Der Wertschöpfungsprozess in den Werkzeug-, Formen-, Modell- und Maschinenbauten. –

Je weiter der Wertschöpfungsprozess in den Werkzeug-, Formen-, Modell- und Maschinenbauten fortgeschritten ist, desto höher ist der Standardisierungsgrad. Dies geht aus den Auswertungen der Tebis-Consulting-Datenbank hervor (Stand Februar 2020). – (Bild: Tebis Consulting)

Wenn man Prozesse optimieren möchte, kommt man an Standardisierung nicht vorbei. Die Annäherung an Standards bringt aber ganz eigene Herausforderungen mit sich. Auswertungen zufolge nimmt der Standardisierungsgrad zu, je weiter der Wertschöpfungsprozess fortgeschritten ist. Das ergab die Befragung und Analyse von mehr als 200 Unternehmen aus dem Werkzeug-, Formen-, Modell- und Maschinenbau (Tebis Consulting Benchmarking Datenbank Stand Februar 2020). Der Beginn des Prozesses wird jedoch oft vernachlässigt.

Bauteilklassifizierung ist Basis für Standardisierung

So sind die Werkzeuge in Bearbeitungsmaschinen oftmals Maschinen-übergreifend standardisiert und die Schnittwerte werden über das CAM-System gesteuert. Dennoch fehlt es oft an einer Bauteilklassifizierung, welche als Basis für die Standardisierung dient. Somit besteht in der Konstruktion das Risiko, dass vergleichbare Bearbeitungen nicht gleich ausgeführt werden, was den Aufwand in der CAM-Programmierung, in der Werkzeugvoreinstellung und in der mechanischen Fertigung erhöht.

Das Hauptziel der Standardisierung ist stets, die Prozesse in einem Unternehmen effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Dies wird erreicht, indem Prozesse nach einem bestimmten Muster vereinheitlicht werden. Oft ist es aber schwierig, die entsprechenden Muster zu erkennen. Spezifische Branchenziele in der Einzelteilfertigung sind darüber hinaus, Aufwände und Durchlaufzeiten zu reduzieren.

Trends µ-genau: Standardisierung lohnt sich immer

Selbst wenn ein Standardisierungs-Niveau von 100 Prozent in der Einzelteilfertigung­ fast immer unerreichbar bleiben dürfte, lohnt sich die Mühe auf jeden Fall und von Anfang an. Schon ein Standardisierungsgrad von zirka 60 bis 80 Prozent bringt deutliche Verbesserungen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz mit sich.

Das maßgebliche Tool, um all diese Ziele erreichen zu können, ist die Bauteilklassifizierung. Sie stellt die Basis für eine teilautomatisierte Kalkulation, für das Template-basierte Konstruieren und Fertigen sowie für einen transparenten und automatisierten Planungsprozess dar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, eine korrekte Reihenfolge einzuhalten: Es ist notwendig, sich bereits im Vorfeld über die Klassifizierung der Bauteile Gedanken zu machen und diese in entsprechende Kategorien einzuteilen.

Diese Einordnung kann etwa nach geometrischen Merkmalen, nach Produktart, Bauteilkomplexität aber auch nach Kunden, Rendite und ähnlichen Kriterien erfolgen. Entscheidend ist, welche Eigenschaften ein Bauteil hat und welche Zustände das Bauteil in seinem Herstellungsprozess einnimmt. Durch die Zustände können die notwendigen Bearbeitungsschritte abgeleitet werden.

Wesentliche Grundlage für die zukunftssichere Standardisierung in der Einzelteilfertigung ist es, ein digitales Bauteil zu erhalten, welches alle seine Fertigungsinformationen in sich trägt.

Für die ausgewählten Bauteilklassen oder -kategorien können diese Bearbeitungsinformationen in Konstruktionsvorlagen hinterlegt werden. Neben der Nomenklatur werden auch fertigungstechnische Informationen für Toleranzen und Bearbeitungen festgelegt. Zu diesem Zweck existiert bereits eine häufig vertretene Vorgehensweise zur Kennzeichnung von notwendigen Oberflächenqualitäten und Toleranzen – die Farbtabelle. Auf Basis dieser Informationen werden die Bearbeitungsvorlagen und -schablonen erstellt, um Arbeitsvorgänge automatisiert abzuleiten und um die Bauteile entsprechend in der Arbeitsvorbereitung und Planung zu berücksichtigen. So lässt sich der Planungsaufwand stark reduzieren und die Abläufe werden optimal strukturiert.

Weitgehend automatisierte Programmierung

Die fertigungstechnischen Informationen aus der Konstruktion werden weiterführend für die Erstellung von CAM-Programm-Vorlagen verwendet, in welchen Bearbeitungsschritte, -strategien, Werkzeuge und deren Schnittwerte Anwendung finden. Somit können die Bauteile einer Kategorie mit einem hohen Maß an Automatisierung im System programmiert­ werden.

Aus den Bearbeitungen selbst lassen sich die entsprechenden Bearbeitungswerkzeuge ableiten. Auch hier sollte bereits in der Konstruktion eine Vorgabe stattfinden, wie die Geometrien ausgeführt werden, um die Vielzahl an Werkzeugen und damit verbundenen Verwaltungsschritten zu reduzieren – Stichwort Konstruktionsrichtlinie.

Durch Berücksichtigung von Rasterabständen in der Konstruktion oder durch Einbringung von Systembohrungen in die zu fertigenden Bauteile, hat der Rüstprozess ein großes Potenzial für mehr Effizienz durch Standardisierung. Aus der Tebis Consulting Benchmarking Datenbank geht hervor, dass pro Jahr rund 600 Stunden Maschinenstillstand durch das Rüsten von Bauteilen entstehen. Bei einer produktiven Maschinenlaufzeit von zirka 2.500 Stunden pro Jahr im Branchenschnitt ist auch hier ein bedeutsames Potenzial vorhanden.

Neben der Aufwandsreduzierung kann der Rüstvorgang mit Spannsystemen vereinfacht sowie prozesssicherer gestaltet werden. Auch hier sollte im Vorfeld geklärt werden, welche Bedingungen am Bauteil erfüllt sein müssen, um ein standardisiertes Spannkonzept konsequent einzusetzen.

Geht man die beschriebenen Standardisierungsvorgänge strukturiert und richtig an, dann bringt die Bauteilklassifizierung als grundlegende, erste Standardisierungsmaßname einen spürbaren Mehrwert. Da diese Maßnahmen jedoch keineswegs trivial sind und dauerhaft weiterverfolgt werden müssen, empfiehlt­ es sich für ein Unternehmen, einen zentralen Standardisierungsverantwortlichen zu bestimmen, der auf Kontinuität achtet.

Quelle: Tomek Kawala

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