Neuer Leuchtturm

Ein bisschen Neugier auf das neugegründete Werkzeugbau-Institut Südwestfalen schwang wohl bei so manchem Besucher mit, der die Räumlichkeiten am Vorabend der 1. Fachtagung Werkzeugbau – System und Prozesssinnovationen für Werkzeug- und Formenbau besuchte. Schließlich soll hier ein neuer „Leuchtturm“ für die Branche entstehen.

Zu Beginn der Tagung, zu der das Institut in die Räumlichkeiten der FH Südwestfalen in Lüdenscheid eingeladen hatte, stellten Professor Erwin Schwab, Prorektor der Fachhochschule Südwestfalen, und Michael Neumann, einer der beiden Geschäftsführer des Instituts, die Einrichtung und ihre Ziele vor. Das Institut will als Innovations- und Technologiezentrum den Unternehmen in und um Lüdenscheid neue Impulse geben, aber auch über die Region hinaus mit Forschung und Weiterbildungsangeboten für die Branche aktiv werden.

Das sagt die Redaktion

Lobby aufbauen
Immer wieder wird beklagt, dass der Werkzeugbau keine Lobby hat. Stimmt leider – während etwa in China die Politik dem Werkzeugbau die Rolle einer Schlüsselindustrie zugesprochen hat und ihn entsprechend fördert, wird er hierzulande kaum wahrgenommen. Deshalb sind Initiativen wie das neue Institut in Lüdenscheid wichtig für die Branche – sie ist nicht Konkurrenz zu bestehenden Angeboten, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Und sie ist ein weiterer wichtiger Leuchtturm, der auch über die Branche hinaus wahrgenommen werden kann.
Richard Pergler

Fachtagung

Eröffnung der Veranstaltung im neuen Werkzeugbau-Institut:
Der Maschinenpark steht für Forschung und Versuche zur Verfügung.

Problemlöser für den Kunden
Professor Thomas Seul von der FH Schmalkalden, Präsident des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF), beleuchtete in seinem Vortrag die Bedeutung von Richtlinien und Dokumentationen für die Betriebe der Branche. Er stellte indes auch die sich wandelnde Rolle der Werkzeugbauer heraus: „Der Kunde weiß heute in der Regel zwar sehr genau, was für ein Produkt er herstellen möchte“, erklärte er. „Die technische Kompetenz, es wirtschaftlich herzustellen, ist dort jedoch oft nicht mehr vorhanden. Hier ist das Wissen des Werkzeugbauers künftig vermehrt gefordert.“ Das bedeutet auch, dass der Werkzeugbauer in Zukunft über sehr viel Wissen in Bezug auf nachgelagerte Prozesse verfügen muss. „Ein simples Auf-Zu-Werkzeug kann inzwischen jeder herstellen“, betonte Seul. „Geld können Werkzeugbauer dort verdienen, wo sie mit ihrem Know-how die Probleme ihrer Kunden lösen.“

Überlegene Technologie und Kooperation präsentierten Michael Grzybek und Carsten Cyfka von Busch-Jäger Elektro als zukunftsweisenden Weg: „Es gilt, strategische Partnerschaften zu entwickeln, in denen ein vertrauensvoller, partnerschaftlicher Umgang miteinander gepflegt wird“, erläuterte Grzybek. „Werkzeugbauer sollen frühzeitig in die Teileentwicklung eingebunden, gemeinsame Standards etabliert und Technologien miteinander entwickelt und genutzt werden.“

Schlüsseltechnologie für Qualität
Georg Zander, Technischer Direktor bei OPS Ingersoll, betonte die Rolle der 5-Achs-Bearbeitung als Schlüsseltechnologie für eine hohe Qualität. „Die gewünschte Genauigkeit muss das Teil auf der Maschine erhalten“, unterstrich der versierte Praktiker. „Nacharbeit von Hand kann aus einem ungenauen Teil in der Regel kein genaues machen – da passiert eher das Gegenteil.“ Gerade in Zeiten der Automatisierung sind seiner Meinung nach jedoch gut ausgebildete Mitarbeiter unerlässlich, die ihr Know-how einbringen. „Mittels Automatisierung lassen sich in verketteten Prozessen die Abläufe optimal steuern“, erklärt Zander. „Hier sind Mitarbeiter gefordert, die den gesamten Prozess verstehen und den Blick für einen ganzheitlichen Ansatz haben. Denn nur ein optimaler Gesamtablauf garantiert auch ein perfektes Gesamtergebnis.“

Profil

Werkzeugbau-Institut Südwestfalen
Das Werkzeugbau-Institut Südwestfalen dient der märkischen Region als Innovations- und Technologiezentrum. Umgesetzt wird seit 2011 am Standort Lüdenscheid die Idee, ein gemeinsames Kompetenzzentrum nutzen zu können, in dem Zukunftstechnologien erforscht, Maschinen für die Herstellung von Hochpräzisionswerkzeugen genutzt und auf aktuelles Wissen und Know-how zugegriffen wird. Angeboten werden damit Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen, die im eigenen Haus nicht über entsprechende Mittel und Möglichkeiten für Forschung und Investitionen in Zukunftstechnologien verfügen. Darüber hinaus können Unternehmen im Institut leistungsfähige Technik sowie Aus- und Weiterbildungsangebote nutzen.

