Medizintechnik und mehr
Dabei setzt er mit großem Erfolg auf einen Maschinenpark, der nahezu ausschließlich aus Maschinen des Gosheimer Herstellers Hermle besteht

Seine Stärken kann der Werkzeugbauer und Teilefertiger da ausspielen, wo viel gefräst wird, die Komplexität der Geometrie groß ist und die Anforderungen an Präzision und Oberflächen hoch sind: „Die 5-Achs-Simultanbearbeitung ist für uns das Tagesgeschäft“, erklärt Roland Schafhäutle, Geschäftsführer des Unternehmens RS-technik. „Sehr oft sind es komplexe Teile mit Herausforderungen, vor denen andere kapitulieren müssen, die zu uns kommen. Dabei hilft uns unsere inzwischen sehr beträchtliche Erfahrung – und unser Maschinenpark, dessen Rückgrat 15 Hermle-Bearbeitungszentren sind.“

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Insgesamt 15 Hermle-Bearbeitungszentren verrichten bei RS-technik zuverlässig ihren Dienst. Demnächst kommt vielleicht noch eine weitere Anlage aus Gosheim hinzu.

Breites Werkstoffspektrum
Bei den verarbeiteten Materialien muss RS-technik ein sehr breites Spektrum zuverlässig abdecken: „Wir verarbeiten nahezu alles von einfachen Kunststoffen über Peek, kohlefaserverstärkte Kunststoffe, Aluminium und Werkzeugstähle bis zu CrCo-Stählen. Auch Titan ist nahezu täglich auf den Maschinen“, erklärt Schafhäutle. „Zur Programmierung der Werkstücke stehen sechs Plätze mit Cimatron und drei mit OpenMind zur Verfügung.“ In der Werkstattprogrammierung speziell bei einfachen Einzelteilen, aber auch bei Werkstückrückseiten setzen die Mitarbeiter meist auf 3-Achs-Strategien – hier spielt die Maschinenlaufzeit in der Regel eine untergeordnete Rolle. Von vorhandenen CAD-Daten weg indes ist die 5-Achs-Programmierung Standard.

Das sagt die Redaktion

State of the Art
Wenn es um das Thema Service geht, wird im Werkzeug- und Formenbau als Referenz meist ein Hersteller genannt: Hermle. Das kommt nicht von ungefähr. Von Anfang an hat der Hersteller aus Gosheim seine Anwender ernst genommen und seine Servicestrukturen darauf ausgerichtet, schnell und umfassend zu unterstützen. Speziell kleine Unternehmen fühlen sich wohl – in Gosheim weiß man, was es bedeutet, wenn die einzige Maschine ausfällt und ein Auftrag drängt. Neben präziser, solider und verlässlicher Maschientechnik auf aktuellstem Stand ist ein guter und umfassender Service – auch über die schnelle Instandsetzung defekter Maschinen hinaus – ein wichtiges Verkaufsargument geworden. Inzwischen bemühen sich auch viele andere Maschinenhersteller, hier nachzuziehen, und stellen ihre Serviceabteilungen neu auf. So profitieren auch Anwender anderer Maschinenhersteller vom Service aus Gosheim.
Richard Pergler

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Auch das ist Medizintechnik: Komponente für ein Ziehwerkzeug zur Herstellung von Sterilcontainern.

