Schöne neue digitale Welt – alles, was der Mensch so braucht, kommt aus dem "3D-Drucker". Fix und fertig, so dass es gleich verwendet werden kann. Unabhängig vom Material, gerade auch in Metall. Eine Industrie-4.0-Utopie, die auch heute schon funktioniert – aber nur bis zu einem gewissen Grad, der sich oft speziell an der Qualität der Bauteile festmachen lässt, am augenfälligsten an deren Oberfläche.

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Das gezielte Marketing der Hersteller additiver Anlagentechnologie in der Vergangenheit hat dazu geführt, dass nicht wenige, auch Verantwortliche in produzierenden Unternehmen, hier ein klares Entweder-Oder sehen: Entweder produziert man mit klassischen zerspanenden, urformenden und umformenden Methoden, oder man fertigt eben additiv. Kombinationen der beiden Verfahrenswelten sind in den Köpfen vieler Produktionsleiter nicht vorgesehen.

Individuelle Stärken geschickt kombinieren

Additive und zerspanende Bearbeitung
Additive und zerspanende Bearbeitung kombiniert – so können die Technologien ihre jeweiligen Stärken voll ausspielen. - (Bild: GF Machining Solutions)

Dabei bieten die unterschiedlichen Verfahren jeweils sehr individuelle Stärken und Potenziale, die, wenn man sie intelligent kombiniert, die Möglichkeiten der Fertigung beträchtlich erweitern können. Schließlich lassen sich additiv Geometrien erstellen, die beispielsweise aufgrund von Hinterschnitten oder Hohlräumen zerspanend schlicht nicht herstellbar sind. Andererseits sind etwa die zerspanenden Verfahren erprobt und in ihrer Wirtschaftlichkeit der additiven Welt heute noch oft klar überlegen: Geschmiedeter Stahl etwa ist heute um Faktoren preiswerter zu bekommen als das gleiche Material in entsprechend aufbereiteter Pulverform.

Und auch, wenn das Gefüge inzwischen bei additiven Verfahren sehr nahe an die Schmiedeteile herankommt, so mancher Verantwortliche geht lieber auf Nummer Sicher und fertigt so weit wie möglich klassisch. Ziel ganzheitlich orientierter Produktionsverantwortlicher ist daher, die Vorteile beider Welten miteinander zu vereinen und die Potenziale der jeweiligen Technik sinnvoll auszuschöpfen.

Erweiterung bestehender Konzepte

Die Lasertec 65 3D
Die Lasertec 65 3D ist eine hybride Maschinenlösung aus dem Haus DMG Mori. Hier arbeitet eine Pulverauftragdüse in Kombination mit einem Laser im gleichen Arbeitsraum wie die Frässpindel. - (Bild: DMG Mori)

Ein Lösungsansatz sind die sogenannten Hybridmaschinen:

Hier wird zumeist ein konventionelles Bearbeitungszentrum um eine Einheit zum Laserauftragen erweitert, das zu verarbeitende Metall entweder als Draht oder als Pulver gezielt aufgebracht und per Laser verschmolzen. So kann das Werkstück etwa erst zerspanend bearbeitet werden, dann erfolgt der Materialauftrag, und anschließend lässt sich das Werkstück zerspanend fertigbearbeiten. Bei der Reparatur von Turbinenschaufeln beispielsweise funktioniert diese Verkettung.

DMG Moris Lasertec 65 3D kombiniert Pulver
DMG Moris Lasertec 65 3D kombiniert Pulver aus einer Düse mit dem Aufschmelzen per Laserstrahl, um Werkstücke wie diesen Gehäusering aufzubauen. - (Bild: DMG Mori)

Die Lasertec-3D-Reihe von DMG Mori etwa verwendet einen Auftragsprozess per Metallpulverdüse, der eine Komplettbearbeitung ermöglicht – ein Laserauftragschweißprozess im gleichen Arbeitsraum, in dem die Werkstücke unmittelbar davor und danach zerspant werden, selbst im wiederholten Wechsel: So lassen sich zwischen den Aufbauphasen Partien zerspanend bearbeiten, die am fertig aufgebauten Teil für ein Werkzeug nicht mehr erreichbar sind.
Die Kombination aus Pulverdüse und Laserstrahl mit sehr gezieltem Materialauftrag erlaubt in vielen Bearbeitungsaufgaben den Verzicht auf Stützstrukturen. Laut Hersteller läuft der additive Vorgang auf der Lasertec 3D bis zehnmal schneller als das Generieren im Pulverbett.

Profil

Duale Dampfmaschine

Einen Sonderweg geht Hermle mit seiner Anlagentechnologie: Die Maschinen, die bisher ausschließlich von der Hermle-Tochtergesellschaft Hermle Maschinenbau GmbH betrieben werden und auf denen Teile im Lohnauftrag für Hermle-Anwender entstehen, arbeiten weder mit Laser noch mit einer Elektronenstrahlquelle. Das Metall-Pulver-Auftrag-Verfahren (MPA) des Gosheimer Maschinenherstellers ist ein thermisches Spritzverfahren, bei dem ein Trägergas Pulverpartikel auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt und durch eine Düse aufs Werkstück aufbringt. Das Verfahren ermöglicht Aufbauraten von mehr als 200 cm³/h. Weil das Verfahren die Wärme und die hohen Drücke nutzt, die aufgrund der Verformung der Pulverpartikel beim Aufprall entstehen, lassen sich auch Materialien wie Stahl und Kupfer prozesssicher und dauerhaft miteinander verbinden. Allerdings: Es erfordert viel Know-how, die Produktionsparameter optimal auf das zu verarbeitende Material anzupassen. Mit ein Grund, warum Hermle diese Maschinen bislang ausschließlich in Eigenregie betreibt.

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