Die „Präzise Elektrochemische Metallbearbeitung“ (PEM) stellte Gunther Blauth, Vertreibsleiter bei PEMtec, vor. „PEM ist ein elektrochemischer Bearbeitungsprozess, der das Prinzip der anodischen Auflösung des zu bearbeitenden Werkstücks in einem Elektrolyt nutzt“, erklärte er. „Das Verfahren erreicht hohe Abtragraten ohne Werkzeugelektrodenverschleiß und findet verbreitete Anwendung beim Polieren von Metalloberflächen, beim Entgraten und beim Senkbearbeiten von Metallteilen.“

Höchste Präzision erreichbar
Das Verfahren verspricht höchste Präzision: Wiederholgenauigkeiten zwischen 2 und 5 µm und einer Oberflächenrauheit im Bereich von 30 nm. „Schruppen, Schlichten und Polieren laufen quasi in einem Arbeitsgang“, erläutert Blauth. „Das Verfahren ist kalt, es gibt keine weißen Schichten, keinen thermischen oder mechanischen Eintrag ins Werkstück. Damit ist es geeignet für ein weites Anwendungsspektrum.“

Als schnellen Weg vom Urmodell zum Serienwerkzeug präsentierte Professor Klaus-Jürgen Peschges vom Institut für Konstruktionslehre/CAD der Hochschule Mannheim das Corse4-Verfahren: Mittels Abformen erhält man eine ehr verschleißfeste Form, die auch filigrane Details des Urmodells exakt wiedergibt. „So lassen sich natürliche Strukturen, etwa eine Feder oder eine Holzmaserung, detailliert abbilden“, erklärte Peschges. „Damit kann beispielsweise auch ein einzigartiger Plagiatschutzstempel realisiert werden.“

Dass Automation die richtige Einstellung benötigt, betonte Roland Ruppel, Geschäftsführer beim Spanntechnik- und Vorrichtungsspezialisten Makra: „Nicht alles, was geht, macht auch Sinn – gerade in der Einzelteilefertigung muss Automatisierung gut durchdacht sein“, erklärte er. „Ziel ist schließlich, dass die Maschinen besser ausgelastet werden. Und die Mitarbeiter nicht mehr arbeiten, sondern intelligenter eingesetzt werden.“

Das Arbeiten in Innovationsnetzen über das eigene Unternehmen hinaus stellte Klaus Dieter Born von ID in den Mittelpunkt seines Vortrags. Der Informationsfluss zwischen allen Beteiligten lässt sich dabei mittels Software sicherstellen, etwa mit dem System ProLeis.

Innovative Heißkanaltechnologien und ihre Anwendungsgebiete präsentierte Klaus Dieter Kapp von Hasco. Anhand von Praxisbeispielen zeigte er, wie sich mit der richtigen Auslegung von Heißkanälen nicht nur bei Etagen- und Mehrkomponentenwerkzeugen ressourcenschonend arbeiten lässt.

Im Fokus des Beitrags von Francis Kern von Thysen Krupp France standen pulvermetallurgische Stähle: Hier besteht die Kunst der Stahlhersteller darin, Werkstoffe zu schaffen, die zwar über eine hohe Zähigkeit und Verschleißfestigkeit verfügen, dabei aber trotzdem noch gut zu zerspanen sind.

Unter dem Titel „Geldwerte Gedanken zum Thema Mensch und Maschine im Werkzeug und Formenbau“ regte Dirk Dombert, Geschäftsführer beim CAD/CAM-Spezialisten Cimatron, zum Nachdenken an: „Wir sollten sehr genau prüfen, ob es immer gleich eine neue Maschine sein muss oder ob es nicht oft zielführender ist, das, was vorhanden ist produktiver zu machen“, forderte er. „Eine Maschine kann unter Umständen viel mehr leisten, wenn sie mit besseren Daten gefüttert wird.“ Etwa über leistungsfähigere Frässtrategien.

Kapazitätsplanung und Kalkulation
Softwaresysteme zur Kapazitätsplanung stellte Ingo Kuhlmann von IK Office vor. Im Fokus seines Vortrags standen Kapazitätsplanung und Kalkulation im Werkzeug- und Formenbau.

Klaus Danisch vom Institut für Umformtechnik (IFU) Lüdenscheid zeigte zum Abschluss der Tagung, wie sich Werkstückanalytik zur Minimierung von Werkzeugverschleiß nutzen lässt. Das Angebot des IFU stieß bei den Teilnehmern auf großes Interesse.

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