Gefertigt werden Werkzeuge und Werkzeugkomponenten ebenso wie Implantate unterschiedlichster Art, aber auch Kleinserien laufen über den Maschinenpark. Zwei C40U sind mit einem Robotersystem RS 2 und einem entsprechenden Werkzeugmagazin ausgestattet. Die Zerspaner setzen bei der Bearbeitung nicht auf palettierte Werkstücke, sondern auf direktes Teilehandling über möglichst universell einsetzbare Greifer am Kuka-Roboter der Zelle. Eine weitere Maschine wurde mit einem Einzelsystem automatisiert, die übrigen werden klassisch von Hand bestückt. Gespannt wird möglichst universell per Schraubstock, Paletten und automatischem Backenfutter, in der Regel werden die Teile in zwei Aufspannungen fertigbearbeitet. Aufspannen und Ausrichten gilt bei den Maschinenbedienern auf den Hermle-Maschinen übrigens als sehr einfach, das Ausrichten per Messtaster ist schnell erledigt. Aufgrund der Teile- und Werkstoffvielfalt sind alle Maschinen mit einem großen Werkzeugwechsler ausgerüstet – so wird manuelles Werkzeughandling auf ein Minimum reduziert und das Rüsten enorm beschleunigt.

Sehr enge Toleranzen
Messtechnisch betreibt RS-technik einen hohen Aufwand – sowohl auf den Maschinen als auch in der nachgelagerten Werkstückkontrolle. Für die Medizintechnik muss jedes Teil in den Toleranzen „grün“ sein – weicht ein Teil nur um 1 µm von den vorgegebenen Werten ab, ist es Ausschuss. Gearbeitet wird bei RS-technik in drei Schichten, auch am Samstag. Ein weiterreichender Automatisierungsgrad ist für die Zukunft zwar durchaus gewünscht, aber: „Im Moment ist nicht die Maschine der Engpass, sondern das Personal“, betont Schafhäutle. „Qualifizierte Facharbeiter sind rar, darum bilden wir verstärkt selbst aus.“ Derzeit sind vier Auszubildende im Betrieb, künftig sollen pro Lehrjahr jeweils zwei ausgebildet werden.

Trends µ-genau

Hohe Hürde ISO 13485
Ja, es gibt nach wie vor Unternehmen, die sich neu in der Medizintechnik etablieren. Aber die Eintrittshürden sind inzwischen deutlich höher geworden. Ohne eine Zertifizierung nach ISO 13485, der Norm, die die Erfordernisse für ein umfassendes Managementsystem für das Design und die Herstellung von Medizinprodukten repräsentiert, wird es in Zukunft sehr schwierig werden, für Medizintechnikhersteller zu arbeiten. Die ISO 13485 enthält unter anderem detaillierte Forderungen zu Themen, die die Herstellung und das Inverkehrbringen von Medizinprodukten betreffen. Sie soll die Konformität mit der Europäischen Richtlinie über Medizinprodukte 93/42/EWG, über aktive Implantate 90/385/EWG und In-Vitro-Diagnostika 98/79/EWG sicherstellen und fällt in den gesetzlich geregelten Bereich. Ihre Anwendung ist also für Hersteller von Medizinprodukten abhängig von der Klassifizierung des jeweiligen Medizinproduktes im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren verpflichtend.

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Zwei C40 (im Bild nur eine sichtbar) wurden miteinander verkettet. Links das Robotersystem RS 2, rechts das Werkzeugmagazin.

Bei ihren teilweise sehr speziellen Bearbeitungsaufgaben können sich die Zerspaner auf die hohe Präzision und Steifigkeit, aber auch die Dynamik ihrer Maschinen verlassen. Sowohl hohe Maßhaltigkeit als auch exzellente Oberflächengüten lassen sich mit den Hermle-Zentren prozesssicher und wiederholbar realisieren. „Mit den Maschinen kann man schon einiges anstellen, bevor man an eine Grenze stößt“, versichert Schafhäutle. Dabei war Hermle für ihn zunächst nicht die erste Wahl: „Ich hatte mich bei meiner Unternehmensgründung zunächst bei einem anderen Hersteller nach einer Maschine erkundigt, aber ich musste den Eindruck gewinnen, dass man da Leute wie mich nicht ernst nimmt“, erklärt er. „Deshalb fragte ich in Gosheim an – und das war der Beginn einer wirklich guten Partnerschaft.“

