Grafik Handlungsfelder. -

Handlungsfelder deutscher Werkzeugbaubetriebe während der Corona-Pandemie. - (Bild: WBA Aachener Werkzeugbau Akademie)

Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf die deutsche Werkzeugbaubranche und wie agieren erfolgreiche Betriebe jetzt am Markt? Professor Wolfgang Boos, Christoph Kelzenberg, Jens Helbig und Tim Ochel von der WBA Aachener Werkzeugbau Akademie zeigen strategische, taktische und operative Handlungsfelder im Krisenkontext.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat die deutsche Werkzeugbaubranche zweifellos sowohl sozial als auch wirtschaftlich schwer getroffen. Absatzzahlen sind dramatisch gesunken, Lieferketten wurden unterbrochen und Produktionswerke wurden zumindest vorübergehend stillgelegt. Zwar haben Bundesregierung und Länder weitreichende wirtschaftliche Hilfen verabschiedet, um betroffene Unternehmen zu unterstützen. Trotzdem ist diese Krise für viele Unternehmen existenzgefährdend. Die Branche hängt größtenteils direkt von der Nachfrage der Serienproduktion ab und ist somit den Auswirkungen des wirtschaftlichen Stillstands schutzlos ausgesetzt.

Unternehmensstrukturen müssen konsequent weiterentwickelt werden

Die gegenwärtige Situation verdeutlicht eindrücklich, dass eine langfristige, fest in die Unternehmensstrategie eingebettete Weiterentwicklung der internen und externen Unternehmensstrukturen notwendig ist. Viele deutsche Werkzeugbaubetriebe haben diese Tatsache erkannt. Diese Betriebe wollen die Zeit des geringen Auftragseingangs nutzen und kurzfristige Maßnahmen entwickeln, um die Krisensymptome zu bekämpfen. Genauso aber auch, um langfristige Projekte auf die Beine zu stellen, die die künftige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen sollen.

Zur Unterstützung dieser Vorhaben hat die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie die Initiative „WBA hilft“ ins Leben gerufen, aus der im Folgenden die aktuell relevantesten Bemühungen deutscher Werkzeugbaubetriebe aufgeführt werden.

Das sind die strategischen Handlungsfelder in einer Krise

Eine Vielzahl der deutschen Werkzeugbaubetriebe stellt sich derzeit der Herausforderung, die Stabilität des Betriebs auch in Krisensituationen sicherzustellen. Resiliente Unternehmensauslegung ist daher eine der zentralen strategischen Bestrebungen vieler Betriebe. Resilienz beschreibt in diesem Zusammenhang die Widerstandsfähigkeit von Betrieben gegenüber Krisen. Ein wichtiger Aspekt der resilienten Unternehmensauslegung ist das Risikomanagement.

Oftmals ist in deutschen Werkzeugbaubetrieben jedoch kein systematisches Risikomanagement vorhanden. In Zeiten von Corona ist die Bestrebung von Werkzeugbaubetrieben demnach hoch, langfristige und akute Maßnahmen zur Reaktion auf unvorhergesehene Situationen und Änderungen des Marktumfelds vorab zu definieren, um im Krisenfall schnell reagieren zu können.

Ein weiterer Aspekt der resilienten Unternehmensauslegung ist die Erweiterung der Geschäftsfelder. Diese kann einen Wettbewerbsvorteil darstellen und bietet durch die Diversifizierung von Produkt- und Kundenspektrum sowohl wirtschaftliche als auch strukturelle Vorteile. In der aktuellen Situation diskutieren Werkzeugbaubetriebe, wie die bestehenden physischen Ressourcen genutzt werden können, um verschiedene Branchen zu adressieren. Ziel ist es, weniger von einzelnen Branchen und Märkten abhängig zu sein, aber auch langfristig die Anfälligkeit für Krisen zu minimieren sowie nachhaltig zu wirtschaften.

