogar besser. Die letzte Krise scheint nur noch ein ferner Schatten, der Blick ist optimistisch nach vorn gerichtet. Die Delle von 2009 konnte inzwischen in den meisten Unternehmen kompensiert werden.

Erfolgreiche Aufholjagd
„Die Aufholjagd im deutschen Maschinen- und Anlagenbau konnte 2012 in nur drei Jahren erfolgreich beendet werden“, erklärte beispielsweise VDMA-Präsident Thomas Lindner anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Frankfurt am Main. „Mit einem geschätzten Zuwachs von real zwei Prozent und einem Produktionswert von 196 Mrd. Euro hat die deutsche Maschinenbau-Industrie das Re­kordniveau von 2008 wieder erreicht. Der Umsatz liegt mit rund 209 Mrd. Euro sogar eine Milliarde über dem Jahreswert 2008. Insgesamt ist das Jahr 2012 für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau jedoch deutlich besser gelaufen als noch im Frühjahr erwartet.“ Die Kapazitätsauslastung lag im Oktober 2012 bei 84,6 Prozent.

Auch in der Teilbranche der Präzisionswerkzeughersteller herrscht Optimismus: „Nach dem Rekordjahr 2012 erwarten wir für die kommenden elf Monate eine stabile Geschäftslage“, erklärt Lothar Horn, Vorsitzender des Fachverbands Präzisionswerkzeuge im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA). „Große Ausschläge nach oben oder unten zeichnen sich bislang nicht ab.“

Im Jahr 2012 konnten die deutschen Werkzeughersteller mit 8,8 Mrd. Euro wieder einen Umsatzrekord aufstellen und verzeichnen ein Plus von 6 Prozent gegenüber 2011. Die Präzisionswerkzeug-Branche profitierte im vergangenen Jahr insbesondere von der weltweit gestiegenen Automobilproduktion, die 2012 um 7 Prozent zulegen konnte, und von der positiven Entwicklung im Maschinenbau, der seinen Umsatz um rund 4 Prozent steigerte.

Differenzierter sieht das Bild beim Blick über den Gartenzaun zu den klassischen Zulieferern aus. Die Drehteilehersteller im Verband der Deutschen Drehteile-Industrie etwa, die konjunkturelle Entwicklungen mit am schnellsten in der Branche zu spüren bekommen, verzeichnen zwar überwiegend noch volle Auftragsbücher. „Was wir jedoch feststellen müssen, ist ein Rückgang der Anfragen“, erklärt Werner Liebmann, Geschäftsführer des Verbands. „Das ist erfahrungsgemäß ein verlässlicher Frühindikator für die Entwicklung der Auftragseingänge. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist, dass sich die durchschnittliche Frist für Abrufe bei bestehenden Aufträgen inzwischen immer weiter verlängert hat.“

Trends µ-genau

Austausch wird immer wichtiger
Zahlungsziele, die sich zu Lasten der Werkzeug- und Formenbauer verlängern. Der omnipräsente Preisdruck. Werkzeugbauunternehmen, die von ihren Kunden gegeneinander ausgespielt werden. Es scheint, dass derzeit speziell in der Automotive-Branche die Daumenschrauben wieder etwas fester angezogen werden. Wer hier allein steht, hat es schwer. Gemeinsam lässt sich mehr erreichen, im Dialog mit anderen Werkzeug- und Formenbauunternehmen tut man sich leichter, überzogene Einkäufer-Forderungen auszukontern. Werkzeugbauer-Verbände wie der VDWF bieten hier den Unternerhmen eine Plattform für intensiven Austausch. Der Mitgliedsbeitrag macht sich in den meisten Fällen schnell bezahlt.

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In unserer Trend-Umfrage erwarten drei Viertel der Befragten, dass für ihr Unternehmen 2013 in etwa so wird wie das gute Jahr 2012 – oder besser.

Wenig partnerschaftliches Verhalten
Als Ärgernis wird das Verhalten vieler Einkäufer empfunden: „Die Preisverhandlungen speziell im Automotive-Sektor haben deutlich an Schärfe und Aggressivität gewonnen, man testet aus, wo bei den Zulieferern die Schmerzgrenzen liegen“, beobachtet Liebmann. „Mit partnerschaftlichem Verhalten oder nachhaltiger Entwicklung hat dieses Vorgehen der OEMs wenig zu tun – man hat offenbar aus der letzten Krise nichts gelernt.“

Trendreport Horn

„Nach dem Rekordjahr 2012 erwarten wir für die kommenden elf Monate eine stabile Geschäftslage.“
Lothar Horn, VDMA

Zum Teil laufen diese oft wenig ­seriös erscheinenden Ansätze auch ins Leere. Denn einen deutlichen konjunkturellen Rückgang oder gar einen Absturz auf breiter Front mit einem starken Einbruch der Nachfrage, der deutliche Preissenkungen rechtfertigen könnte, sehen die Drehteilehersteller weder kurz- noch mittelfristig.

Gelegenheit zur Konsolidierung
Das Jahr 2013 wird in den meisten Unternehmen so geplant wie 2012: „Das bedeutet, dass wir von einem Nullwachstum oder einem leichten Rückgang ausgehen“, erklärt Liebmann. „Das Gros der Betriebe geht von einem Rückgang zwischen 0 und 10 Prozent aus. Erwartet wird, dass das Jahr 2013 etwas ruhiger laufen wird als 2012.“ Darüber sind die Unternehmen übrigens gar nicht so traurig: „Wir haben die sehr starken Zuwächse in den Jahren 2010 und 2011 in den meisten Unternehmen zwar noch sehr gut bewältigen können“, erklärt Liebmann. „Auf Dauer sind sehr hohe Wachstumsraten aber auch nicht gut – jetzt ist die Zeit vorhanden, dass wir uns konsolidieren können. Und wir sind gut beraten, diese Chance auch für unsere Betriebe zu nutzen.“

Auch bei den Werkzeug- und Formenbauunternehmen ist die aktuelle Auftragslage gut: „Die Unternehmen sind größtenteils ausgelastet, der Trend in den Mitgliedsbetrieben geht klar dahin, Teilbereiche von Aufträgen an andere abzugeben“, erklärt Heiko Semrau, Geschäftsstellenleiter beim Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF). „In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr lokale Clus­ter gebildet, die diesen Austausch aktiv betreiben.“ Hier macht sich die Arbeit der Verbände positiv bemerkbar, die diese Vernetzung fördern und an vielen Stellen erst ermöglicht haben. Die Stimmung in der Werkzeug- und Formenbaubranche ist gut. „Seit der Fakuma habe ich keine Klagen mehr gehört“, erklärt Semrau. „Wer über Alleinstellungsmerkmale verfügt und anspruchsvollere Werkzeuge baut, kann oft auch gute Preise verlangen. Wir beobachten allerdings mit Sorge den Trend, dass die Zahlungsziele immer länger werden.“ Verkehrte Welt – hier lassen sich die großen Konzerne von den kleinen Werkzeug- und Formenbauern finanzieren. Besonders fatal, da die Werkzeug- und Formenbauer nicht über die Marktmacht verfügen, ihrerseits ihren Lieferanten längere Zahlungsziele aufzuzwingen. „Aber alles in allem: Die Stimmung für das Jahr 2013 ist positiv“, erklärt Semrau. „Wir gehen definitiv sehr zuversichtlich ins neue Jahr.“

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