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„Wir sind mit Hermle groß geworden und haben eine ganze Reihe positiver Erfahrungen sowohl mit der Technik als auch mit den Menschen aus dem Haus des Gosheimer Maschinenherstellers machen dürfen. Insbesondere der Service setzt nach wie vor Maßstäbe in der Branche.“
Roland Schafhäutle, Geschäftsführer RS-technik (links), im Bild mit Hans Keller, Leiter Entwicklung, Werkzeug- und Prototypenbau bei Aesculap

Inzwischen stehen 15 Hermle-Maschinen in Liptingen – angefangen von der UWF 851 und der C600 in der Ausbildungswerkstatt über sechs C800, zwei C30 und vier C40 bis hin zur C1200. „Wir sind mit diesen Maschinen groß geworden und haben eine ganze Reihe positiver Erfahrungen sowohl mit der Technik als auch mit den Menschen aus dem Haus Hermle machen dürfen“, betont Schafhäutle. „Insbesondere der Service setzt nach wie vor Maßstäbe in der Branche.“

Tiefes Know-how erforderlich
Derzeit werden auf den mittels Roboterzelle verketteten Maschinen Knochenplatten für den Medizintechnikhersteller Aesculap im nahen Tuttlingen gefertigt. Sie entstehen aus Rundmaterial TiAl6V4, einer Implantatlegierung, die für den menschlichen Körper gut verträglich ist, in der Zerspanung jedoch ziemlich viel Know-how erfordert. Speziell für harte Materialien kommen verstärkt Mitsubishi-, aber auch viele Pokolm-Fräser zum Einsatz. Bearbeitet wird unter Schwallkühlung mit wasserbasiertem Kühlschmierstoff.

Fertig von der Maschine
Die Bearbeitung pro Knochenplatte dauert etwas weniger als eine Stunde, dabei wird das Werkstück in einer Aufspannung an fünf Seiten fertig bearbeitet. An der sechsten Seite verbindet ein dünner Steg das Implantat mit dem Restmaterial – dieser Steg kann vom Werker ohne großen Aufwand durchtrennt werden, das Teil ist nahezu fertig. Auch für Titan bringen die Bearbeitungszentren die notwendigen Werte mit.

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Der sechsachsige Kuka-Industrieroboter bewältigt ein Transport-gewicht bis 270 kg.

„Wir setzen auf RS-technik gerade auch bei unterschiedlichsten Prototypen als Zulieferer, weil wir wissen, dass hier ein immenses Wissen über die Bearbeitung medizintechnischer Werkstoffe vorhanden ist“, erklärt etwa Hans Keller, Leiter Entwicklung, Werkzeug- und Prototypenbau bei Aesculap. „Dazu kommt, dass mit den Hermle-Maschinen ein verlässlicher Maschinenpark vorhanden ist – auch in unserem Haus setzt man auf Maschinen aus Gosheim.“

Natürlich wird auch in der Medizintechnik hart um Preise verhandelt. „Im Vordergrund steht aber stets die Qualität“, betont Keller. „Wenn ein Unternehmen innovativ ist und zuverlässig hochwertige und komplexe Teile für uns fertigt, ist es nicht so leicht austauschbar. Deshalb setzen wir auf langfristige Partnerschaften.“

Um die Innovationskraft auch von technischer Seite nachhaltig sicherzustellen, investiert Schafhäutle regelmäßig in seinen Maschinenpark. Rund 1 Mio. Euro stellt er dafür im Jahr bereit. Sein nächstes Projekt hat er schon fest im Blick: „Wir wollen die C40 speziell von den kleiner dimensionierten Teilen entlasten“, erklärt er. „Dazu überlegen wir uns gerade den Kauf einer neuen Maschine – die neue Hermle C12 mit Automatisierung könnte dafür genau die richtige Maschine sein.“

Weitere interessante Videos finden Sie auf dem Youtube-Kanal der werkzeug&formenbau.

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