Das sagt die Redaktion: Kein einheitliches Stimmungsbild

Die Branche hat mit Absatzrückgängen zu kämpfen. Doch während bei den einen Unternehmen die Auftragsbestände bis ins nächste Jahr reichen, genügen­ sie beim anderen nicht mal für die nächste Woche. Je nach Art und Ausrichtung des Werkzeugbaus ist die Stimmung unterschiedlich. Branchenweit ergibt sich also ein buntes Bild. Wichtig ist, dass Unternehmen an der eigenen Widerstandsfähigkeit arbeiten. Schnüren Sie sich dazu ein Maßnahmenpaket, und vernetzen SIe sich untereinander. Denn manche Krisen lassen sich eben nur gemeinsam bewältigen.

Melanie Fritsch

Das sind die taktischen Handlungsfelder in der Krise

Die Corona-Pandemie hat bewiesen, dass die Digitalisierung deutscher Werkzeugbaubetriebe notwendig geworden ist. Die Krise hat vielen Betrieben gezeigt, wie abhängig sowohl ihre Auftragsabwicklung als auch ihre internen Prozesse von physischer Anwesenheit sind. Werkzeugbaubetriebe arbeiten aktuell mit ihren strategischen Partnern Konzepte aus, wie die Kooperation digitalisiert werden kann. Es werden Lösungen und Arbeitsweisen erarbeitet, damit sowohl interne Abstimmungen als auch externe Arbeitstreffen mit Kunden und Lieferanten digital ablaufen können.

Durch die Nutzung digitaler Medien und neuer Arbeitsweisen kann die Kooperation verbessert und agiler gestaltet werden. Neue Arbeitsweisen, die bislang aufgrund physischer Limitationen nur bedingt eingesetzt worden sind, können sich durch die Vernetzung mit dem Partnernetzwerk in Zukunft durchsetzen. Auch die interne Digitalisierung und die damit verbundene Mitarbeiterentwicklung wird aktuell stark forciert.

So entsteht aus der Notwendigkeit der Nutzung von Kommunikations-Apps ein Bedarf der langfristigen Etablierung digitaler Medien. Apps wie MS Teams, Zoom oder Skype steigern den Vernetzungsgrad der Mitarbeiter und fördern ein agileres Miteinander. Zudem steigert die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können, mittelfristig die Arbeitsplatzattraktivität und stärkt die Zufriedenheit aller Mitarbeiter. Durch die aktuell notwendige Nutzung digitaler Hilfsmittel adressieren Werkzeugbaubetriebe auch mittel- und langfristige Potenziale, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Das sind die operativen Handlungsfelder in der Krise

Stellvertretend für eine Vielzahl von Prozessen stellt die Optimierung des Lieferantenportfolios einen viel diskutierten Potenzialbereich dar, um die Wirtschaftlichkeit beziehungsweise die Verfügbarkeit zu steigern. Insbesondere durch die Unterbrechung der Lieferketten während der Corona-Pandemie ist die Bestrebung groß, das Lieferantenportfolio zu erweitern, Transparenz über die Kapazitäten und Befindlichkeiten der Zulieferer zu erlangen und strategische Partnerschaften aufzubauen.

Diese strategischen Partnerschaften erweisen sich in Zeiten der Krise als Wettbewerbsvorteil, da die Verfügbarkeit von Zukaufteilen erhöht werden kann. Durch die Erhöhung der Verfügbarkeit können Werkzeugbaubetriebe sicherstellen, auch in Krisenzeiten der Produktionsbefähiger der Industrie zu sein.

Ein weiteres charakteristisches Handlungsfeld im Krisenkontext ist die Revision des eigenen Liquiditätsmanagements. Ein zentraler Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Krisenbewältigung ist die Sicherstellung der eigenen Liquidität. Als kurzfristige Maßnahme nutzen Werkzeugbaubetriebe aktuell Kurzarbeit, staatliche Kredite und weitere wirtschaftliche Hilfen. Zudem haben es sich Betriebe zur Aufgabe gemacht, über eine rein akute Finanzverwaltung hinaus auch für zukünftige Krisenszenarien Möglichkeiten der Liquiditätserhöhung vorab zu definieren. Ausgestaltet werden kann das Liquiditätsmanagement dabei durch Adressierung des Forderungsmanagements wie beispielsweise die Verkürzung von Zahlungszielen.

Zudem wird vielfach die Reduzierung von Anlagegütern diskutiert, durch die auch langfristig Finanzmittel freigesetzt werden können.

Quelle: WBA Aachener Werkzeugbau Akademie

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