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Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie steht heute gut da. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland mit China und Japan zu den Top-3-Produzenten. - (Bild: BillionPhotos-Fotolia.com)

Veränderungen in den Märkten, bei den Kunden, der Technik und den Produkten stellen die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie seit jeher vor neue Herausforderungen. Der VDW hat die Werkzeugmaschinenindustrie durch die vergangenen 125 Jahre begleitet. Er ist nicht der älteste, aber einer der ältesten Verbände. Im Juni feierte der Verein anlässlich seines Jubiläums mit 400 Gästen aus Industrie, Wissenschaft, Medien und Verbänden in Frankfurt am Main 125 Jahre deutsche Industriegeschichte. Damals wie heute lassen sich die Leistungen des VDW mit den Attributen verlässlich, dynamisch, wertvoll beschreiben.

Made in Germany

Die Stellung der Marke "Made in Germany" ist der Beweis dafür, dass es die Branche auch in der Vergangenheit immer geschafft hat, die Veränderungen zu bewältigen, Entwicklungen aus anderen Bereichen für sich zu adaptieren und sich selbst neu zu erfinden.

Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie steht heute gut da. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland mit China und Japan zu den Top-3-Produzenten. Deutschland stellt den drittgrößten Markt und ist knapp hinter Japan Vize-Exportweltmeister. Die Beschäftigung steigt moderat, der Inlandsabsatz brummt. Einzig der Export schwächelt. Die sich ändernden Exportstrukturen der deutschen Werkzeugmaschinen zwingt die Branche, neue Wachstumsmärkte zu erschließen.

Der Investitionsboom im größten Markt China hat nachgelassen. Betrug der Exportwert im ersten Quartal 2015 noch 452 Mio. Euro, ist er verglichen mit 2016 um sieben Prozent auf 419,1 Mio. Euro gesunken. Dabei ist China mit einem Anteil von zeitweise bis zu einem Drittel seit 13 Jahren der größte Exportmarkt für die deutschen Hersteller. Entgegen der Erwartungen bleiben auch in den USA die hohen Investitionen in die Produktionstechnik bisher aus. Russland war über viele Jahre drittstärkster Markt, nun befindet sich das Land auf Platz 11 der wichtigsten Exportmärkte für Deutschland.

Quartalszahlen
Quelle: VDW

Marktpotenzial für die Werkzeugmaschinenindustrie

Heinz-Jürgen Prokop, VDW-Vorsitzender
"Aus einer Position der Stärke heraus gilt es für die deutschen Werkzeugmaschinenhersteller, die Veränderungen zu nutzen, um neue Chancen für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu generieren."
Heinz-Jürgen Prokop, VDW-Vorsitzender (Bild: VDW)

Die Branche muss sich also neu ausrichten. Stellt sich die Frage, auf welche Länder die Maschinenhersteller ihren Fokus rücken sollen? Europa wird für die deutschen Unternehmen immer wichtiger werden, da die europäischen Kunden mit hohen Qualitätsanforderungen im Weltmarkt konfrontiert sind und investieren müssen.

Großes Marktpotenzial für die Werkzeugmaschinenindustrie liegt laut dem Verein Deutscher Werkzeugfabriken außerdem in der Asean-Region und in Indien. Hier besteht kurz- bis mittelfristig das größte Nachfragepotenzial, getrieben durch Infrastruktur und Mobilität sowie eine wachsende Elektro- und Konsumgüterproduktion. Hier gilt es, die Kunden mit besseren Angeboten zu überzeugen und dem dort führenden Wettbewerber Japan konsequent Marktanteile abzuringen.

Heinz-Jürgen Prokop, VDW-Vorsitzender, erklärt in der Jubiläumspressekonferenz in Frankfurt am Main: "Das heißt mehr Engagement, mehr Präsenz, mehr Investitionen und gegebenfalls auch mehr Kooperationen, im Fall, dass ein Mittelständler nicht alles Erforderliche allein stemmen kann."

Chancen mit Industrie 4.0

Wir leben in einer Zeit grundlegenden gesellschaftlichen und technischen Wandels. Gewissheiten stehen in Frage, in der Politik, in der Wirtschaft, in den Unternehmen. Ein "weiter so" wäre sicher die falsche Schlussfolgerung. "Erfolgreich werden wir im Weltmarkt nur bleiben, wenn die Produkte weiterhin technisch führend sind und mit weiterentwickelten und zusätzlichen Dienstleistungen ergänzt werden", ist Prokop überzeugt.

Industrie 4.0 eröffnet dazu auf einmal gigantische Chancen. Es geht darum, neuen Kundennutzen durch Vernetzung zu generieren. Wie im privaten Leben auch, können sehr viele Tätigkeiten vereinfacht oder sogar automatisiert werden. Das Denken in Vernetzungslösungen ist für viele Unternehmen jedoch noch neu und benötigt einen veränderten Blickwinkel.

Von der vertikalen zur horizontalen Sichtweise, heißt die Devise. Die Maschine darf nicht mehr allein im Fokus stehen. Vielmehr muss sie optimal in die Intralogistik eines Unternehmens eingebettet werden. Daraus entstehen Fragen: Wie kommen zum Beispiel die Werkstücke optimal in die Maschine? Wie geben die Maschinen den Werkstücken eine Identität, und wie reichern sie diese weiter an? Wie werden Werkstücke Aufträgen zugeordnet, verfolgt und jederzeit auffindbar? Antworten darauf führen zu Angeboten und Dienstleistungen, die neuen Kundenutzen schaffen. Auch könnten völlig neue Maschinenkonzepte entstehen, neue Assistenzsysteme oder Lösungen für den Materialfluss und die Teileverfolgung. Und wer könnte dies besser realisieren als die Werkzeugmaschinenhersteller, die mitten im Produktionsprozess zu Hause sind?

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